Weites Land der Träume
beschäftigte. Roberts Rücken schmerzte, seine Augen und seine Haut waren trocken und juckten, und seine Kehle war rau wie Sandpapier.
»Das war das Letzte von diesen Mistviechern«, meinte er, nahm den breitkrempigen Hut ab, um sich an der Stirn zu kratzen, und nickte den drahtigen jungen Schäfern zu. »Machen wir Schluss für heute, Jungs!« Nachdem er den Hut wieder aufgesetzt hatte, rief er seine Hunde und klopfte Melon auf die Schulter. »Ich muss mit Ihnen reden. Kommen Sie mit zum neuen Haus, dann trinken wir einen.«
»Klingt gut, Boss«, erwiderte Melon und ließ beim Grinsen weiße Zähne aufblitzen.
Die beiden Hunde sprangen hinten auf den Laster; die Männer stiegen vorne ein und fuhren zu Roberts und Katies Haus. Robert und Katie waren vor einigen Wochen umgezogen, und im Haus roch es noch nach frischer Farbe. Katie und Stewart waren nirgendwo zu sehen. Robert nahm zwei Flaschen kaltes Bier aus dem Kühlschrank und reichte eine davon Melon. Dann stillten die zwei Männer auf der Veranda ihren Durst, wo sie in der abendlichen windstillen Hitze saßen, zusahen, wie die Sonne als rotorangefarbenes Feuerwerk am Horizont unterging, und dabei die anstehenden Aufgaben besprachen. Als sich der Himmel golden verfärbte und sich Dunkelheit über die Koppeln senkte, stand Melon auf.
»Ich gehe besser, bevor ich noch Ärger mit meiner besseren Hälfte kriege«, sagte er lachend.
Robert nickte und blickte dem Aborigine lächelnd nach. Mit Melon hatte er großes Glück gehabt, denn er war eher wie ein Onkel als wie ein Mitarbeiter. Er gehörte zur Farm, seit Robert denken konnte, und hatte ihm fast alles über das Land und die Landwirtschaft beigebracht. Außerdem beaufsichtigte er die übrigen Schäfer mit einer Mischung aus Nachsicht und Strenge, die Robert und sein Vater inzwischen für selbstverständlich nahmen.
Robert öffnete eine zweite Bierflasche und ließ seine Gedanken schweifen. Die Arbeit war zwar sehr anstrengend, aber erfolgreich gewesen. Im Großen und Ganzen hatte er es im Leben wirklich gut getroffen. Die Farm warf ordentliche Erträge ab. Seine Männer waren fleißig. Stewart, sein Stolz und seine Freude, überhäufte ihn ständig mit Fragen und wollte alles über Schafe wissen. Robert schmunzelte in die Dunkelheit hinein. Der Junge entwickelte sich wirklich prächtig. Vielleicht würde er eines Tages ja einen kleinen Bruder oder ein Schwesterchen bekommen, die den Familienstammbaum der McIains fortsetzten. Selbst Katie war viel fröhlicher, seit sie wusste, dass Alice ihren Urlaub abgesagt hatte. Stirnrunzelnd trank er noch einen Schluck Bier. Mein Gott, war er erledigt. Er machte es sich in seinem Sessel bequem.
Die Aufregung, die ihn ergriffen hatte, als er von Alices bevorstehendem Besuch erfuhr, hatte ihn selbst erschreckt. Doch trotz seiner Begeisterung hatte er sich auch davor gefürchtet, denn ihm graute vor der höflichen Gleichgültigkeit, die sie ihm vermutlich entgegenbrachte, wenn sie ihm als Alice Turlington gegenübertrat. Dennoch sehnte sich ein Teil von ihm danach, sich an ihrem Anblick zu weiden, obwohl das vermutlich nur den letzten Funken Hoffnung in ihm zerstören würde, dass ihre Liebe auf wundersame Weise die Jahre überstanden haben könnte. Seine Ehe mit Katie bestand inzwischen nur noch auf dem Papier. Wenn sie, was allerdings sehr selten geschah, miteinander ins Bett gingen, geschah das eher aus Gewohnheit und löste verwirrende Gefühle in ihm aus. Immer wieder ließ er sich durch Katies scheinbares Interesse dazu verleiten und kam sich anschließend nur um so leerer und einsamer vor, so als sei er für sie nur eine Last, die eben erduldet werden musste. Wenn Stewart nicht gewesen wäre, dachte er, als er einnickte, hätte er Katie schon vor Jahren verlassen.
Als Robert erschrocken hochfuhr, war sein Mund trocken, und er schwitzte. Fluchend sah er auf die Uhr. Das Abendessen war schon seit Stunden vorbei, und dabei hatte er seiner Mutter versprochen, zu kommen, denn Ian war aus Karri Karri, ihrer Farm in Westaustralien, zurück. Robert hastete ins Haus, duschte rasch und fuhr zum Haupthaus. Als er sich in die Küche schlich, ertappte er Stewart dabei, wie er Puddingreste aus einer Schüssel leckte.
»Oma ist sauer auf dich, und sie reden die ganze Zeit nur über Baumwolle. Müssen wir die Schafe abschaffen, wenn wir Baumwolle pflanzen, Dad?«, fragte Stewart und schleckte sich die Finger ab.
»Wir bleiben bei unseren Schafen, Stewwy, und du nimmst besser die
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