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Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Alexander
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seinem Namen gefragt hatte. Und auf einmal hatte Sarah ihr von der gelösten Verlobung mit Jeremy und dem Testament ihres Großvaters erzählt. Was Anthony anging, so wusste Sarah, dass die ältere Frau es gut meinte, aber sie war wirklich nicht auf dem neuesten Stand. Das Taxi fuhr vor.
    » Danke für alles«, sagte Sarah. » Oh Mann, ich habe hier wirklich ein Chaos angerichtet.«
    » Unsinn.«
    » Und Anthony hat sich geändert. Ich glaube nicht, dass er noch derselbe ist. Und es gibt so viele Auflagen und Optionen und…«
    » Blödsinn, Mädchen. Sie müssen nur fest daran glauben. Sie glauben, Sie müssten Entscheidungen treffen, aber das ist nicht so. Ihr Leben wartet auf Sie. Und jetzt wollen wir mal Ihr Gepäck in den Kofferraum stellen und Sie losschicken.« Mrs Jamieson öffnete den Kofferraum der dunklen Limousine, und Sarah stellte ihren Koffer hinein. » Wenn Sie das Gefühl haben, ein Teil von sich zurückzulassen, nun, so denken Sie daran, dass Sie auch etwas mitnehmen. Und am Ende wird daraus ein Ganzes.«
    » Ich rufe an.«
    » Das will ich doch hoffen«, erwiderte Mrs Jamieson.

Sommer, 1867
    Wangallon Station
    Die Sonne stand tief im Osten. Rose brauchte eine Stunde, um zum Friedhof zu gelangen. Ab und zu blieb sie stehen, um die kleinen Strohblumen zu pflücken, die überall wuchsen. Außer Atem schleppte sie sich den schmalen Weg entlang. Ihre langen Röcke schleiften über den Boden. Zweige, Blätter und Erde verfingen sich im Saum. In der Nacht hatte es geregnet. Ein kurzer, kühlender Schauer, der den Staub von Blüten und Blättern gewaschen hatte.
    Die Lichtung wirkte wie ein stiller Teich. An ihren Rändern bildeten uralte Bäume ein kühles Dach, und das Gras wogte im Wind. Um die Holztafeln, die bis zum späten Vormittag in der Sonne lagen und dann in den Schatten der Bäume eintauchten, verlief ein niedriger Zaun: Er beschützte den Schlummer ihrer toten Kinder.
    Das Fieber kam in der tiefen Nacht und breitete sich vom Kinderzimmer bis zu den Dienstbotenunterkünften aus. William und das Baby Samuel starben zuerst. Dann wurde ihr geliebter Erstgeborener, Howard, der das Schlimmste schon überstanden hatte, im Garten von einer Schlange gebissen. Auch er starb, und innerhalb von zwei Monaten nach Abdullahs Abreise blieb nur noch Luke als Erbe von Wangallon.
    » Hab Erbarmen mit denen, die nach uns kommen«, flüsterte Rose zu einem Gott, der jetzt fest in ihrer Seele verwurzelt war. Sie teilte die Blumen in kleine Sträuße auf und legte einen auf jede Tafel vor den kleinen Erdhügeln. Dann sank sie erschöpft am Fuß des einzigen Baums innerhalb der Umfriedung nieder. Was ihr an Stärke noch geblieben war, war durch den anstrengenden Marsch von ihr gewichen. Sie konnte nichts mehr essen; die wenige Nahrung, die sie noch zu sich nahm, hatte nur den Zweck, ihr den Gang zum Friedhof zu ermöglichen, damit sie sich dort zu ihren Kindern legen konnte. Sie lehnte den Kopf an die knotige Rinde des Baums und beobachtete eine Schar von Papageien, die über ihre Köpfe hinwegflogen. In ihrer Schönheit weckten sie in Rose Gedanken an Abdullah.
    Sie erwachte, als die Sonne durch ihre dünne Bluse brannte. Im Laub raschelte es, und sie entdeckte eine Eule. Der Vogel hob den Kopf aus den weichen Brustfedern, breitete langsam die Flügel aus und reckte den Hals. Aus großen ovalen Augen blinzelte er sie weise an. Rose dachte an die Eule auf Howards Beerdigung und musste unwillkürlich lächeln. Der Vogel erhob sich von den Ästen des alten Eukalyptusbaums, flog über den Friedhof und in den Morgen hinein. Rose blickte ihm nach, bis er nicht mehr zu sehen war.
    Es war besser so. Seit Abdullahs Abreise war nichts mehr so, wie es sein sollte. Rose erwachte aus wüsten Träumen, roch den Duft seines Körpers, spürte die seidige Berührung seiner Haut, und sie wusste, sie konnte die Zukunft nicht ertragen. Ihr Herz war gesegnet worden, und es war genug. Die Eule zeigte ihr den Weg in die Freiheit, und sie nahm dieses Wissen an. Es war gut und richtig, denn Hamish Gordon hatte in der Zukunft offensichtlich keine Verwendung mehr für sie. Und dies war die einzige Entscheidung in ihrem Leben, die ihr Mann nicht kontrollieren konnte. Es brauchte so wenig, um sich von den Zwängen dieses Lebens zu lösen. Man brauchte nur aufzuhören, zu essen und zu trinken. Man brauchte nur zu entscheiden, dass man frei sein wollte.
    Minuten später sank ihre rechte Hand, über der der goldene Armreif hing, in den Staub

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