Weites Land der Träume
dieses Diebes stellen?«
Andrew war in eine der kleinen Hütten auf der Farm gezogen, doch Elizabeth bestand darauf, dass er die Mahlzeiten mit der Familie einnahm, in der Hoffnung, dass er sich so mehr eingebunden fühlen würde. Ian und Jordie freuten sich zwar darüber, doch Robert konnte seine Anwesenheit ebenso wenig ertragen wie seine Arroganz, seine spitzen Bemerkungen und dass er ständig mit Fremdwörtern um sich warf, die er an der Universität gelernt hatte. Robert war zu stolz und zu gekränkt darüber, wie sein Vater mit der Familie, die ihn geliebt hatte, umgesprungen war, um sich nun auch noch Katies Genörgel anzuhören. Langsam hob er den Kopf von den Büchern, die seine Mutter ihn am Vorabend zu überprüfen gebeten hatte, und warf seiner Frau einen kühlen Blick zu.
»Wir hatten eine Abmachung, Katie. Ich mische mich nicht in dein Leben ein und du dich nicht in meines. Nun habe ich Wichtigeres zu tun, als mich mit deiner schlechten Laune zu beschäftigen.«
»Aber begreifst du denn nicht, dass wir Wangianna verlieren werden, wenn du nichts unternimmst? Du wirst Wangianna verlieren!«, rief sie verzweifelt aus.
Robert seufzte auf. Den Büchern war zu entnehmen, dass Ian auf Karri Karri, der Farm in Westaustralien, ein heilloses Durcheinander veranstaltet hatte. Er hatte Gelder von Wangianna abgezweigt und enorme Verluste erwirtschaftet. Deshalb fand Robert es wichtiger, dieses Problem zu lösen, als den Vormittag mit einem Streit mit Katie zu vergeuden.
»Das Testament entspricht den gesetzlichen Vorgaben, Katie, und ganz gleich, was du auch von mir erwartest, können weder ich noch meine Mutter etwas dagegen tun.«
»Tja, wenn du dich nicht wehren willst, nehme ich die Sache eben in die Hand. Du kannst doch nicht einfach aufgeben.«
»Niemand redet hier vom Aufgeben. Mein Vater hat Andrew den größten Anteil von Wangianna vermacht, und als sein ältester Sohn ist er für die Führung der Farm verantwortlich. Wenn wir ihn gegen uns aufbringen, weiß nur der Himmel, was dann geschehen könnte. Also bitte ich dich, ausnahmsweise einmal den Mund zu halten.« Robert hatte sein ganzes Verhandlungsgeschick aufwenden müssen, um den anderen die Zustimmung zum Kauf weiterer Widder bei der heutigen Auktion abzuringen. Ihr ständiges Gerede darüber, die Ausgaben dafür zurückzufahren und sogar einen Teil des Landes abzustoßen, ängstigte ihn. Und wenn Katie nun von einem Fettnäpfchen ins nächste trat und für böses Blut sorgte, konnte das katastrophale Folgen für die Zukunft von Wangianna haben.
Katie brach in Tränen aus. »Kannst du denn gar nichts unternehmen?«, schluchzte sie.
»Doch. Ich werde jetzt noch ein paar Widder kaufen, sofern du mich endlich gehen lässt.«
»Red nicht so mit mir.« Katies Schluchzen wurde noch lauter.
»Kopf hoch, es könnte schlimmer sein. Wer sagt denn, dass er durchhält? Vielleicht findet er in ein oder zwei Jahren die Lichter der Großstadt doch interessanter, als sich hier auf der Farm abzuplagen. Momentan bleibt mir nichts weiter übrig, als dafür zu sorgen, dass er Wangianna bis dahin nicht vollständig ruiniert.«
Robert steckte die Geldbörse in die Gesäßtasche seiner Arbeitshose, fuhr sich rasch mit dem Kamm durchs kastanienbraune Haar, griff nach den Autoschlüsseln und verließ das Haus. Katie ließ sich bedrückt auf seinem Stuhl nieder.
Alice sprang aus dem Bett, spritzte sich etwas Wasser ins Gesicht und zog sich rasch an. Sie hatte wieder zugenommen, und dank der körperlichen Arbeit im Freien und ihres neu erwachten Gefühls, dass das Leben wieder einen Sinn hatte, sah die Zukunft rosig aus. Endlich klappte alles wie am Schnürchen. Dank Frasers Rat, nur absolut saubere Wolle anzubieten, hatte sie einen vernünftigen Preis dafür erzielt.
Sogar Ernie O’Keefe, der für die Einteilung der Wolle in Güteklassen verantwortlich war, hatte sich lobend darüber geäußert. Außerdem hatte sie Anfang des Monats einem Bekannten einen Geländewagen für ein Butterbrot abgekauft. Auf der Ladefläche war bereits ein Drahtkäfig angebracht, und das Fahrzeug war zuverlässiger und praktischer als der Kombi. Außerdem bedeutete es, dass Marigold und sie nun endlich zwei Autos zur Verfügung hatten.
Am Freitag war Fraser mit ihnen nach Dubbo ins Kino gefahren, und sie hatte sogar die Energie gehabt, die Küche ein wenig zu dekorieren. Da sie schon immer Spaß am Stroh-flechten gehabt hatte, hatte sie für die Kinder zwei Strohpuppen gebastelt, die
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