Weites Land der Träume
Hause in Australien erwarteten sie nur Kummer und traurige Erinnerungen. Teddy hingegen war zärtlich und amüsant und hatte gesagt, er sei bereit zu warten, bis sie ihn lieben lernte. Was konnte sie mehr verlangen? Vielleicht würde es ihr mit der Zeit gelingen, Robert zu vergessen und mit diesem exzentrischen Engländer glücklich zu werden. Als sie in ihrer Londoner Wohnung einschlief, träumte sie von goldenen Sternen, die auf sie herabregneten und dass sie auf kilometerlangen Strängen der weichesten Wolle lag. Zwei Tage später rief sie Teddy an und sagte ihm, sie hätte ihren Flug nach Australien storniert.
Kapitel siebzehn
Begleitet von seinem Vater George, dem Vorarbeiter, Scheich Abdul Ahmed Saleem und dessen vierköpfigem Gefolge, eilte Robert McIain zu den Ställen. Der kleine Stewart thronte lachend auf den Schultern seines Vaters. Scheich Abdul Ahmed war am Morgen mit seinem Privatflugzeug eingetroffen, um die einhundert Merinowidder und Mutterschafe zu inspizieren, die er zu kaufen beabsichtigte. Katie hatte Robert angefleht, Stewart mitzunehmen, denn sie und Roberts Mutter mussten die vier vollkommen verschleierten Ehefrauen des Scheichs unterhalten, von denen keine auch nur ein Wort Englisch sprach.
»Diese Widder werden erstklassige Wolle für Sie produzieren, Sir«, erklärte Robert und führte den Scheich durch den Stall, wo eine Auswahl seiner besten Widder zur Besichtigung bereitstand.
»Wenn Sie die mit unseren Mutterschafen kreuzen, werden Sie sicher zufrieden sein«, fügte George hinzu und beobachtete mit Stolz, wie sein Sohn den Geschäftsabschluss tätigte. Robert hielt einen Widder, der gerade versuchte, ihm die Hose anzuknabbern, am Kopf fest und zeigte sein breites klares Gesicht, die wachen Augen und das weiche Maul, alles Hinweise auf die hochwertige Wolle. Als er sich die volle Aufmerksamkeit des Scheichs gesichert hatte, teilte er die Wolle, sodass unter dem Grau das Weiß zum Vorschein kam. Die gleichmäßigen Wellen der Strähnen waren so dicht, dass man, auch wenn man sie auseinander drückte, die Haut des Schafes kaum sehen konnte.
Der Geschäftsmann Scheich Abdul besaß unter anderem eine große Schaffarm im nördlichen Tafelland im Norden von Tamworth. Obwohl er einen zuverlässigen Geschäftsführer und viele Farmarbeiter beschäftigte, ließ er es sich nicht nehmen, einmal im Jahr Australien zu besuchen, um die Zuchtwidder und Mutterschafe aus Wangianna persönlich auszuwählen. Robert machte sich keine Sorgen um das Geschäft, denn der Scheich war schon seit drei Jahren Stammkunde. Allerdings hatte Robert zum ersten Mal selbst mit dem Araber zu tun, und er wollte sichergehen, dass Scheich Abdul wirklich die besten Zuchttiere erhielt, denn das Geschäft würde eine Stange Geld einbringen und möglicherweise zu lukrativen Folgeaufträgen führen. Robert machte Platz, damit die Araber die Schafe gründlich unter die Lupe nehmen konnten, und ließ Stewart auf seinen Schultern hüpfen. Als Stewart mit Roberts dichtem kastanienbraunem Haar herumzuspielen begann, zog dieser die winzigen Fingerchen seines Sohnes über seine Augen, und sie spielten eine Weile Kuckuck. Doch schließlich wurde Stewart quengelig. George, der Roberts Blick auffing, nickte ihm zu, und Robert ging mit seinem Sohn nach draußen. Es war ein langer anstrengender Tag gewesen, und er freute sich über die kurze Pause.
Während er zusah, wie der kleine Junge auf unsicheren Beinchen herumtrippelte, konnte er es kaum fassen, wie es möglich war, dass ein so winziger Mensch ihn derart glücklich machte. Inzwischen war Stewart fast achtzehn Monate alt und konnte seit drei Monaten laufen. Äußerlich war er nach Katie geraten und hatte hellblondes Haar und gelbe Katzenaugen, die staunend die Welt betrachteten und bis auf einige Lausbubenstreiche nichts Böses kannten. Wie sehr unterschied sich ihr unschuldiger und liebevoller Blick von dem tückischen und gerissenen Ausdruck, den Robert manchmal bei Katie bemerkte! Der kleine Junge und Wangianna waren sein Leben. Denn er mussste sich eingestehen, dass sich seine Ehe mit Katie zu einer Katastrophe entwickelt hatte.
Nach der Hochzeit hatten George und Elizabeth das Haus umgeräumt und den jungen Leuten den Ostflügel überlassen. So hatten sie ihr eigenes Reich und außerdem genug Platz für Stewart und sein Kindermädchen. Es bedeutete auch, dass sie ihre Mahlzeiten nicht unbedingt mit dem Rest der Familie einnehmen mussten, was sie jedoch meistens taten.
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