Weit wie das Meer
an, als fragte sich jeder, was als nächstes kommen würde, dann aber deutete Garrett auf das Boot. »Ich muß sie noch fertigmachen für die Nacht, und das dauert ein Weilchen.«
Sie nickte. »Das habe ich mir schon gedacht.«
»Kann ich Sie zuerst zu Ihrem Wagen begleiten?«
»Gern«, sagte sie, und sie machten sich auf den Weg. An ihrem Leihwagen angelangt, sah Garrett, wie sie den Korb nach ihrem Schlüssel durchwühlte. Als sie ihn gefunden hatte, schloß sie die Tür auf.
»Es war wirklich ein herrlicher Abend«, begann sie.
»Für mich auch.«
»Sie sollten öfter Leute mitnehmen. Ich bin sicher, es würde ihnen gefallen.«
»Mal sehen«, sagte er mit einem Grinsen.
Ihre Augen begegneten sich, und einen Moment lang sah er Catherine im Dunkeln.
»Ich geh jetzt lieber«, sagte er hastig, mit einem Gefühl von Unbehagen. »Ich muß morgen früh aus den Federn.« Damit reichte er ihr die Hand. »Es war nett, Sie kennenzulernen, Theresa. Ich hoffe, Sie haben noch ein paar schöne Urlaubstage.«
Ihm nach einem Abend wie diesem die Hand zu schütteln, war irgendwie sonderbar, doch sie hätte sich gewundert, wenn es anders gewesen wäre.
»Danke für alles, Garrett. Und machen Sie’s gut.«
Sie setzte sich hinters Steuer und drehte den Zündschlüssel. Garrett schlug die Fahrertür zu und hörte, wie sie den Gang einlegte. Nachdem sie ihm ein letztes Mal zugelächelt hatte, sah sie in den Rückspiegel und lenkte den Wagen langsam aus der Parklücke. Er winkte ihr nach, bis der Wagen um die Ecke gebogen war. Dann ging er zu seinem Boot zurück und fragte sich, warum er so verstört war.
Zwanzig Minuten später, als Garrett eben mit der Fortuna fertig war, trat Theresa in ihr Hotelzimmer. Sie warf ihre Sachen aufs Bett und ging ins Badezimmer. Dort wusch sie ihr Gesicht mit kaltem Wasser und putzte sich die Zähne, bevor sie sich auszog. Als sie im Bett lag und nur noch die Nachttischlampe brannte, schloß sie die Augen und dachte an Garrett.
David hätte alles ganz anders gemacht, wenn er sie zum Segeln mitgenommen hätte. Er wäre den Abend über nur darauf bedacht gewesen, seinen ganzen Charme zur Geltung zu bringen. »Ich hab zufällig eine Flasche Wein da - möchten Sie ein Gläschen?« Und er hätte zweifellos mehr von sich selbst gesprochen. Aber auf äußerst subtile Weise, denn David wußte genau, wo die Grenze zwischen Selbstsicherheit und Arroganz lag. Bis man ihn besser kannte, konnte man nicht wissen, daß es ein sorgfältig ausgeklügelter Plan war mit dem Ziel, den besten Eindruck zu machen. Bei Garrett aber wußte sie sofort, daß er nicht schauspielerte - er hatte so etwas Grundehrliches an sich, und das faszinierte sie. Aber war ihre eigene Vorgehensweise richtig gewesen? Sie hatte so etwas Manipulatorisches, und das war ihr irgendwie unangenehm.
Aber jetzt war es zu spät. Was sie getan hatte, war nicht rückgängig zu machen. Sie knipste das Licht aus, und als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, suchte sie den Spalt zwischen den Fenstervorhängen. Die Mondsichel stand schon hoch am Himmel, und ein schwacher Strahl fiel durch den Spalt. Sie starrte noch eine Weile darauf, bis ihr Körper ganz entspannt war und ihre Augen zufielen.
7. Kapitel
»Undwas war dann?«
Jeb Blake sprach mit rauher Stimme und beugte sich über seine Kaffeetasse. Er ging auf die Siebzig zu, sein schütteres Haar war fast weiß und sein Gesicht von tiefen Falten durchzogen. Er war groß und hager - fast zu dünn -, und sein Adamsapfel trat hervor wie eine kleine Pflaume. Seine Arme waren tätowiert und von Narben und Sommersprossen übersät, seine Fingergelenke geschwollen von all den Jahren harter Arbeit als Garnelenfischer. Wären nicht seine Augen gewesen, hätte man ihn für krank und gebrechlich halten können, in Wahrheit aber war er weit davon entfernt. Er arbeitete immer noch, wenn auch nur halbtags, verließ vor dem Morgengrauen das Haus und kehrte gegen Mittag zurück.
»Nichts war dann. Sie ist in ihren Wagen gestiegen und davongefahren.«
Jeb Blake, der gerade die erste der zwölf Zigaretten drehte, die er gewöhnlich pro Tag rauchte, starrte seinen Sohn an. Jahrelang hatte ihn der Arzt gewarnt, das Rauchen werde ihn noch umbringen. Als der Arzt dann aber mit sechzig an einem Herzinfarkt starb, schwand Jebs Vertrauen in seine medizinischen Ratschläge. So wie es aussah, dachte Garrett manchmal, würde der alte Mann auch ihn noch überleben.
»Na, dann war es ja wohl
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