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Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast

Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast

Titel: Weisst du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jess Rothenberg
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bin hier.«
    »Warum?« Seine Stimme war heiser. »Ich habe dich nicht gebeten zu kommen.«
    »Patrick, ich …«
    »Du solltest gehen. Du gehörst nicht hierher.«
    »Warte«, erwiderte ich. »Du verstehst nicht.«
    »Doch, das tue ich.« Er senkte den Kopf. »Es war dumm von mir, so lange zu warten. Ich habe so viele Jahre ausgehalten«, sagte er. »Das war es nicht wert.«
    »Sag das nicht. Bitte.«
    Er ließ die Schultern hängen. »Ich wusste, dass du eines Tages durch diese Glastür hereinkommen würdest«, flüsterte er. »Und dann kamst du tatsächlich. Nach beinahe dreißig Jahren warst du endlich in mein Leben zurückgekehrt … und du kanntest mich nicht. Du kanntest mich kein bisschen.«
    »Wie hätte ich das denn sollen?«, flehte ich. »Patrick, ich war nicht dasselbe Mädchen.«
    Er nickte. »Das stimmt. Du bist nicht dieselbe. Das weiß ich jetzt.«
    »So meine ich das nicht. Du hörst mir nicht zu.«
    »Es war dumm von mir zu glauben, ich könnte dich je wieder zurückgewinnen und alles würde wieder so sein wie früher.« Er schwieg einen Moment und betrachtete den Horizont. »Es ist meine Schuld. Ich habe alles vermasselt.«
    »Begreifst du denn nicht?«, fragte ich. »Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen musst. Du hast nichts falsch gemacht.«
    »Ich habe alles falsch gemacht. Du wolltest an jenem Tag gar nicht Motorrad fahren … Du hattest Angst. Aber ich wusste, dass es dir gefallen würde, wenn du es nur ausprobieren würdest. Also habe ich dich dazu überredet.« Seine Stimme versagte, und er senkte den Kopf. »Es war meine Schuld, dass du gestorben bist. Es ist meine Schuld, dass wir nie mehr zusammen sein konnten.«
    »Das Motorrad«, flüsterte ich. »Der Albtraum war Wirklichkeit.« Ich presste meinen Kopf an seinen Rücken und schlang meine Arme um seine bebende Seele.
    »Kannst du mir jemals verzeihen?«, flüsterte er.
    Ich drückte ihn, so fest ich konnte. »Nicht ich muss dir verzeihen. Du selbst musst dir verzeihen.«
    Ein mächtiger Donnerschlag ertönte über unseren Köpfen, als Patrick sich langsam zu mir umdrehte. Ich spürte seine Hand auf meiner Wange. Und als ich zu ihm aufblickte, traute ich meinen Augen kaum.
    Endlich sah ich, was er so lange unter seinem T-Shirt und der Fliegerjacke versteckt gehalten hatte. Jetzt verstand ich, warum er sie nie vor mir ausgezogen hatte. Die Narbe auf seinem Arm, so schlimm sie auch sein mochte, war absolut nichts, verglichen mit dem Rest.
    Patricks ganzer Oberkörper war von schrecklichen Stichwunden übersät. Als hätte er sich wieder und wieder ein scharfes Messer in die Brust gerammt.
    Das war kein Unfall gewesen.
    »Oh, Liebling«, flüsterte ich. »Was hast du dir nur angetan?« Heiße Tränen brannten mir in den Augen, als ich mit den Fingerspitzen seine Narben entlangfuhr. Dann beugte ich mich vor und küsste sie sanft, eine nach der anderen.
    »Sui caedere«, sagte er. »Ich konnte nicht ohne dich leben.«
    Ich blickte zu ihm auf und berührte mit der Hand seine Wange. Sein Gesicht war dicht vor meinem, und ich schaute ihm tief in die Augen, in der Hoffnung, die Distanz zwischen uns zu überwinden. »Es tut mir leid, Patrick. Ich wollte dich nie verletzen …«
    Ein Blitz erhellte den Himmel, schlug am Strand unter uns ein und entzündete einige Bäume. Innerhalb von Sekunden brannte die Insel.
    »Du kanntest mich nicht«, sagte Patrick. »Ich hätte es dir so gerne gesagt, aber ich hatte Angst, du würdest mich für verrückt halten … Also für verrückter, als du sowieso schon dachtest.« Er lächelte zögerlich, und in diesem Lächeln sah ich unsere ganze katastrophale Geschichte. Alles spielte sich vor meinen Augen ab, all die gemeinsam verbrachten Tage. Alle Pläne, die wir hatten. Wie er nach dem Unfall weinte und mich in seinen Armen wiegte, wie er den Himmel anflehte, ihn zu holen statt mich.
    Jeder einzelne Moment stand mir wieder vor Augen, und ich erinnerte mich an Patricks Worte, als das Leben aus mir ausgeströmt war an jenem herrlichen Sommertag 1983 – die Trümmer seines Motorrads brannten immer noch neben uns auf dem Highway.
    Warte auf mich für immer. Warte für immer und ewig auf mich.
    »Für immer und ewig«, flüsterte ich. Es war dasselbe Versprechen, das ich in einem völlig anderen Leben auch meinen drei besten Freundinnen gegeben hatte, die ihren eigenen Weg noch würden finden müssen, mit all den Schwierigkeiten und dem Liebeskummer. Ich spürte, wie meine Glücksbringerkette warm wurde,

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