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Weit Gegangen: Roman (German Edition)

Weit Gegangen: Roman (German Edition)

Titel: Weit Gegangen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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machten wir keinen Zwischenstopp in Ketale, sondern fuhren direkt durch bis Kakuma. Ich wurde immer mal wieder wach, sah die fruchtbaren Landschaften Kenias vorbeiziehen, die herrlichen grünen Hügel und Regenschleier, die ferne Farmen bewässerten. Wir flogen an alldem vorbei und zurück in das heulende Elend von Kakuma.

XXIV.
    Ich stehe auf dem Parkplatz des Century Club, und es sind noch zwanzig Minuten, bis das Fitnesscenter aufmacht. Zu wenig Zeit, um noch ein bisschen zu schlafen, selbst wenn ich es könnte, also schalte ich das Radio ein und suche BBC World News. Dieser Sender ist schon so lange Teil meines Lebens, seit Pinyudo, wo die SPLA-Kommandanten das Lager mit seinen Meldungen über Afrika beschallten. In den letzten Jahren schien keine Sendung von BBC World News ohne einen Beitrag zum Sudan auszukommen. Heute Morgen gibt es zunächst einen vorhersagbaren Kommentar zu Darfur: Ein Afrikaexperte stellt fest, dass es den siebentausend Soldaten der Afrikanischen Union, die in einem Gebiet patrouillieren, das so groß ist wie Frankreich, nicht gelungen ist, den anhaltenden Terror der Janjaweed zu verhindern. Die für den Einsatz zur Verfügung gestellten Mittel sind fast erschöpft, und anscheinend ist niemand, auch nicht die Vereinigten Staaten, bereit, mehr Geld aufzubringen oder neue Ideen vorzutragen, um dem Morden und den Vertreibungen ein Ende zu machen. Für uns, die wir zwanzig Jahre der Unterdrückung durch Khartoum und seine Milizen erlebt haben, kommt das nicht überraschend.
    Der zweite Sudan-Beitrag ist weitaus fesselnder. Es geht um eine Jacht. Offenbar sollte in Khartoum ein Treffen der Afrikanischen Union stattfinden, und al-Bashir, der Präsident des Sudan, wollte die Staatschefs mit einem Luxusboot beeindrucken, das auf dem Nil liegen und die Würdenträger während ihres Aufenthalts den Strom hinauf-und hinunterfahren sollte. Das Schiff wurde in Slowenien bestellt, und Bashir zahlte 4,5 Millionen Dollar dafür. Es versteht sich von selbst, dass man die 4,5 Millionen Dollar gut hätte gebrauchen können, um die Armen im Sudan mit Nahrung zu versorgen.
    Die Jacht wurde aus Slowenien zum Roten Meer transportiert und fuhr über das Rote Meer nach Port Sudan. Von Port Sudan aus musste sie rechtzeitig für die Konferenz über Land nach Khartoum gebracht werden. Doch es erwies sich weit schwieriger als erwartet, sie bis in die Hauptstadt zu schaffen. Das 172-Tonnen-Schiff war eine Gefahr für die Brücken, über die es gefahren werden musste, und die elektrischen Oberleitungen waren ein Problem, 132 davon mussten durchtrennt und hinterher wieder zusammengefügt werden. Als das Schiff endlich in Sichtweite des Nil war, hatten sich die afrikanischen Staatschefs bereits wieder verabschiedet. Irgendwie waren sie auch ohne die Jacht und ihre Satellitenfernseher, das feine Porzellan und die Luxuskabinen ausgekommen.
    Doch noch ehe das Schiff Khartoum erreichte, war es zum Symbol für Bashirs Dekadenz und Skrupellosigkeit geworden. Der Mann hat überall Feinde – nicht nur die Sudanesen hassen ihn, gemäßigte Muslime lehnen ihn ebenfalls ab und haben eine Reihe politischer Parteien und Koalitionen gebildet, um ihm Widerstand entgegenzusetzen. Schließlich war es eine nicht-arabische Gruppe von Muslimen, die sich in Darfur mit einer ganzen Reihe von Forderungen für die Region gegen die Regierung auflehnte. Falls Völkermord kein ausreichender Grund für die sudanesische Bevölkerung ist, diesen Wahnsinnigen davonzujagen und mit ihm die ganze Nationale Islamische Front, die Khartoum beherrscht, dann vielleicht dieses Schiff.
    Während ich mir den Radiobeitrag anhörte, habe ich über den Parkplatz hinweg auf eine Telefonzelle gestarrt, und jetzt sehe ich es als Aufforderung. Ich beschließe, meine eigene Nummer zu wählen, mein gestohlenes Handy anzurufen. Ich habe nichts zu verlieren, wenn ich es tue.
    Ich benutze eine der Telefonkarten, die ich bei Achor Achors Vetter in Nashville gekauft habe. Er verkauft Fünf-Dollar-Telefonkarten, mit denen der Benutzer in Wahrheit Auslandsgespräche im Wert von hundert Dollar führen kann. Ich weiß nicht, wie das funktioniert, aber diese Karten werden von allen Flüchtlingen gekauft, die ich kenne. Meine sieht ziemlich seltsam aus und wurde wahrscheinlich nicht von Afrikanern gemacht: ein Maori-Mann in voller Stammestracht, einen Speer in der Hand, mit einem amerikanischen Büffel im Hintergrund. Quer über dem Bild steht AFRICA CALIFORNIA.
    Ich brauche einen

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