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Weit Gegangen: Roman (German Edition)

Weit Gegangen: Roman (German Edition)

Titel: Weit Gegangen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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ausruhen. Wir beschwerten uns alle über die Schlepperei, und wenn einer mal die Verteilung verpasste, weil er verschlief oder sich zu weit hinten anstellte, bekam er keine Ration mehr ab, und die Familie hatte darunter zu leiden. Dann mussten Notfallpläne geschmiedet und umgesetzt werden, damit die Familie etwas zu essen bekam. Es war an der Zeit für meine Recycling-Reise.
    Ich hatte meinen Rucksack und gute Schuhe und …
    – Hast du eine Mütze?, fragte mich Gops Tochter Awot.
    – Wozu brauche ich denn eine Mütze?
    – Was ist, wenn dich in Loki jemand wiedererkennt, wenn du zurückkommst?
    Sie war ein kluges Mädchen, diese Awot. Also packte ich auch Achor Achors heiß geliebte Houston-Astros-Mütze in den Rucksack und war schließlich startbereit. Um Mitternacht verabschiedete ich mich von der Familie. Gop schien nicht um mein Leben zu fürchten, daher machte ich kein großes Getue um unseren Abschied, und die Mädchen taten es mir nach. Achor Achor begleitete mich zur Grenze zwischen Kakuma und der Welt da draußen, und als ich gerade losziehen wollte, packte er meinen Arm und wünschte mir Glück.
    – Hast du deine Lebensmittelkarte eingesteckt?, fragte er mich.
    Und ich hatte tatsächlich meine Lebensmittelkarte eingesteckt, ein schwerer Fehler. Falls die Turkana mich ausraubten oder die kenianische Polizei mich vernahm oder die Offiziellen in Loki mich aufforderten, meine Taschen zu leeren, wäre meine ursprüngliche Lebensmittelkarte verloren und der ganze Sinn der Reise dahin. Also gab ich Achor Achor meine Karte, wir klopften uns wie erwachsene Männer auf den Rücken, und ich verschwand in die Nacht, ohne irgendwelche Ausweispapiere bei mir zu haben. Ich war neu, ich war niemand.
    Man hatte mir gesagt, falls die kenianische Polizei mich unterwegs aufgreifen sollte, müsse ich sie nur bestechen und wäre gleich wieder auf freiem Fuß. Und genau das passierte gleich dreimal innerhalb weniger Meilen hinter Kakuma. Jedes Mal ließen sich die Polizisten mit fünfzig Shilling kaufen und verhielten sich bei der Transaktion überaus höflich und geschäftsmäßig, als hätte ich an einem Straßenstand Obst gekauft.
    Ich marschierte vielleicht zu optimistisch durch die Nacht, glaubte, dass meine Reise unter einem guten Stern stünde und mir alles gelingen würde. Mit ein bisschen Glück wäre ich in drei Tagen mit sechstausend Shilling und einer weiteren Lebensmittelkarte wieder in Kakuma.
    In den frühen Morgenstunden erreichte ich Loki, die staubigen Straßen waren menschenleer, und ich schlief auf dem Gelände von Save the Children , die seit Jahren Lebensmitteltransporte an die Hungernden im Südsudan organisierten. In Loki finden sich zahlreiche solcher NGOs, deren Quartiere meist aus kleinen Hütten oder Adobe-Häusern bestehen und mit Holzzäunen und Wellblechtoren gesichert sind. Save the Children arbeitete damals wie heute eng mit den Sudanesen zusammen, und die Mitarbeiter helfen jenen von uns, die nach Kakuma kommen oder zurück in den Sudan wollen, so gut sie können.
    Als ich erwachte, sah ich als Erstes die Füße eines Mannes, der neben mir stand und sich mit einem zweiten Mann auf der anderen Seite des Zauns unterhielt. Der Mann, der da fast auf mir stand, hieß Thomas, wie ich erfuhr. Er war etwas älter als ich und war bei der SPLA gewesen, hatte sie aber nach dem Zerwürfnis zwischen Garang und Machar wieder verlassen. Als er aufhörte, mit dem Mann über den Zaun hinweg zu sprechen, richtete er seine Aufmerksamkeit auf mich.
    – Also, was liegt an?, fragte er.
    Ich schilderte ihm meinen Plan in groben Zügen.
    – Wie viel Geld hast du?
    Ich antwortete, dass ich nur noch fünfzig Shilling übrig habe.
    – Und wie willst du dir dann Papiere von der SPLM beschaffen?
    Niemand hatte mir gesagt, dass diese Papiere Geld kosten würden. Ich wusste, dass ich, sobald ich in von der SPLA kontrolliertes Gebiet kam, einen von der SPLA / SPLM ausgestellten Ausweis brauchen würde, aber ich hatte gedacht, der sei kostenlos. Die SPLA / SPLM, so war mir gesagt worden, würde jeden beliebigen Namen auf das Dokument setzen, und ich hatte geplant, ihnen einen Namen zu nennen, der meinem ähnlich war und zu meiner Heimatregion passte. Wenn mir dann irgendwelche Fragen über Clans in meinem Teil des Sudan gestellt würden, könnte ich die ohne Weiteres beantworten. Mit dem neuen Dokument wollte ich nach Loki zurückkehren, die Ziegen verkaufen, im Immigrationsbüro von Loki meine Dokumente abgeben und

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