Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Weites Land der Träume

Titel: Weites Land der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCoullagh Rennie
Vom Netzwerk:
tränenüberströmtem Gesicht krallte sie sich an ihm fest, weigerte sich ihn loszulassen, und suchte panisch nach einem Weg, ihn zu halten.
    »Wer ist der Vater?«
    »Russell Heaton. Du hast ihn beim Debütantinnenball kennen gelernt. Du darfst mich nicht verlassen, Robbo, das darfst du nicht«, schluchzte sie. »Schwester, Schwester, helfen Sie mir. Er hat den Verstand verloren!«, kreischte sie. Der Arzt und die Schwestern eilten heran und zogen Robert von Katie weg.
    »Aber, aber, Sir. Das wird schon wieder. Sie haben viel durchgemacht. Wir geben Ihnen jetzt etwas zur Beruhigung.«
    Robert riss sich los. Ohne auf seine Übelkeit zu achten, taumelte er vorbei an den Patienten in der Ambulanz, die ihn erstaunt musterten, zurück ins Krankenhaus und den Flur entlang in Stewarts Zimmer. Er musste sich noch einmal selbst vergewissern. Er wollte absolut sicher sein. Stewart schlief friedlich. Seine Stirn war bandagiert, und seine zarten Wangen waren leicht gerötet. Unter der Krankenhausdecke hob und senkte sich seine Brust regelmäßig. Über ihm hing der Blutbeutel mit der Aufschrift, vor der Robert graute. AO RH positiv. So sehr galt seine Aufmerksamkeit dem Beutel, dass er seine Mutter gar nicht bemerkte, die aus einer Zimmerecke auf ihn zutrat.
    »Lassen Sie ihm einen Moment Zeit. Wir schaffen das schon«, sagte sie leise und stellte sich zwischen Robert und die erschrockenen Krankenschwestern. Robert starrte auf das geliebte Kindergesicht. Der Junge bedeutete ihm unbeschreiblich viel. Dieses Kind war seine ganze Welt, und er hatte all seine Hoffnungen und Träume mit ihm verknüpft. Stewart war die nächste Generation der stolzen Wangianna-Dynastie. Und dennoch konnte er unmöglich sein leiblicher Sohn sein. Elizabeth legte Robert die Hand auf die Schulter.
    »Ich weiß«, meinte sie sanft. Robert ließ die Schultern hängen, und er sank wie ein alter Mann auf den Stuhl neben dem Bett. Nachdem er vorsichtig Stewarts kleine Hand umfasst hatte, stützte er den Kopf aufs Bett und weinte lautlos in die Laken.

Kapitel einunddreißig
    Als Robert dem kräftig gebauten Sägewerksbesitzer gegenüberstand, erkannte er an Kiefer und Nase sofort die Ähnlichkeit zwischen Stewart und diesem Fremden. Der Mann war ohne Zweifel Stewarts Vater. Nach Roberts Entlassung aus dem Krankenhaus hatte er drei Wochen gebraucht, um Russell Heaton ausfindig zu machen. Dann hatte er ihn endlich aufgespürt und darauf bestanden, ihn allein aufzusuchen, um sicherzugehen, dass das Gespräch nach seinen Vorstellungen verlaufen würde.
    »Ich war genauso von den Socken wie Sie, als Sie es mir erzählt haben«, meinte Russell. Er zog nachdenklich die Augenbrauen hoch und spielte an seinem Bierglas herum. »Meine Frau und ich haben ausführlich darüber gesprochen und sind uns einig.« Er zögerte. Während Robert abwartete, wurde er von einem schrecklichen Gefühl der Leere ergriffen. »Passen Sie auf. Der Junge ist bei Ihnen aufgewachsen, und für ihn sind Sie sein Dad. Sie lieben ihn, und es gibt keinen Grund, sein Leben auf den Kopf zu stellen. Man kann die Vergangenheit nicht rückgängig machen. Wir haben selbst eine Familie. Stewart soll dort bleiben, wo er glücklich ist.« Robert fühlte sich wie von einer Zentnerlast befreit, und als er Russell anblickte, stand unbeschreibliche Erleichterung in seinem Gesicht. Als er weiter von Stewart erzählte, war sein Stolz nicht zu überhören.
    »Ich liebe den Jungen mehr, als ich es in Worte fassen kann«, schloss er mit belegter Stimme. »Und seit ich weiß, dass sein Vater nur sein Bestes will, ist mir ein gewaltiger Stein vom Herzen gefallen. Ich kann Ihnen nur danken.« Er lächelte steif. Die beiden Männer standen auf.
    »Wahrscheinlich ist es für alle Beteiligten das Sinnvollste, wenn wir dieses Gespräch vergessen. Falls Sie einverstanden sind, werde ich für ihn einfach nur Onkel Russ sein wie für die meisten Kinder in der Gegend. Sie können den Jungen ja mal mitbringen, wenn Sie mich und meine Frau besuchen. Aber geben Sie mir vorher Bescheid. Ansonsten geht es niemanden etwas an. Einverstanden?«
    »Einverstanden«, erwiderte Robert dankbar. Nachdem sie einander die Hand geschüttelt hatten, machte er sich auf den Heimweg. Auf der Fahrt nach Wangianna dachte er darüber nach, was für ein Glück er gehabt hatte. Er selbst hätte sich keinen anständigeren Menschen als Vater für Stewart aussuchen können. Die Begegnung mit ihm hatte seinen Verlust-schmerz ein wenig gestillt, und so

Weitere Kostenlose Bücher