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Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition)

Titel: Weit weg im Outback: Unser Leben in Australien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Wälterlin
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meint Cleary, »die Regierung pisste unser Geld gegen die Wand.« Die Rechnung flatterte den Australiern ein paar Jahre später ins Haus. Um die Ausgabe-Orgie Canberras zu stabilisieren, musste die Notenbank zum Schrecken von Millionen von Eigenheimbesitzern die Leitzinsen erhöhen. Gleichzeitig drückte die Finanzkrise auf die Nachfrage nach Rohstoffen in China. Dadurch flossen weniger Kohle- und Eisenerzdollar in die Staatskasse. Ein Doppelhammer. Als 2007 die Labor-Partei die Konservativen nach elf Jahren ablöste, musste der neue Premierminister Kevin Rudd erst mal 106 Milliarden Dollar in öffentliche Projekte pumpen, den Bau von neuen Schulgebäuden etwa, um die Wirtschaft anzukurbeln und eine Rezession abzuwenden. Es war eine Notmaßnahme, aber sie war erfolgreich. Australien teilte nicht das Schicksal der meisten Industriestaaten, die in dieser Zeit in ein Loch fielen. Stattdessen wuchs die australische Wirtschaft noch in den düstersten Monaten der globalen Krise. Doch es war knapp. Als ein Wirbelsturm in Queensland massive Schäden anrichtete, musste die Regierung eine spezielle Steuer einführen, um für Aufräumarbeiten bezahlen zu können. Rudd hatte zwar in der Krisenzeit eine vorhersehende Wirtschaftspolitik. Doch auch die Labor-Partei hatte in den folgenden Jahren keine politische Motivation, Geld für schlechtere Zeiten zurückzulegen. Ein Staatsfonds bleibt für Australien bis heute ein Traum.
    In meinem Kalbsledersitz träume ich, welche Möglichkeiten Geld aus dem Rohstoffboom für die Zukunft von kleinen Gemeinden wie Greentown bedeuten würde. Die Investition in Erneuerbare Energien, in Ausbildung, in Innovation – sie könnte Orten, die heute kaum Hoffnung haben, deren Kinder keine Zukunft sehen, neues Leben einhauchen. Doch meine Erfahrung in den letzten Jahren hat mir gezeigt, dass Australien nicht warten kann, bis Politiker handeln. Die meisten denken zu kurzfristig – nämlich bis zu den nächsten Wahlen –, um eine Vision für die Zukunft zu entwickeln. Veränderungen müssen vom Volk selbst eingeleitet werden. Mehr denn je denke ich, dass wir mit TGG auf dem richtigen Weg sind.

KAPITEL 29
    »Anschnallen und Sitzlehnen senkrecht stellen«, heißt es aus dem Lautsprecher. Wir setzen in Darwin zur Landung an. Im Hafen der nördlichsten Großstadt Australiens stehen wir vor der nächsten Revolution. Eine gigantische Anlage, ein Konvolut von kilometerlangen verschnörkelten silbernen Pipelines, Generatoren und dampfenden Kühlanlagen. Hier wird Gas, das auf Plattformen im Meer zutage gefördert wird, in Flüssiggas umgewandelt. Das fertige Produkt wird von speziellen Tankern in alle Welt exportiert. Für seine Anhänger ist Gas die neue Kohle Australiens – günstig, leicht zu fördern und vor allem in ungeheuren Mengen vorhanden. Die Küsten Nord- und Westaustraliens sind das nächste Eldorado. Hier liegen einige der größten Gasvorkommen der Welt. »Globale Rohstoffunternehmen wie die amerikanische Chevron haben die Australier jahrelang in ganzseitigen Zeitungsanzeigen überzeugt, diese Lagerstätten auszubeuten«, sagt Paul Cleary. Abermilliarden Dollar wurden investiert, ganze Landstriche fallen einer neuen »Jahrhundertindustrie« zum Opfer. Vielleicht aber liege es »nicht im Interesse Australiens«, auf den Rat von multinationalen Energiegiganten zu hören, warnt Cleary. Denn die Reserven seien weit geringer, als die beteiligten Unternehmen – und die Regierung – dem Volk weismachen würden. Gerade weil sich der Rohstoffboom zunehmend zu einem Gasboom entwickle, weil die Produktion und Nachfrage in den kommenden Jahren in geradezu stratosphärische Höhen klettern würde, könnten die Lager schon etwa 2032 ausgebeutet sein. Nicht, wie die offiziellen Zahlen der Regierung vorgeben, in über 60 Jahren. Namhafte Experten sagen, dass auch die abbaubaren Reserven von Kohle und anderen, für Australien lebenswichtigen Rohstoffen weitaus kleiner sind, als die Zahlen der Regierung sagen. Solche Warnungen aber sind in der Regel in den Wind geschrien. Kaum jemand hat Interesse daran, den Fluss von Kapital zu bremsen. Als wir auf der langen Hauptverbindungsstraße in Richtung Flughafen Darwin fahren, erinnere ich mich an den Tag, an dem ich zum ersten Mal einen Fuß auf diesen Kontinent gesetzt habe. 1989, im Januar. Ich war als Backpacker in Asien unterwegs. In Bali holte ich mir, was ich später als »Bali Belly« identifizierte: eine Magen-Darm-Grippe, die mich fast

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