Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Weites Land der Träume

Titel: Weites Land der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCoullagh Rennie
Vom Netzwerk:
ihn von den Speichen. Anschließend strich er sich das dichte blonde Haar aus der Stirn und richtete sein verbeultes Fahrrad auf. Blicke aus zwei strahlend blauen Augenpaaren trafen aufeinander, als Alice die Hände vors Gesicht schlug und den Fremden entgeistert anstarrte. Er besaß das gute Aussehen eines exzentrischen Landedelmannes, ein Eindruck der durch die kleinen Fältchen um seine Augen, die auffällige rote Weste aus Wildleder, das offene Hemd, die Reithose aus Twill und eine marineblau und rostrot gestreifte Krawatte noch verstärkt wurde.
    Alice schätzte ihn auf etwa achtundzwanzig.
    »Wir sind übers Wochenende hier«, erklärte Harry und nahm Alice am Arm. »Känga, das ist Teddy. Richtig heißt er Edward Turlington, aber wir nennen ihn Teddy. Teddy, das ist Känga, meine australische Freundin. Das war ja eine schöne Begrüßung für eine alte Bekannte. Warum hast du es eigentlich so eilig?«
    Teddy betastete die Beule an seinem Hinterkopf und rückte Krawatte und Weste zurecht. »Hallo, wie geht’s? Tut mir schrecklich Leid, dass ich dich fast über den Haufen gefahren hätte.« Er schüttelte Alice die Hand und lachte auf, um seine Verlegenheit zu verbergen. »Und der Trottel hinter dir ist Adrian Slade.« Es kostete Alice einige Mühe, ihren Blick von seinem Gesicht zu wenden, und sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg, als sie seinen Freund begrüßte. Rasch sah Teddy auf die Uhr und blickte dann Alice und Harry an. »Das ist mir entsetzlich peinlich. Der Dekan erwartet uns in seinem Haus zu einem Doktorandengespräch. Das hat vor fünf Minuten angefangen, und wir wollten eigentlich auf keinen Fall zu spät kommen. Können wir uns nicht nachher treffen?«
    »Um wie viel Uhr? Ich habe Alice eine Kneipentour durch Cambridge versprochen, bevor sie England verlässt.«
    »Ausgezeichnet. Dann sehen wir uns um viertel vor acht im Mill. So haben wir genug Zeit, unsere Aufwartung zu machen und uns vor dem Abendessen unauffällig zu verdrücken. Du kennst dich doch hier aus, Harry?« Harry nickte. »Tut mir wirklich sehr Leid, dass wir euch so erschreckt haben.« Teddy hauchte Alice einen Handkuss auf. »Das war keine sehr gute Art, um sich bekannt zu machen.« Alice errötete noch heftiger.
    »Ist er nicht göttlich?«, seufzte Harry, als die drei Männer verschwunden waren. Teddy musste sein Rad schieben, denn die vordere Felge war so verbogen, dass er nicht mehr darauf fahren konnte. »Wenn ich mein Herz nicht schon an Roody verschenkt hätte, könnte ich mich unsterblich in Teddy verlieben.«
    Um fünf vor acht traf der ehrenwehrte Edward Turlington im Mill am Ufer des Flusses Cam ein, durchquerte das Lokal und trat in den Garten hinaus. Da es ein milder Abend war, hatten sich die beiden Mädchen vor dem Gedränge im Raum nach draußen geflüchtet, tranken am Ufer Radler und beobachteten die Boote, die an der Silver-Street-Brücke vor Anker lagen und immer wieder gegeneinander stießen.
    »Du kannst unmöglich abreisen, ohne die Kneipen von Cambridge kennen gelernt zu haben, Känga«, erklärte Teddy und stellte sein Bierglas auf den Tisch. Dann streckte er sich und sah auf die Uhr. »Adrian sollte sich besser beeilen. Wir haben schon eine gute Stunde Trinkzeit verschwendet.« Wieder musterten seine blauen Augen Alice, und sie spürte, wie ihre Wangen glühten, während sie sich fragte, was dieser schräge Vogel sich wohl als Nächstes würde einfallen lassen. Als Adrian kurz darauf eintraf, brachen die vier zu der versprochenen Kneipentour auf. Auf dem Weg von Lokal zu Lokal erfuhr Alice, dass Teddy am Trinity College promovierte, seine Doktorarbeit in alter Geschichte schrieb und aus Stow on the Wold in Gloucestershire, unweit von Harrys Elternhaus, stammte. Seine größte Leidenschaft galt der Geschichte der Türkei und der alten Seidenstraße. Erstaunt stellte Alice fest, dass er ein angenehmer Gesprächspartner war. Seine ruhige Art empfand sie als anziehend, und er schien aufrichtig interessiert, als sie ihm ihre Arbeitsstelle in London schilderte.
    »Also liebst du Tiere. Reitest du eigentlich?«, erkundigte sich Teddy, als sie aus dem vierten Pub kamen. Mittlerweile war es schon nach neun, und Alice fühlte sich ein wenig aufgekratzt, denn sie hatte inzwischen einige Radler getrunken, ohne etwas zu essen. Doch als er von Pferden sprach, wurde sie jäh in die Wirklichkeit zurückgeholt. Teddy bemerkte, dass Alice sich plötzlich in sich zurückzog, und wechselte rasch das Thema. Sie

Weitere Kostenlose Bücher