Weißglut
Endeffekt meinen Broterwerb, würde ich mich nicht mit ein paar Spielsachen und einem neuen Anstrich für mein Haus abspeisen lassen, glaube ich.« Er sah die beiden nacheinander an und meinte dann: »Ich finde immer noch, dass wir uns auf das Schlimmste gefasst machen sollten.«
Nachdem er weg war, ließ Chris sich am Fußende des Krankenhausbettes nieder. »Du kennst Beck. Er ist ein beschissener Unheilsprophet. Lass dich nicht von seinem Pessimismus anstecken.«
»Er nimmt seinen Job eben ernst. Dabei wahrt er nur unsere Interessen.« Huff piekte ihn mit dem Finger in den Schenkel. »Und dein Erbe, Sohn. Vergiss das nicht.«
»Schon gut, schon gut. Der Mann ist ein Juwel. Pass auf, dass dein Blutdruck nicht wieder steigt.«
»Ich habe noch nie erlebt, dass du sauer auf Beck bist. Was stört dich so?«
»Seit wann gehört es zu seinem Job, eine kaputte Maschine abzuschalten?«
»Wäre es dir lieber, wenn sie noch jemandem den Arm abreißt?«
»Natürlich nicht.«
»Dann hat er das Richtige getan, nicht wahr?«
»Ich habe nicht gesagt, dass er das Falsche getan hätte. Immerhin war das mein Vorschlag. Es ist bloß – ach Scheiße, können wir das vergessen? Ich bin nur gestresst, das ist alles. Wir stehen alle zurzeit mächtig unter Druck.«
»Wo wir gerade von Druck sprechen – hast du was von Red gehört?«
»Kein Wort.«
»Das habe ich mir gedacht.« Huff schwenkte wegwerfend die Hand. »Red sollte seinen Deputy damit beschäftigen, ausgerissene Milchkühe einzufangen. Kleinkram. Und nicht zulassen, dass er auf einer Nebensächlichkeit wie einer gottverfluchten Streichholzschachtel rumreitet. Was gibt es Neues aus Mexiko?«
»Von Mary Beth? Ich hatte keine Zeit, an Mary Beth auch nur zu denken.«
»Aber du hattest genug Zeit, das gerissene kleine Ding zu bumsen, mit dem George verheiratet ist. Und das erst letzte Nacht.«
Es war Chris nicht peinlich, dass sein Vater davon wusste, er reagierte eher mit anerkennender Heiterkeit. »Du hast wirklich ein erstaunliches Informantennetzwerk, Huff. Wie schaffst du das nur? Noch dazu von einem Bett auf der Intensivstation aus.«
Huff lachte leise. »Ich werde dir was viel Erstaunlicheres erzählen. Wusstest du, dass deine Schwester und Beck gestern Abend an der Fischbude waren? Danach brachte Beck Sayre ins Motel, wartete, bis sie eingecheckt hatte, brachte sie zu ihrem Zimmer und verschwand mit ihr.«
Chris fiel wieder ein, mit welch versteinerter Miene Beck reagiert hatte, als Slap Watkins so vulgär über Sayre hergezogen war. Andererseits war Beck ein Kavalier alter Schule und hielt alle Frauen bis zum Beweis des Gegenteils für echte Ladys. Chris wies Huffs Anspielung mit einem verächtlichen Schnauben zurück. »Du willst doch nicht andeuten, dass sich zwischen Beck und Sayre etwas anbahnt? Sie hat ihn vom ersten Augenblick an gehasst, immerhin ist er einer von uns.«
»Und warum ist sie noch nicht wieder in San Francisco?«
»Weil sie dachte, dass du sterben würdest.«
»Hm. Vielleicht.« Er schob die Hände hinter den Kopf und sagte: »Aber es wäre doch interessant, nicht wahr?«
»Was?«
»Wenn Beck und Sayre zusammenkämen.«
»Ich würde mir an deiner Stelle keine großen Hoffnungen machen. Beck mag weiche, süße und anspruchslose Frauen. Das trifft auf Sayre kaum zu.«
»Ich mache mir keine Hoffnungen«, sagte Huff, »aber ich muss anfangen, nach Alternativlösungen für mein Problem zu suchen.«
»Und dieses Problem wäre?«
»Dass ich die Geburt eines Hoyle der dritten Generation erlebe, ehe mich der letzte große Herzinfarkt erwischt. Falls du mir einen Enkel schenken willst, solltest du dich endlich von Mary Beth scheiden lassen. Wenn sie tatsächlich unfruchtbar ist, brauchst du diesen Baum sowieso nicht mehr anzubellen. Hast du dir schon eine andere Frau ausgesucht? Lila vielleicht?«
»Lila? Scheiße, nein.«
»Dann wäre es klug, deine Zeit – und die meine, wie ich betonen möchte – nicht länger mit ihr zu verschwenden.« Huff drückte den Knopf, um das Kopfteil seines Bettes nach unten zu fahren. Als es waagerecht stand, schloss er die Augen.
Chris wusste, wann er entlassen war. Er verließ die Intensivstation und das Krankenhaus, aber er nahm alles mit, was Huff gesagt hatte. Er wusste aus Erfahrung, dass sein Vater nie etwas ohne Grund oder Hintergedanken sagte.
Kapitel 17
Das Haus lag ein Stück abseits der Straße. Ein schmaler Weg aus zerstoßenen Muschelschalen führte direkt zur Vordertreppe. Das steile
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