Weiter weg
die örtliche Regierung so weit, dass sie die Schleusentore saisonal öffnete, damit die jungen Fische in den See konnten. Und es hat funktioniert! Dann konnten wir den örtlichen Regierungen kleine Geldbeträge für Pilotprogramme zukommen lassen. Unser erstes Ziel war ein See gewesen. Und heute sind wieder siebzehn Seen verbunden.»
In Peking traf ich mich mit einem außerordentlich effektiven Basisaktivisten namens Hai-xiang Zhou. Zhou hatte zwanzig Jahre lang in großem Stil, aber als Amateur Vögel fotografiert – er sah sich als nationaler Vorreiter darin –, war aber erst kürzlich zum Aktivisten geworden. Im Herbst 2005 hatte er gehört, dass in der Nähe der Gegend, wo er seine Kindheit verbracht hatte, in der Provinz Liaoning, die Vogelgrippe ausgebrochen war und dass die Behörden behaupteten, die Grippe werde von Wildvögeln übertragen. Eine überflüssige Massentötung befürchtend, nahm er Urlaub und eilte nach Liaoning, wo er sah, dass Wasservögel und Zugkraniche an gewöhnlicheren Ursachen starben – Jagd, Gift, Hunger.
Zhous Brille war so groß, dass sie fast sein halbes Gesicht bedeckte. «Wenn eine NGO hier etwas tun will, dann geht das nur zusammen mit der Regierung», sagte er. «Vogelbeobachter und Umweltschützer können Dinge untersuchen, aber damit auch wirklich etwas getan wird, braucht man einen Ansatzpunkt. Die Leute vor Ort wollen immer mehr Gebiete erschließen lassen, während die Regierung offiziell nachhaltige Erschließung und Umweltschutz will. Da die Ressourcen sehr begrenzt sind, freuen sich die Regierungsvertreter, wenn man ihnen hilft, damit sie zeigen können, dass sie auch wirklich das tun, wozu sie sich offiziell verpflichtet haben. Wenn ein Umweltprojekt gut geworden ist, erhalten Bezirkspolitiker ein positives Feedback und erlangen viel Ansehen.»
Auf einem Laptop zeigte mir Zhou Fotos von lächelnden Würdenträgern auf einer Naturbeobachtungsplattform, die sie in seiner Heimatstadt errichtet hatten. Zhou arbeitete jetzt an einem neuen Projekt im Naturreservat Laotieshan auf der Halbinsel Liaodong. In jedem Herbst drängt sich die gesamte Zugvogelpopulation Nordostchinas auf ihrem Weg nach Süden über diese Halbinsel, auf der dann einheimische Wilderer auf öffentlichem Boden Tausende von Netzen aufstellen, um sie zu fangen und zu töten. Am meisten bringen die großen Greifvögel ein, von denen viele gefährdet oder bedroht sind. Einige der Vögel würden gleich dort gegessen, sagte Zhou, die meisten jedoch in die südlichen Provinzen gebracht, wo sie als Delikatesse gelten. Zhou und seine Tochter, die ehrenamtlich im Reservat arbeitet, sammeln Daten, um sie der Zentralregierung vorzulegen, damit diese die Maßnahmen vor Ort koordinieren kann. Seine Fotos zeigten Aufseher, die Wilderer bei Tag und im Scheinwerferlicht jagten. Sie zeigten Bäume, die von Wilderern gefällt worden waren, um die Pick-ups der Aufseher aufzuhalten. Sie zeigten konfiszierte Motorräder. Ein Zimmer, randvoll mit zusammengeknüllten Netzen jeder Farbe – von den Aufsehern an einem einzigen Vormittag erbeutet. Käfige mit kleinen Vögeln als Köder für die größeren. Baumstämme, die senkrecht auf die Spitzen anderer Bäume gesetzt wurden, damit die Netze sich auf Adlerhöhe befanden. Kleinere Adlerfallen, die an hohen Ästen aufgehängt und mit Holzklötzen beschwert waren. Haushohe Netze mit verletzten Tauben, Seeadlern, Sakerfalken darin. Noch lebende Vögel, die Flügel mehrfach gebrochen, mit herausstehenden Knochen, in grausigen Winkeln abgeknickt. Einen konfiszierten Netzwäschesack, vollgestopft mit Falken und Eulen, viele tot, viele nicht, alle hineingestopft wie dreckige Unterwäsche. Einen Wilderer in Handschellen, er trägt ein hübsches Hemd und neue Turnschuhe, das Gesicht verpixelt. Schweißperlen auf dem Gesicht eines Aufsehers, der einen Falken aus einem Netz befreit. Einen Haufen von siebenundvierzig toten Habichten und Adlern, allesamt an einem Vormittag beschlagnahmt. Einen kleineren Haufen aus blutigen Köpfen, die am selben Vormittag auf der Erde herumlagen.
«Die Leute, die das tun, sind nicht arm», sagte Zhou. «Es dient nicht dem Lebensunterhalt – es ist Tradition. Mein Ziel ist es, die Leute zu erziehen und zu versuchen, den Brauch zu ändern. Ich will den Leuten beibringen, dass die Vögel ihr natürlicher Reichtum sind, und für den Ökotourismus als alternativen Lebensunterhalt werben.»
Die Zugvögel, die den Laotieshan unversehrt passieren, fliegen
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