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Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Alexander
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sicher allen gefehlt«, erklärte Sarah.
    » Ich glaube, uns wird eher Wangallon fehlen.« Er ritt voraus, durch eine Gruppe junger Schwarzeichen, die so dicht standen, dass sie ihm mit ihrer Rinde Arme und Beine zerkratzten.
    Sarah schrie. Camerons Pferd hatte im hohen Gras vor etwas gescheut und war durchgegangen. Jetzt stolperte das Tier plötzlich, und Cameron flog in hohem Bogen aus dem Sattel. Entsetzt sah Sarah, dass er noch mit einem Fuß im Steigbügel hing, während sein Körper hart aufschlug. Sie trieb ihr Pferd an und galoppierte hinterher. Das Gras war hier so hoch und dicht, dass es teilweise Camerons Körper verdeckte. Dann war sie hindurch, und der Boden wurde so uneben, dass auch ihr Pferd stolperte.
    Vor sich sah sie Cameron, der verzweifelte versuchte, den Kopf oben zu halten. Sarah konnte nur hoffen, dass sie genug Kraft hatte, um das durchgehende Pferd aufzuhalten. Es blieb ihr gar nichts anderes übrig, wenn sie nicht abwarten wollte, bis Camerons Pferd von selbst langsamer wurde. Aber bis jetzt raste es in unvermindertem Tempo weiter.
    » Komm schon«, trieb sie ihr Pferd weiter an. Sie war jetzt fast auf gleicher Höhe mit Camerons Tier. Ihre Hand griff nach den Zügeln, gerade als ein dicker Baumstamm in Sicht kam. Tatenlos musste sie zusehen, wie das Tier mühelos darübersprang. Cameron wurde leicht angehoben und dann schlug er mit einem lauten Krach gegen den Stamm. Durch die Wucht des Aufpralls wurde der Steigbügel abgerissen, so dass Camerons Fuß freikam. Sein Pferd rannte weiter. Sarah sprang vom Pferd und drehte ihren Bruder vorsichtig auf den Rücken. Sein Gesicht war blass, zerkratzt und blutig. Sein langärmeliges blaues Hemd hing ebenso wie die Reithose in Fetzen. Aus tiefen Wunden in beiden Beinen sickerte Blut.
    » Scheiße«, murmelte er zwischen pfeifenden Atemzügen. Sarah hielt seine Hand und berührte sanft seine Wange. Aus einer Wunde an der Schläfe floss Blut in sein Auge und seine Haare und sammelte sich auf dem Boden. Sarah begann, Stoffstreifen von ihrer Bluse abzureißen. Camerons Kopf stand ganz schief, und offensichtlich war sein Schlüsselbein gebrochen. Auch ein Arm und ein Bein standen in einem seltsamen Winkel vom Körper ab. Sarah betrachtete den dünnen Stoffstreifen. Das würde auf keinen Fall reichen. Entschlossen zog sie die Bluse aus.
    » Cam, es kommt alles wieder in Ordnung.« Sie schluckte, als sie ihm ihre Bluse um die Kopfwunde wickelte und ihm ihren Pullover über die Brust legte. Er war offensichtlich schwer verletzt. Sie würde ihn hier liegen lassen müssen, um Hilfe zu holen. Erst da fiel ihr auf, dass aus seinem Bauch das spitze Ende eines Baumstumpfs ragte. Um sie herum war alles still. Sie waren einige Meilen vom Haus und vom nächsten Funkgerät entfernt.
    » Mir ist kalt, Sarah.«
    » Ich weiß, ich weiß.« Sie drückte seine Hand. Seine Augen füllten sich mit Tränen. Sarah wischte ihm das Blut vom Gesicht. » Ich liebe dich.« Die Worte kamen ihr viel zu klein vor. Sie beugte sich dicht über sein Gesicht und drückte fest seine Hand. Wie war das nur möglich? Das war doch alles nicht wahr? Gerade eben hatten sie und ihr Bruder doch noch miteinander geredet. » Cameron, kannst du mich hören? Hast du schlimme Schmerzen?« Sollte sie ihn hier liegen lassen, um Hilfe zu holen? Ihr Pferd graste in ein paar Metern Entfernung. Sie zog ihr Taschenmesser heraus und schnitt den Ärmel ihres Pullovers ab, um ihn vorsichtig über die Bauchwunde zu legen.
    » Anthony«, flüsterte er. » Er liebt dich. Er passt auf dich auf, immer.«
    Blut sickerte aus seinem Mund. Sarah beugte sich dicht über ihn. Sein Atem klang wie ein leiser Windhauch.
    » Cameron?«
    Cameron lag im Gras in der Morgensonne und blickte über sie hinweg in die Ferne. Und dann atmete er nicht mehr.
    Sarah folgte ihrem Vater und Anthony, als sie ihn durch das Haus ihres Großvaters trugen. Bei jedem Schritt taumelten sie. Ihre Gesichter waren blass und schweißbedeckt vor Schock. Ihre Mutter schrie, schrie und schlug gegen die Wände. Sarah hätte sie am liebsten geschlagen und ihr ein Handtuch in den Mund gestopft, damit sie endlich aufhörte zu schreien. Sie zitterte am ganzen Leib.
    Ihr Großvater fegte den mächtigen Silberkandelaber mit einer einzigen Handbewegung von seinem Esstisch aus Eiche. Sie legten Cameron auf die Tischplatte, und seine Sporen, ein Geschenk zum zehnten Geburtstag, bohrten sich tief in das Holz. Ronald liefen die Tränen über das Gesicht.
    »

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