Weites Land der Träume
schlenderten über die großen leicht abschüssigen Wiesen, die hinter den Colleges verliefen und am Fluss endeten. Im sanften Abendlicht waren noch die Beete mit den bunten Frühlingsblumen zu erkennen. »Wir müssen unseren schlechten Einstand wieder gutmachen. Adrian, alter Freund, was hältst du davon, diese beiden Schönheiten zum Abendessen ins Tickell Arms in Whittlesford einzuladen?«
»Prima Idee, alter Junge«, erwiderte Adrian, nun eindeutig beschwipst.
»Dann wartet hier, während ich uns einen fahrbaren Untersatz besorge«, befahl Teddy und hastete die Straße entlang.
»Ist es weit?«, erkundigte sich Alice, dachte an die Fahrräder der Studenten, die in langen Reihen vor dem prachtvollen Torbogen zum King’s College standen, und fragte sich, ob sie noch nüchtern genug zum Radfahren war. Erleichtert atmete sie auf, als hinter ihnen eine Hupe ertönte und Teddy in einem leuchtend roten Austin-Healy-Sportwagen mit offenem Verdeck vorfuhr.
Er sprang hinaus und hielt Alice die Beifahrertür auf. »Steig ein. Whittlesford ist nur ein paar Kilometer von Cambridge entfernt. Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es, bevor sie schließen.« Nachdem Harry und Adrian sich hinten auf den Notsitz gezwängt hatten, fuhren sie einen knappen Kilometer weiter, um Adrians grünen MGB zu holen.
»Probiert das Rindfleisch auf Burgunderart«, rief Adrian, als Harry wohlbehalten in seinem Auto saß und sich die vier in Kolonne auf den Weg gemacht hatten. Die Mädchen mussten ihre Haare festhalten, damit sie ihnen nicht in die Augen geweht wurden, während die Wagen dahinrasten. Das Tickell Arms erfüllte alle Erwartungen, und die beiden Paare saßen nach dem Essen gemütlich bei Kaffee und Pfefferminzplätzchen beisammen, bis sie die letzten Gäste im Restaurant waren. Schließlich brachen sie widerwillig auf und fuhren gemeinsam zurück nach Cambridge. Am Stadtrand angekommen, hupte Adrian, und Harry winkte. Dann beschleunigte das kleine grüne Auto, bog nach rechts ab und verschwand. Alice und Teddy blieben allein zurück.
»Es war ein wunderschöner Abend«, meinte Alice auf der Fahrt zu Harry und ihrer Unterkunft.
»Gut, dass du das nach so einem unglücklichen Auftakt noch sagen kannst«, antwortete Teddy und lächelte Alice zu. »Ich fand es auch wunderschön.« Alice seufzte, als der Wagen anhielt und Teddy ausstieg, um sie zur Tür zu begleiten.
»Es ist eine komische Vorstellung, dass all das in zwei Monaten nur noch ein Traum sein wird. Ich bin dann wieder am anderen Ende der Welt.« Sie blickte zu Teddy auf.
»Ich wünschte, wir hätten uns schon vor zwei Jahren kennen gelernt«, erwiderte Teddy. Dann beugte er sich vor und streifte ihre Wange mit seinen Lippen. Ein Schauder durchlief Alice, als sie sich plötzlich wieder unter dem alten Eukalyptusbaum sah und die Berührung von Roberts Lippen spürte. Sie unterdrückte die Tränen, die ihr plötzlich in die Augen schossen, und wich rasch zurück.
»Gute Nacht, Teddy«, sagte sie schüchtern und war froh, dass es so dunkel war. »Und noch einmal vielen Dank für den wundervollen Abend.« Als sie ins Haus ging, schalt sie sich, weil sie Robert immer noch liebte. Der Gedanke, dass sie vielleicht nie wieder einen anderen Mann würde lieben können, erfüllte sie mit Trauer. Und dennoch hatte sie Teddys Kuss genossen. Alice klammerte sich an diese Hoffnung.
Alice war kaum eine Woche zurück in London, als Teddy sie anrief und sie zum Maiball des Trinity College einlud. Sie sagte zu, nicht zuletzt dank des Drängens einer begeisterten Harry. »Wir gehen zusammen«, beschloss sie, und dann zogen die beiden Mädchen los zum Kleiderkaufen.
Die Maibälle der Colleges fanden jedes Jahr in den ersten beiden Juniwochen statt und waren in Cambridge ein gesellschaftliches Ereignis. Nach dem Druck der Abschlussexamen und den anstrengenden Ruderwettbewerben bedeuteten sie für viele die letzte Gelegenheit, sich noch einmal richtig auszutoben. Die Bälle dauerten die ganze Nacht und endeten erst bei Morgengrauen. Im Haupthof und auf dem gesamten Collegegelände wurden riesige Zelte und Tanzböden aus Holz aufgebaut. Bunte Lampions schmückten die makellosen Rasenflächen, und die beeindruckenden Collegegebäude aus dem sechzehnten Jahrhundert wurden von Scheinwerfern angestrahlt. In jedem Zelt spielten Orchester alle möglichen Musikrichtungen von Standard bis Rock’n’Roll. Die Damen trugen Abendkleider, die Herren Frack und Fliege.
Es war Tradition, vor dem Ball
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