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Weißglut

Weißglut

Titel: Weißglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Helm.
    »Das reicht nicht.« Ehe sie ihn aufhalten konnte, hatte er ihr den Schutzhelm wieder abgesetzt und ihre Haare zu einem Schopf gebündelt, den er auf ihrem Scheitel festhielt, bis er den Schutzhelm darübergestülpt hatte. Die wenigen Strähnen, die seinem Griff entkommen waren, stopfte er seitlich unter den Helm. Und durchaus nicht nachlässig. Er nahm sich alle Zeit der Welt dafür und kam ihr gleichzeitig immer näher.
    »Sparen Sie sich die Mühe«, sagte sie. »Das reicht schon.«
    »Keine losen Strähnen, Sayre. Ich möchte nicht, dass Ihre Haare von einem herumfliegenden Funken versengt werden oder in irgendeine Maschine geraten, die sie dann mitsamt der Wurzel ausreißt. Außerdem könnten Sie die Arbeiter damit ablenken.«
    Sie reckte das Kinn hoch. Er sah durch die Brille in ihre Augen. »Seit ich hier arbeite, war noch nie eine Frau in der Werkhalle. Noch dazu eine, die so gut ausgesehen hat wie Sie. Die Männer werden auf Ihre Brüste und Ihren Hintern schauen. Das kann ich nicht verhindern. Aber ich könnte nachts nicht mehr schlafen, wenn einer von ihnen verletzt würde, weil er auf Ihre Haare gestarrt und sich vorgestellt hat, Sie würden damit über seinen Bauch streichen.« Er hielt ihrem Blick mehrere Sekunden stand, dann setzte er seine Brille und den Schutzhelm auf. »Gehen wir.«
    Er öffnete eine Falltür in die Hölle.
    Das war Sayres erster Eindruck. Die glühende Hitze traf sie mit voller Wucht, drückte wie eine riesige Hand gegen ihre Brust und hielt sie auf der Schwelle fest.
    Beck war bereits ein paar Stufen weiter unten auf der Metalltreppe, die in die Werkhalle hinunterführte. Er schien zu spüren, dass sie zögerte, und drehte sich um. »Haben Sie es sich anders überlegt?«, brüllte er gegen das Tosen an.
    Sie schüttelte den Kopf und gab ihm ein Zeichen weiterzugehen. Er führte sie die Treppe hinunter. Die Stufen unter ihren Schuhsohlen waren so heiß, dass sie halb befürchtete, das Leder könnte durchschmoren.
    Sie standen in einem Reich des Lärms, der Dunkelheit und Hitze. Sie hätte nie gedacht, dass das Werk so groß wäre. Die Halle schien kein Ende zu nehmen. Sie konnte nicht bis zur gegenüberliegenden Wand sehen. Nur Schwärze und noch mehr Schwärze, belebt von Funkenregen und Kesseln voll flüssigem Feuer. Das geschmolzene Metall lag weißglühend in den riesigen Gießpfannen, die mit der Hängebahn über ihren Köpfen dahinzogen. Metall schlug scheppernd gegen Metall, Fließbänder surrten, Maschinen ratterten und klapperten und rumpelten.
    Der Lärm war ohrenbetäubend. Die Dunkelheit undurchdringlich. Vor der Hitze aber gab es kein Entrinnen. Sobald man sie einmal eingeatmet hatte, wurde man eins mit ihr.
    Die Schmiedegötter dieser Unterwelt waren Männer mit verschwitzten Gesichtern hinter Sicherheitsbrillen, durch die sie Beck und Sayre mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Argwohn beobachteten. Sie waren ständig in Bewegung, einige von ihnen mussten mehrere Maschinen gleichzeitig bedienen. Bei diesem Job gab es keine Verschnaufpause. Jederzeit musste man sich vor Funken, Spritzern, Ausrutschern oder Stürzen in Acht nehmen, denn davon konnten Leib und Leben abhängen.
    »Sie brauchen das nicht zu tun, Sayre«, rief ihr Beck ins Ohr. »Sie müssen niemandem was beweisen.«
    Scheiße, was weißt du schon. Sie blickte zu der hell erleuchteten Glasfront über ihnen auf. Wie nicht anders zu erwarten, stand Huff, der Herrscher über diese Hölle, breitbeinig am Fenster und rauchte eine Zigarette, deren Spitze in schmauchendem Rot erglühte.
    Sie wandte sich von seinem arrogant-provokativen Blick ab und sagte zu Beck: »Zeigen Sie mir alles.«
    Während sie weitergingen, sagte er: »Wir gießen eine Legierung, die neben Eisen Anteile von Kohlenstoff und Silizium enthält.«
    Sie nickte, versuchte aber nicht einmal, ihm zu antworten.
    »Hoyle Enterprises kauft Alteisen auf. Wir haben in mehreren Bundesstaaten Lieferanten, die uns per Bahn beliefern. Das Eisen wird in Tonnen abgerechnet.«
    Sayre nahm an, dass der unansehnliche Schrottberg hinter der Gießerei ein notwendiges Übel war, aber sie musste daran denken, wie ihre Mutter Huff gefragt hatte, ob er ihn nicht abschirmen konnte, mit einem Zaun zum Beispiel, damit man den Schrott nicht mehr vom Highway aus sah.
    Er hatte das rundheraus abgelehnt, weil es ihm zu teuer war. Stattdessen hatte er geantwortet: »Wenn dieser Müllhaufen, wie du ihn nennst, nicht wäre, könntest du dir keinen Nerzmantel und

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