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Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Weites Land der Sehnsucht: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Alexander
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magst mich ja angesichts deiner hohen Moralvorstellungen für unwürdig halten, aber ich muss feststellen, dass diese Moralität sich nicht darauf erstreckt, mein Geld auszugeben.«
    » Du bist ein…«
    » Ein Bastard? Wenn dem so ist, dann hast du mich dazu gemacht. Ich habe dir immer nur Freundlichkeiten erwiesen.«
    » Ich verabscheue dich.«
    Hamish schlug mit der Faust auf den Tisch, dass es nur so krachte. » Und du bist die Tochter einer Hure, oder hast du beschlossen, diese Tatsache lieber zu vergessen?«
    Zwei Wochen später stand Rose mitten im Kinderzimmer. Sie ergriff die kleine Schachtel, die laut ihrer Mutter angeblich ihrem unbekannten Vater gehört hatte, und legte die Brosche aus Gold und Jade hinein. Daneben lagen eine getrocknete Blume, ein Stück grünes Samtband und ein Liebesgedicht, das sie in ihrer Jugend einmal abgeschrieben hatte. Es war eine einfache Holzschachtel mit Messingscharnieren und einem roten Tuch, damit man den zerkratzten Boden nicht sah. Die Kiste war schon alt, ein Relikt aus einer Kindheit, an die sie sich kaum erinnern konnte. Mit zitternden Händen schloss Rose den Deckel und warf sie in das kleine Feuer im Kinderzimmer.
    Sie betrachtete sich in dem schweren Spiegel mit Goldrahmen, der über dem Kamin hing, und band die Schleife ihres braunen Reisehütchens fest unter dem Kinn. Dann ergriff sie mit zitternden Händen die silberne Taschenflasche, die auf dem Kamin stand, trank einen Schluck Brandy und stellte die Flasche wieder zurück. Sie hatte überlegt, ob sie sie in den Falten ihres braunen Wollkleids verstecken sollte, aber der Gedanke an William und Howard hielt sie davon ab. Rose tupfte ihre Lippen mit ihrem Spitzentaschentuch ab, und der Spiegel gab ihre blassen Hände wider. Sie hatte tiefe Schatten unter den Augen, und sie hatte abgenommen. Wenn sie erst einmal die lange Reise hinter sich hatte, würde sie wahrscheinlich gar nicht mehr vorhanden sein, dachte Rose. Ein Teil ihres Herzens blieb ganz gewiss in Ridge Gully.
    Sanft hob sie die schlafende Elizabeth in die Arme, setzte sich mit ihrer Tochter in einen Schaukelstuhl und seufzte schwer. » Ich werde dich immer lieben«, sagte Rose leise, als ihre Tochter die mandelförmigen Augen aufschlug. Mit ihrem Fingerchen verfolgte sie die Spur einer Träne, die über Roses Wange hinabrollte. Rose zog ihre Tochter fest an sich. » Sei artig bei Nanny und denk daran, wie sehr ich dich liebe.« Rose hätte ihrer kleinen Tochter so gerne gesagt, dass sie bald wieder bei ihr sein würde, aber ihre Intuition sagte ihr etwas anderes.

Teil II

Sommer, 1985 / 86
    Wangallon Station
    Angus blickte durch den Garten zu der Baumgruppe am Horizont. Das Hochwasser floss schnell dahin. Es schimmerte in der Ferne und zog in seiner Schönheit alle Blicke auf sich. Bäume schienen sich darin zu baden und reckten ihre langen, durstigen Äste sehnsüchtig der kostbaren Flüssigkeit entgegen. Langsam schüttelte Angus den Kopf. Kein Buschbewohner lehnte den Regen ab, denn mit Feuchtigkeit konnte man natürlich viel mehr anfangen als mit trockener, krümeliger Erde. Überflutungen jedoch waren, wie Feuer, zerstörerisch. Dabei hatte die Saison perfekt angefangen, dachte Angus. Im Frühling hatte es geregnet, und im November hatte es ein paar willkommene Gewitterschauer gegeben, als die Hitze zunahm, und auch Mitte Dezember waren reichlich Niederschläge gefallen. Erst als die Flüsse und Bäche anschwollen, entstanden durch weitere heftige Regenfälle Überschwemmungen.
    Er rieb die Knöchel aneinander. Eine Flut von diesen Ausmaßen hatte es seit zwanzig Jahren nicht mehr gegeben! Seit zwanzig Jahren! Die Familie würde auf Wangallon einziehen müssen, um dem Hochwasser zu entgehen. » Gott bewahre!«, sagte er leise und zuckte zusammen bei dem Gedanken, was ihn erwartete. Er schnalzte mit der Zunge. Warum hatte Ronald nicht auf ihn gehört, als er versucht hatte, ihn zu überreden, nicht dort zu bauen? Aber es spielte keine Rolle, wie alt die Kinder waren, sie hörten nie zu.
    Angus ging wieder hinein. Dabei kam er an dem grau werdenden Weihnachtsbaum vorbei. Sarah und ihr Freund Jeremy starrten traurig auf die trockenen Zweige, die unter dem Gewicht des Christbaumschmucks durchhingen. Früher einmal war er weiß gewesen; die Kinder hatten an seinem Fuß mit einem kleinen Schneemann gespielt und über die Geschichten gelacht, die ihre Mutter ihnen erzählte. Angus nickte Sarah zu. Sie wusste, dass ihm Jeremys Anwesenheit nicht behagte,

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