Weißglut
die Hände langsam wieder sinken ließ. »Jedenfalls rannte ich in ihr Schlafzimmer, als Huff damals aus dem Krankenhaus heimkam und uns mitteilte, dass sie gestorben war. Eigentlich war es auch Huffs Schlafzimmer, aber für mich war es immer ihr Zimmer gewesen, weil es so feminin und hübsch eingerichtet war. Ich warf mich auf ihrer Seite aufs Bett, vergrub mein Gesicht in ihrem Kissen und heulte mir die Seele aus dem Leib.
Irgendwann kam Selma mich holen. Sie wusch mein Gesicht mit einem kalten Waschlappen ab und erklärte mir, dass ich von jetzt an die Dame des Hauses sei, dass mich meine Mutter vom Himmel aus beobachten würde und ob ich sie enttäuschen wollte, indem ich mich so aufführte? Also hörte ich auf zu weinen.«
»Und wurden stattdessen zur Dame des Hauses.«
Sie lachte und schüttelte sich dabei das Haar aus dem Gesicht. »Ich glaube, das Thema hatten wir schon. Ich habe mich nie besonders damenhaft aufgeführt. Aber damals habe ich eine tiefe Abneigung gegen diesen Arzt entwickelt, der meine Mutter nicht heilen konnte, und diese Abneigung hat sich bis heute erhalten.«
»Verständlicherweise.«
»Lebt Ihre Mutter noch?«
»Ja. Sie hat es geschafft, den Tod meines Vaters und mich zu überleben.«
Sie nickte. »Ich wette, Sie waren als Kind der reinste Dämon.«
»So wie heute?«
Sie sah ihn kurz prüfend an und meinte dann ruhig: »Manche sagen Ihnen das nach.«
»Und wer?«
Weil ihr die Frage zu unangenehm war, um darauf zu antworten, trank sie stattdessen ihr Bier aus. »Ich sollte mir jetzt ein Zimmer suchen. Vielleicht ist die Lodge heute Abend ausgebucht.«
Er legte eine Hand unter ihren Ellbogen und geleitete sie über den unebenen Boden zu seinem Pick-up. Diesmal widersetzte sie sich nicht. »Ob das Motel ausgebucht ist oder nicht, hängt vor allem vom Bowlingverein ab«, bemerkte er.
»Vom Bowlingverein?«
»Immer wenn die Männer abends zum Bowling gehen, haben die Frauen ihre Affären. An solchen Abenden ist kein einziges Zimmer frei.«
Gefangen in dem Spalt zwischen der Wagentür, die er ihr geöffnet hatte, und der Kabine, drehte sie sich zu ihm um. »Und was ist an den Abenden, an denen die Frauen zum Bowling gehen?«
»Da ist es genauso. Alle Zimmer sind ausgebucht, weil sich die Ehemänner mit ihren Freundinnen vergnügen wollen. Aber ich glaube, heute Abend kann Ihnen nichts passieren. Da sind nur die Knights of Columbus beim Bowling.«
»Und katholische Ehefrauen gehen nicht fremd?«
»Schon, aber die sind diskreter. Die gehen irgendwo außerhalb ins Motel.«
Sie lachte und kletterte in die Kabine, ohne zu ahnen, wie eng sich bei der hohen Stufe der Rock um ihren Hintern schmiegte. Üppige Kurven und kein Höschensaum. Ein Stringtanga, dröhnte es in seinem Hirn. Augenblicklich war er wie besoffen vor Lust. Während er hinten um den Pick-up herumging, wischte er noch einmal mit dem Ärmel den Schweiß von seiner Stirn.
Er stieg ein und startete den Motor. Sie fragte: »Woher haben Sie all diese unschätzbaren Informationen über die Seitensprungbräuche in Destiny?«
»So was gehört zu meinem Job.« Er lenkte den Wagen in einem weiten Bogen auf die Schotterstraße zurück, die zum Highway führte. Links und rechts lag der Wald in undurchdringlicher Dunkelheit.
»Schon kapiert. Sie sammeln Informationen über die Menschen, finden raus, mit wem sie schlafen, wie viel sie trinken und wo sie verletzlich sind. Nur für den Fall, dass Huff irgendwann mal Material gegen sie braucht.«
»Bei Ihnen klingt das fast nach Erpressung.«
»Ist es das nicht?«
Er sah sie enttäuscht an. »Jetzt habe ich Ihnen ein schickes Essen spendiert, und Sie sind mir immer noch nicht besser gesinnt. Ich möchte auf keinen Fall, dass Sie morgen mit einem so falschen Bild von mir abreisen.«
»Ich reise morgen noch nicht ab.«
Kapitel 14
Beck bremste so scharf, dass der Pick-up über den Schotter schlitterte, ehe er zum Stehen kam. »Und wieso nicht?«
»Was interessiert Sie das?«
»Heute Nachmittag wollten Sie sich noch mit einem Jet hier rausholen lassen. Wieso haben Sie Ihre Meinung geändert?«
»Chris steht wegen Dannys Tod unter Verdacht.«
»Wer hat Ihnen das erzählt?«
»Huff.«
Beck ließ sich das durch den Kopf gehen, nahm dann den Fuß von der Bremse und fuhr wieder an.
»Stand er unter Drogen?«, fragte sie.
»Nein. Er war bei Sinnen.«
»Können … werden Sie mir das genauer erklären?«
Er zuckte lässiger, als ihm zumute war. »Red Harper hat Chris
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