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Weites Land der Träume

Titel: Weites Land der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCoullagh Rennie
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möge sich beeilen. Nachdem sie eine Fliege aus ihrem Gesicht verscheucht hatte, vergewisserte sie sich, dass der Hilfsarbeiter die trächtigen Schafe auch getränkt und gefüttert hatte.
    Der Tierarzt erschien früher, als Alice erwartet hatte. Während sie ihm alles berichtete, brach sie beinahe in Tränen aus. Der Tierarzt, der Alices Hartnäckigkeit bewunderte, tröstete sie, so gut er konnte. Situationen wie diese waren weder für den Besitzer noch für den Tierarzt ein Kinderspiel.
    »So. Die wären wieder in Ordnung«, stellte der Tierarzt fest und verpackte sorgfältig seine Gerätschaften, nachdem er die Widder untersucht hatte.
    »Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, wie ich jetzt weitermachen soll«, gab Alice zu. Sie erklärte ihm, sie habe einen Teil des Erlöses aus dem Verkauf der Widder für einen neuen Stall verwenden wollen. Das Geld vom Verkauf ihres Schmucks war längst aufgebraucht, und sie besaß einfach nicht mehr die Mittel, um die verlorenen Widder zu ersetzen und einen Stall zu bauen. Außerdem konnte sich so eine Tragödie jederzeit wiederholen. Allmählich fragte sie sich, warum sie sich das alles überhaupt antat.
    »Wissen Sie, was ich Ihnen raten würde? Und zwar frei von der Leber weg und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen?«, meinte der Tierarzt.
    »Ich höre«, erwiderte Alice.
    »Vergessen Sie den Stall für den Moment und denken Sie nicht mehr an das, was passiert ist. Stattdessen sollten Sie losfahren und sich neue Widder kaufen, und zwar die besten und so viele, wie Sie kriegen können. Und das so schnell wie möglich. Verschulden Sie sich bis über beide Ohren. Überschreiben Sie Ihre Seele noch ein paar Jahre länger der Bank und setzen Sie Ihren Plan für die künstliche Besamung so rasch wie möglich in die Tat um.« Der Tierarzt klappte seine Tasche zu und schickte sich zum Gehen an. »Was war zuerst da, die Henne oder das Ei? Ich habe Ihre Idee mit ein paar Farmern erörtert. Sie waren zwar skeptisch, aber eindeutig interessiert. Wenn das, was Sie mir erzählt haben, klappt – und davon haben Sie mich mehr oder weniger überzeugt –, werden Sie in zehn Jahren über diese Probleme lachen, sofern Sie sich wirklich für Ihre Sache einsetzen. Ich bewundere Ihren Mut. Ich kenne nicht viele Frauen, die so etwas wegstecken könnten.«
    Genau diese Aufmunterung hatte Alice gebraucht. Als sie ihm nachwinkte, dankte sie dem Himmel dafür, ihn als Freund zu haben. In letzter Zeit hatte sie sich beinahe entmutigen lassen, denn sie hatte erfahren, dass viele Leute mit ihren Versuchen, sich in eine Männerwelt hineinzudrängen, ganz und gar nicht einverstanden waren. Fraser hatte sie bereits gewarnt, dass bei der heutigen Auktion einige ihrer Gegner anwesend sein könnten. Und dann gab es da noch die, die die MerryMaid-Farm einfach nur für einen schlechten Scherz hielten.
    »Solange sie es mir nicht ins Gesicht sagen, ist es mir egal«, hatte Alice tapfer erwidert, aber insgeheim war sie doch beunruhigt. Außerdem wusste sie sehr wohl, dass sie ihre Einladung zu der Auktion nur Frasers Ansehen in der Gemeinde und nicht ihren eigenen Verdiensten zu verdanken hatte. Eines Tages würde das anders sein, schwur sie sich. Der grausame Tod ihrer Widder war ihr sehr nah gegangen, und als sie auf der Farm eintraf, wo die Auktion stattfinden sollte, war sie ziemlich nervös. Sie parkte den Geländewagen neben einem nagelneuen Landrover und eilte zu den Pferchen hinüber, wo es bereits hoch herging.
    Die Auktion war zwar privat, aber auf die Initiative einiger Züchter zurückzuführen. Siebzig Widder mit den unterschiedlichsten Eigenschaften standen zum Verkauf und waren in einer langen Reihe von Pferchen, in denen sich jeweils ein bis fünf Tiere befanden, ausgestellt. Man munkelte, dass jedes von ihnen eine Stange Geld einbringen würde. Staub lag in der heißen Luft, die nach Wolle und Schafdung roch, und überall war Geblöke zu hören. Die Männer mit ihren mehr oder weniger verbeulten Hüten, die in ihren Hemden und langen Hosen schwitzten, standen in Grüppchen zusammen, gestikulierten und unterhielten sich angeregt. Einige begutachteten die Widder in den Pferchen und prüften die Dichte des Haarkleids und ihren Körperbau. Alice hatte den Eindruck, dass alle über viel Erfahrung verfügten. Verglichen mit ihnen fühlte sie sich wie ein Grünschnabel. Zwei kleine Kinder saßen in den Zweigen eines nahe gelegenen Baumes und zielten kichernd mit kleinen harten gelben Früchten auf die

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