Weites Land der Träume
überwältigt wurde, wie sie sie nie zuvor erlebt hatte. Danach lagen sie ruhig und entspannt da, Mann und Frau, vereint durch ein Band, das für sie beide völlig neu und unbeschreiblich kostbar war.
Alice schwelgte in diesem Gefühl und bemerkte schließlich, dass Teddy, halb auf ihr liegend, eingeschlafen war. Sie starrte in die Dunkelheit, eine Hand ruhte leicht auf seiner Schulter, und sie spürte, wie sein Körper sich beim Atmen bewegte. Alice wusste, dass sie keinen Schlaf finden würde. Teddy liebte sie und bei ihm zu liegen hatte etwas in ihr angerührt. Und dennoch hatte es sie nicht so erfüllt wie der Geruch von Roberts feuchtem Haar an ihrem Mund oder die Berührung seiner Finger, als sie zusammen im Kanal herumgetollt waren. Obwohl sie an jenem verhängnisvollen Tag nicht bis zum Letzten gegangen waren, glaubte Alice, dass sie sich ihm hingegeben hätte. Vorsichtig drehte sie sich um und starrte hinaus in die Wolken, die über den Mond glitten. Sie war mit Teddy verheiratet und musste diese Gefühle für immer vergessen. Wie sonst sollte ihre Ehe eine Chance haben? Das leise Rauschen der Blätter vor ihrem Schlafzimmerfenster war das Letzte, was sie hörte, bevor sie einschlief.
Die Hochzeitsreise dauerte zwei wundervolle Wochen. Teddy überraschte Alice mit einer Fahrt zuerst nach Südfrankreich und anschließend nach Spanien, wo sie in der Luxusvilla von Graf Pablo und Gräfin Catalina Brandini in den Hügeln unweit von Barcelona wohnten. Sie tranken spanischen heißen Kakao, tunkten Churros hinein – langes, dünnes, frittiertes Schmalzgebäck, mit dem man die Schokolade so gut aus der Tasse bekam wie mit einem Löffel –, unternahmen Ausflüge in die frische klare Bergluft und bewunderten die Pferde in den Ställen der Brandinis.
Als Alice eines Morgens aufwachte, schlenderte sie zum Fenster, schaute hinunter und sah, wie Teddy in dem streng gestalteten Rosengarten mit Gräfin Catalina plauderte, während diese die hübschesten Blüten abpflückte. Bei dem Gedanken, dass sie einen so sanften Mann gefunden hatte, der sie liebte und so wenig dafür verlangte, spielte ein Lächeln um Alices Lippen. Teddy, der ihren Blick spürte, drehte sich um und winkte ihr zu. Alice winkte zurück, beobachtete die beiden noch eine Weile und ging dann, um sich anzuziehen. Wenn sie jedoch das Gespräch hätte mithören können, sie wäre längst nicht so glücklich gewesen.
»Du weißt, dass sich meine Gefühle für dich nicht geändert haben«, sagte Teddy, ohne die Gräfin anzusehen. »Wir müssen die Sache nur für eine Weile ruhen lassen. Aber wenn du wieder in London bist, werden wir einen Weg finden, um unsere …« Er zögerte. »Unsere Freundschaft wieder zu beleben.« Die Gräfin nickte und pflückte eine weitere tiefrote und betörend duftende Blüte, die sich gerade geöffnet hatte. Vorsichtig kürzte sie den Stiel und steckte sie Teddy ins Knopfloch.
»Du weißt, dass ich dir und Alice alles Glück der Welt wünsche«, meinte sie in akzentfreiem Englisch, und ihre warme Hand ruhte kurz auf seiner Brust. »Aber ich glaube nicht, dass ich bis London warten möchte.« Mit einem tiefen Seufzer schürzte sie verführerisch die Lippen. In ihren schwarzen Augen, die aus einem glatten olivfarbenen Gesicht leuchteten, funkelte Begierde.
»Das wirst du aber müssen, mein kleines Vögelchen. Ich bin jetzt nämlich ein verheirateter Mann«, erwiderte Teddy mit schalkhaftem Blick. Er betete Alice an und hatte nicht vor, seine Ehe zu gefährden. Dennoch fragte er sich auf dem Rückweg zum Haus, warum ihn die Ehefrauen anderer Männer so magisch anzogen.
»Wenn du mich zu lange warten lässt, könnte dein Vögelchen ausgeflogen sein«, entgegnete die Gräfin und liebkoste ihn mit Blicken. Dann reichte sie ihm den Korb voller Rosen. »Die sind für deine Alice.«
Kapitel neunzehn
Erst nach einem halben Jahr Ehe bemerkte Alice allmählich, dass Teddy sich veränderte. Inzwischen gehörte er dem Lehrkörper seines Instituts an, und sie wusste, dass er deswegen ein wenig nervös war. Doch es steckte offenbar mehr dahinter, denn sie stritten sich wegen jeder Kleinigkeit.
Nach den Flitterwochen kauften sie ein reizendes halb aus Holz bestehendes und mit Stroh gedecktes Häuschen namens Mill House, nur wenige Autominuten von Cambridge entfernt. Der Garten war verwildert, das Bächlein, das eigentlich fröhlich hätte plätschern sollen, war von Unkraut überwuchert, und die Tore des kleinen Stauwehrs waren
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