Weites Land der Träume
das alte Sprichwort über wahre Liebe und verschlungene Pfade«, meinte er leise. »Vielleicht ist der Zeitpunkt gekommen, dass unsere Wege sich trennen, mein Kind. Der Himmel allein weiß, wie ich ohne Sie zurechtkommen oder je Ersatz für Sie finden soll, doch es ist kein guter Anfang für eine Ehe, sich über die Forschungsarbeit eines alten Mannes zu streiten. Gehen Sie nach Hause zu Ihrem Mann, bekommen Sie eine Schar Kinder und werden Sie glücklich.«
Alices Augen füllten sich mit Tränen. »Aber ich will die Arbeit bei Ihnen nicht aufgeben«, schluchzte sie. Sie fühlte sich, als säße sie Onkel Ray gegenüber, der ihr predigte, eine Frau gehöre nun einmal in die Küche. Das hatte sie damals schon nicht einsehen wollten, und sie lehnte es auch heute noch ab.
»Wollen Sie wirklich Ihre Ehe wegen meiner Arbeit aufs Spiel setzen?«, fuhr der Professor fort, der Alices trotzig vorgerecktes Kinn bemerkt hatte.
»Wenn er mich lieben würde, würde er mich nicht zu dieser Entscheidung zwingen. Außerdem schaffen Sie es ohne mich sowieso nicht«, fügte sie triumphierend hinzu.
»Da haben Sie Recht, aber Sie brauchen mich nicht«, brummte der Professor, um seine Gefühle zu verbergen.
Nach einer Weile beruhigte sich Alice. Teddy hatte ihr zwar kein Ultimatum gestellt, aber sie liebte ihn und wünschte sich eine Familie. Offenbar war der Rest der Welt sich einig, dass es das Beste für sie war, ihren Beruf aufzugeben. Sie seufzte tief auf und putzte sich die Nase.
»Sie haben mir sehr viel beigebracht und sind so verständnisvoll. Ich werde Sie und Rosie wirklich vermissen.«
»Ja, ja, mein liebes Kind«, unterbrach der Professor und tätschelte ihr die Schulter. Dann stand er auf und nickte. »Wir beenden die letzte Testreihe. Anschließend können Sie einen früheren Zug nehmen und Ihrem Mann sagen, dass Sie Ende der Woche bei mir aufhören.« Er fuhr sich mit der Hand durch den dichten weißen Lockenschopf. »Und falls Sie je zurückkommen wollen, wird hier immer eine Stelle für Sie frei sein.« Er errötete heftig, als Alice aufsprang und ihm – sehr zur Belustigung der übrigen Laborassistentinnen, die gerade Pause machten – um den Hals fiel.
»Ich hoffe nur, dass Teddy genug Verstand besitzt, um zu erkennen, was für ein Goldstück er geheiratet hat«, sagte der Professor, als Alice sich am frühen Abend von ihm verabschiedete. Zu Hause angekommen, stieg sie aus dem Taxi und ging langsam auf das Haus zu, während sie überlegte, wie sie Teddy die Neuigkeit mitteilen sollte. Ruckartig blieb sie stehen, als sie bemerkte, dass der leuchtend rote Austin Healey nicht an seinem angestammten Platz stand. Sie eilte hinein und las den Zettel, der in der Küche lag.
»Bin übers Wochenende bei Adrian und Monica.« Sie knüllte den Brief zusammen und schleuderte ihn durch den Raum. Dann ließ sie sich auf einen Stuhl sinken und brach in Tränen aus. Nach drei Tassen Tee und einer halben Packung Schokoladenkekse machte sie sich schließlich daran, den Garten in Angriff zu nehmen. Um zehn Uhr lag sie in der lauwarmen Badewanne und versuchte, nicht an das leere Bett zu denken, das sie erwartete, als plötzlich die Tür aufging und Teddy hereinkam.
»Ich konnte es einfach nicht«, verkündete er, bückte sich und zog den Stöpsel der Badewanne. »Ich habe den Gedanken nicht ertragen, eine Nacht bei Adrian zu verschwenden, in der ich auch leidenschaftlich über meine Frau herfallen könnte.« Mit diesen Worten hob er Alice aus der Wanne, trug sie tropfnass ins Schlafzimmer, warf sie aufs Bett und begann, sich auszuziehen. Alice wusste nicht, ob sie lachen oder wütend sein sollte, doch als sie sich in dieser Nacht liebten, war es so schön wie noch nie seit ihrer Hochzeit.
Sobald Alice ihren Beruf aufgegeben hatte, legte sich Teddys Launenhaftigkeit, und er zeigte sich wieder von seiner freundlicheren Seite, während Alice Bauarbeiter, Maler und Installateure herbeorderte, um das Haus fertig zu renovieren. Es gab nur eine Kleinigkeit, die ihr Glück trübte. Eines Tages, als Teddy spät von einem Arbeitstreffen mit einem Kollegen in Oxford zurückkehrte, nahm Alice einen Hauch von Parfüm an seinem Hemd wahr. Der Duft war so zart und mischte sich außerdem mit dem Geruch nach Zigarettenrauch, dass Alice sich zunächst fragte, ob sie es sich nur eingebildet hatte. Doch eigentlich war sie sicher, und es handelte sich eindeutig nicht um ihre Marke. Allerdings sagte sie sich in ihrer Hochstimmung – denn
Weitere Kostenlose Bücher