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Weites Land der Träume

Titel: Weites Land der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCoullagh Rennie
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hatte.
    »Er schlägt sich sehr wacker«, sagte Bea stolz und nickte ihrem Sohn zu. »Im letzten Jahr hat er den Wettbewerb im Scheren gewonnen. Er hat alle besiegt, sogar die Profis. Sein Vater konnte es kaum fassen. Zweihundertunddrei Schafe an einem Tag hat er geschafft.«
    Beim Tee wurde geplaudert und erzählt, was in der Familie und im Bezirk in letzter Zeit geschehen war. Paddy arbeitete inzwischen in Queensland, während Billy ins Ausland gegangen war. Dan hatte geheiratet, Don hatte eine feste Freundin. Katie kam vorbei, wenn es sich ergab, doch sie hatte in Wangianna alle Hände voll zu tun. Bea beschränkte sich absichtlich auf die guten Nachrichten. Nachdem alles aufgegessen und der Tisch abgeräumt war, ging Ray mit Vicky los, um ihr ein zahmes Opossum zu zeigen. Bea wandte sich zu Alice.
    »Kommst du zurecht, mein Kind? Hast du auch genug Geld?«
    »Ach, Bea, du denkst immer an alles«, erwiderte Alice lächelnd. Sie rückte Ben, der schon wieder unruhig wurde, auf ihrem Schoß zurecht. Es war eine lange Reise gewesen, und der Wechsel von Temperaturen um den Gefrierpunkt zu fünfunddreißig Grad Hitze war zwar willkommen, machte aber müde. Plötzlich fühlte Alice sich unglaublich schläfrig. Sie hörte, dass Vicky immer überdrehter wurde. Jeden Moment war mit Tränen zu rechnen. Marigold, die wusste, unter welchem Druck Alice seit einigen Wochen stand, und außerdem aufgeregt war, das erste Mal in Australien zu sein, erbot sich, die Kinder ins Bett zu bringen.
    »Ich schaffe das schon«, antwortete Alice kopfschüttelnd.
    »Du bleibst jetzt sitzen, Kind. Marigold und ich erledigen das«, sagte Bea mit Nachdruck.
    Alice lächelte dankbar. »Ich gebe ihnen später einen Gutenachtkuss, Tante Bea.«
    »Komm, kleiner Mann«, meinte Bea, nahm Ben auf den Arm und steuerte auf das Badezimmer zu. Die dunklen Ringe unter Alices Augen gefielen ihr gar nicht. Und das plötzliche Ende ihrer Ehe hate sie fast ebenso erschreckt wie Alice selbst.
    Nachdem die Gutenachtküsse verteilt waren und die Kinder im Bett lagen, setzten sich Bea und Alice auf die Veranda. Marigold hatte beschlossen, sich schlafen zu legen, während Ray es sich in einer anderen Ecke der Veranda gemütlich gemacht hatte. Der beißende Geruch seiner Tabakspfeife wehte durch die heiße Abendluft und weckte Erinnerungen in Alice, als sie den Geräuschen des Busches und dem Zirpen der Zikaden lauschte. Es war so schön, wieder hier zu sein.
    »Möchtest du mir nicht erzählen, was los ist?«, begann Bea nach einer Weile leise.
    Alice stand auf, ging zum frisch gestrichenen Geländer der Veranda, fuhr mit dem Finger darüber und blickte über die Landschaft, die sie so verzweifelt vermisst hatte. Ihr stocksteifer Rücken war ein Hinweis auf die innere Anspannung, die sie zu verbergen versuchte. So lange blieb sie reglos stehen, bis Bea schon glaubte, sie habe die Frage vergessen. Als sie sich umdrehte, funkelten Tränen in ihren Augen.
    »Ich habe alles versucht«, flüsterte sie. Dann sprudelte sie mit hängenden Schultern die schreckliche Verkettung von Ereignissen hervor, die zum Scheitern ihrer Ehe geführt hatte.
    Als sie fertig war, drückte Bea sie fest an sich. Sie wünschte, sie hätte mehr tun können, um ihren Schmerz zu lindern. »Du hast dir nichts vorzuwerfen. Und außerdem hast du zwei wunderschöne Kinder.«
    Zornig wischte Alice sich die Tränen ab. »So etwas kommt nie wieder vor, Tante Bea. Dafür werde ich sorgen«, meinte sie entschlossen, und in ihren Augen zeigte sich wieder ein Anflug des kämpferischen Leuchtens, das Bea so gut kannte.
    Bea schmunzelte. »Ich glaube, ich setze mal den Kessel auf. Dann trinken wir ein schönes Tässchen Tee.«
    Ein Lächeln breitete sich auf Alices müdem Gesicht aus. »Diesen Satz habe ich schon so lange nicht gehört. Ich habe dich so vermisst, Tante Bea. Ihr alle habt mir so gefehlt.«
    »Am meisten wundert mich, wie du es geschafft hast, die Kinder mitzubringen«, meinte Tante Bea, die mit dem Tee und Obstkuchen zurückkam. »Wie um alles in der Welt hast du das hingekriegt? Teddy war wohl nicht das Problem, aber wie hast du Lady Turlington überzeugt? Ich hätte es nie zugelassen, dass meine Enkelkinder ans andere Ende der Welt übersiedeln.«
    Alice lachte bitter auf. »Natürlich hat sie versucht, es zu verhindern, aber du hast sie ja kennen gelernt und weißt, wie sie ist. Ihre Pferde interessieren sie mehr als ihre Enkel. Als ihr klar wurde, dass sie sie in diesem Fall nicht nur bei

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