Weit Gegangen: Roman (German Edition)
trugen Feuerholz und Wasser auf dem Kopf, die Männer saßen auf dem kleinen Markt, spielten Domino und tranken Wein. Das Dorf schien völlig unberührt vom Krieg. Ich folgte der Gruppe ins Zentrum des Ortes.
– Setzt euch, alle Mann, sagte Dut, und wir setzten uns. – Bleibt hier. Steht nicht auf. Stört niemanden. Rührt euch nicht vom Fleck.
Dut verschwand in dem Dorf. Frauen kamen an uns vorbei, wurden kurz langsamer und gingen dann weiter. Ein Hund schlich hinter ihnen her und schnüffelte sich zu uns heran. Sein Fell war kurz und fleckig und hatte eine seltsame Farbe, an manchen Stellen fast blau.
– Blauer Hund!, sagte Deng, und der Hund kam zu ihm, leckte sein Gesicht und schob die Nase dann zwischen Dengs Beine. – Blauer Hund! Der blaue Hund mag uns, Achak. Sieh dir den blauen Hund an und seine komischen Flecken.
Deng kraulte den Hund, der tatsächlich so aussah, als sei er blau gefärbt worden, hinter den Ohren, und dann lag der blaue Hund auf dem Rücken, und Deng rieb ihm kräftig den Bauch. Die Beine des Hundes zuckten hin und her. Es war seltsam, nicht zu gehen, sondern in einem Dorf zu rasten, das ich nicht kannte, und einen zufriedenen blauen Hund zu streicheln.
Eine Gruppe älterer Jungen kam näher. Der größte von ihnen scheuchte sofort den Hund weg und stellte sich dicht neben Deng und mich, so nah, dass ich steil nach oben schauen musste, um die Unterseite seines breiten Gesichts zu sehen. Er trug leuchtend weiße Schuhe. Sie sahen aus wie Wolken, als hätten sie nie die Erde berührt.
– Wo wollt ihr hin?, fragte er.
– Bilpam, sagte ich.
– Bilpam? Was ist Bilpam?
Ich merkte, dass ich es nicht wusste.
– Das ist eine große Stadt, viele Tage entfernt, mutmaßte ich. Ich hatte keine Ahnung, wie groß Bilpam war oder wie lange wir unterwegs sein würden, aber ich wollte, dass unsere Wanderung zielgerichtet und wichtig wirkte.
– Warum?, wollte der Junge mit den Wolkenschuhen wissen.
– Unsere Dörfer sind niedergebrannt worden, sagte Deng.
Ich wollte diesem Jungen nicht erzählen, was mit Marial Bai geschehen war. Beim Anblick dieses Dorfes, das von keinem Kampf gezeichnet war, schämte ich mich erneut, dass wir uns nicht besser gegen die Araber gewehrt und zugelassen hatten, dass sie unsere Häuser niederbrannten, während dieses Dorf ganz unbeschädigt war. Es war gar nicht das Ende der Welt. Vielleicht, so dachte ich, hatten die Araber nur die Orte verwüstet, in denen die Menschen besonders schwach waren.
– Niedergebrannt? Von wem?, fragte der Junge. Er war skeptisch.
– Den Baggara, antwortete Deng.
– Den Baggara ? Warum habt ihr sie nicht bekämpft?
– Sie hatten neue Gewehre, sagte Deng. – Schnelle Gewehre. Die konnten sekundenschnell zehn Menschen töten.
Der Junge lachte.
– Ihr könnt nicht hier bleiben, sagte ein anderer Junge.
– Das haben wir auch nicht vor, sagte ich.
– Gut. Ihr solltet weiterziehen. Ihr seid bloß umherstreifende Jungen. Ihr seht aus, als wärt ihr krank. Habt ihr Malaria?
An dem Punkt war ich fertig mit den Jungen. Ich wollte nichts mehr von ihnen hören und wandte mich ab. Sogleich spürte ich einen Tritt im Rücken. Es war der Junge mit den wolkenweißen Schuhen.
– Wir wollen hier keine Bettler. Verstanden? Habt ihr keine Familie?
Ich reagierte nicht, aber Deng war aufgesprungen. Er reichte dem Jungen mit den Wolkenschuhen bis zur Brust. Neben diesem wohlgenährten älteren Jungen sah Deng aus wie ein Insekt.
– Jungs!
Duts Stimme schallte zu uns herüber. Die Jungen, die uns drangsaliert hatten, verschwanden, und Dut kam vom Markt herüber mit einem dicken älteren Mann, der ein blutrotes Gewand trug. Der neue Mann hielt einen Stab in der Hand und hatte einen energischen, selbstsicheren Gang. Als er zu dem Kreis kam, den wir Jungen bildeten, blieb er verblüfft stehen. Er stieß einen langen ratlosen Seufzer aus.
– Ich habe ja gesagt, dass wir viele sind, sagte Dut.
– Ich weiß. Ich weiß. Und es stimmt wirklich? Jungen, die nach Bilpam gehen?
– Darauf setzen wir unsere Hoffnung, Onkel.
Der Häuptling seufzte erneut und musterte unsere Gruppe, lächelte und schüttelte den Kopf. Einen Augenblick später ergriff der Häuptling seinen Stab mit beiden Händen, stampfte entschlossen damit auf den Boden und ging zurück ins Dorf.
– Das ist gut, Jungs. Der Häuptling ist bereit, uns Essen zu geben. Bleibt, wo ihr seid, und bittet diese Leute um nichts. Der Häuptling hat einige Frauen beauftragt, uns
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