Weißglut
Dach ragte tief über die vordere Veranda und spendete dadurch Schatten. Die Eingangstür befand sich in der Mitte der Hausfront, und links und rechts davon gab es je ein hohes Fenster. Die Außenwände waren weiß gestrichen, die Fensterläden und die Tür grün lackiert.
Sayre bog in den Weg ein und hielt den Wagen direkt vor den Stufen zur Veranda, die von Beeten mit Buntwurz und weißen Geranien gesäumt waren. Nach der gnadenlosen Tageshitze ließen die Pflanzen erschöpft die Köpfe hängen.
Beck saß in einer Teakholz-Hollywoodschaukel auf der Veranda, in der einen Hand ein Bier, die Finger der anderen in Fritos dichtem Fell vergraben.
Als sie die Autotür öffnete, knurrte der Hund leise und kehlig. Aber sobald sie ausstieg, schien er sie zu erkennen, denn er kam sofort die Stufen heruntergerumpelt, um sie zu begrüßen. Im nächsten Moment wurde sie von vierzig Kilo Wiedersehensfreude gegen die Autotür gepresst.
Beck pfiff scharf, und Frito wich zurück, allerdings nur einen Schritt weit. Er ging direkt vor ihren Füßen her, sodass sie auf den Verandastufen mehrmals über ihn stolperte.
Sein Herrchen stand nicht auf und sagte kein Wort, sondern blieb schweigend sitzen, eine bemerkenswert eindrucksvolle Erscheinung für einen Mann, der nur ein Paar olivgrüne Shorts trug. Seine Miene verriet nichts – ob er überrascht, wütend oder vollkommen desinteressiert darüber war, dass sie auf seinem Grundstück erschien und ihn während der Cocktailstunde störte.
Als sie auf der obersten Stufe angekommen war, blieb sie stehen. Frito drängte sich unter ihre Hand und bohrte seine Schnauze in ihre Handfläche, bis sie seinen Kopf massierte. Aber die ganze Zeit über behielt sie Beck in ihrem Blick. Schließlich sagte sie: »Ich bezweifle, dass du dir vorstellen kannst, wie schwer es für mich war, hierherzukommen und dir gegenüberzutreten.«
Er nahm einen Schluck Bier, sagte aber nichts.
»Ich wollte nicht kommen und wäre auch nicht hier, wenn es nicht etwas gäbe, worüber wir unbedingt reden sollten.«
»Du willst reden?«
»Ja.«
»Reden?«
»Ja.«
»Dann bist du also nicht hier, um da weiterzumachen, wo du gestern Abend aufgehört hast?«
Ihre Wangen brannten vor Verlegenheit, aber auch vor Zorn. »Du hast nicht vor, auch nur einen Funken von Taktgefühl zu zeigen, wie?«
»Du verlangst Taktgefühl, nachdem du gedroht hast, mich umzubringen, falls ich dich je wieder berühren sollte? Du verlangst nicht gerade viel, wie?«
»Ich nehme an, das ist nur fair.«
»Da hast du verflucht Recht.«
Sie hatte damit gerechnet, dass er sich über sie lustig machen würde, wenn sie ihm wieder unter die Augen trat, und sich innerlich dagegen gewappnet. Darum ertrug sie seinen kalten Blick und blieb eisern stehen, obwohl sie am liebsten zu ihrem Auto zurückgerannt und abgefahren wäre.
Schließlich schnaubte er ein bitteres Lachen und rutschte zur Seite, um ihr auf der Schaukel Platz zu machen. »Setz dich. Möchtest du ein Bier?«
»Nein danke.« Sie setzte sich neben ihn.
Sein Blick fiel auf das rote Cabrio, in dem sie vorgefahren war. »Heiße Kiste.«
»Die Autovermietung hatte so kurzfristig nichts anderes da.«
»Sie haben es für dich von New Orleans hergefahren?«
»Heute Morgen.«
Er betrachtete sie und begutachtete dabei die Leinenhose mit dem dazu passenden Seiden-T-Shirt. »Schon wieder neue Sachen?«
»Ich habe kaum was aus San Francisco mitgebracht. Ich brauchte noch etwas zum Anziehen.«
»Du willst also immer noch bleiben?«
»Hast du geglaubt, ich würde mich von dem, was gestern passiert ist, davon abhalten zu lassen? Hattest du vor, mich aus der Stadt zu treiben? Hast du es deshalb getan?«
Die flaschengrünen Augen blickten in ihre, ein Gefühl, als hätte er ihr einen leichten Schlag in die Magengrube versetzt. »Warum hast du es getan?«
Es wäre schon unangenehm genug gewesen, ihm so nahe zu sein, wenn er komplett angezogen gewesen wäre. Aber so halb nackt machte sie seine Nähe nervös. Es ärgerte sie, dass sie sich so entblößt fühlte, wo doch er derjenige war, der bis auf seine Shorts nackt war.
Sie wandte das Gesicht ab und sah zu den Zypressen hin, die am Ufer des Bayou Bosquet standen. Der Wasserlauf umfloss dieses Stück Land ebenso wie Huffs Grund. »Das hier war das erste Haus«, sagte sie. »Wusstest du das?«
»Ich habe es gehört.«
»Huff lebte hier, während er das große Haus bauen ließ.«
»Bevor er deine Mutter heiratete.«
»Ja. Huff wollte
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