Weites wildes Land
über das Flußbett schweifen und grinste. »Jetzt seid ihr dran!« rief er. »Versucht es doch mal!« Ein tapferer Schwarzer trat vor, legte an, und Zack erschoß ihn. Immer wieder schickte er gut gezielte Schüsse zum anderen Ufer hinüber. Als der Kampf seiner Ansicht nach vorbei war, machte er sich auf die Suche nach Cliff. Gleichzeitig betete er, daß Sibell vernünftig genug gewesen war, weiterzureiten. Als er vorsichtig den Kamm entlangritt, zitterte sein Pferd vor Angst. Zack tätschelte es beruhigend, doch er hielt immer noch sein Gewehr bereit und spitzte die Ohren. Nur selten unternahmen die Aborigines vom Daly River einen Vorstoß über die Grenzen ihres Gebiets hinaus. Sie gehörten zu den gefährlichsten Stämmen im Norden. Erst kürzlich hatten sie den Vorarbeiter und die Mannschaft eines japanischen Perlensuchers niedergemetzelt, die dumm genug gewesen waren, einige schwarze Frauen zu entführen. Außerdem schreckten sie auch nicht davor zurück, Weiße umzubringen, die auf der Suche nach Land, Gold oder Erz ihr Land durchquerten. Vermutlich waren sie inzwischen dahinter gekommen, daß sie mit Speeren nicht viel gegen Gewehre ausrichten konnten. Deswegen auch dieser Versuch, Feuerwaffen in die Hände zu bekommen. Zack beschloß, sofort nach seiner Rückkehr nach Black Wattle einige der Schwarzen, die auf der Farm lebten, zum Wachdienst einzuteilen. Sie sollten die Grenzen des Besitzes abschreiten und die Aborigines vom Daly River vertreiben. Schließlich mußte etwas getan werden, um Leben und Gesundheit der Farmbewohner vor diesen Halunken zu beschützen. Zack war das Hemd näher als die Jacke. Schließlich war er für die Sicherheit der Familie verantwortlich. Von weiteren Schwarzen war nichts zu sehen, aber er hörte ein Pferd wiehern. Sein eigenes Pferd spitzte die Ohren. Zack ließ es frei gehen, und ein ängstlicher Schauer überlief ihn, als er Cliffs Pferd entdeckte. Es stand verstört im Busch; die Zügel hingen locker herunter. Er pfiff leise und wartete auf Cliffs Antwort, und als sich nichts rührte, untersuchte er das Pferd. Seine Flanken waren naß, was darauf hinwies, daß Cliff durch die Lagune geritten sein mußte, die um diese Jahreszeit recht flach war. Also nahm er Cliffs Pferd beim Zügel und schlug die entsprechende Richtung ein. Immer noch auf der Hut, band er die Pferde fest und ging zu Fuß zur Lagune hinunter. Wieder pfiff er, da er vermutete, daß sein Bruder sich hier irgendwo versteckt hielt. Dann fand er die Spuren, die von der Lagune fortführten. Tiefe Spuren, die eines Pferdes… Nur ein Pferd; also waren die Schwarzen nicht so weit gekommen. Cliff mußte ihnen entronnen sein. Erleichtert atmete Zack auf, wandte sich um und ließ seinen Blick über die Lagune schweifen, die an dieser Stelle etwa eine Meile breit sein mußte. Plötzlich entdeckte er etwas, und vor Schreck blieb er wie angewurzelt stehen. Entsetzt rief er nach Cliff, sah sich hilfesuchend um. Das konnte doch nicht sein; seine Augen mußten ihn getäuscht haben! Dann rannte er los, watete, so schnell er konnte, durch das schlammige Wasser auf Cliff zu. Zuerst hielt er es für ein großes Stück Treibholz da draußen auf dem Wasser. Einen nackten, glatten Zweig, der aus dem Meer ragte. Aber es war kein Zweig, sondern ein Speer. Er fand seinen Bruder in der Lagune liegen. Der Speer steckte in seinem Rücken. Er setzte sich neben Cliff ins Wasser, nahm ihn in die Arme und weinte.
* * *
Sibell hatte zu große Angst, um abzusteigen. Inzwischen war sie am Ufer eines großen Flusses angekommen. Welches Flusses? Sie hatte nicht die leiseste Ahnung. Da das Land für sie überall gleich aussah, hatte sie keinerlei Anhaltspunkte. Die Bäume sahen alle gleich aus – Eukalyptus, Akazien, die merkwürdigen, kohlkopfförmigen Palmen –, und der Horizont bildete einen fast vollkommenen Halbkreis, der mit den Baumwipfeln abschloß. Selbst die Ameisenhügel schienen sie zu verspotten; sie standen herum wie gespenstische Grabmäler, die so groß waren, daß sich ein Angreifer hinter ihnen verstecken konnte. Was hatte Cliff gesagt? Man konnte sie wie einen Kompaß benutzen, denn sie zeigten dem Reiter die Richtung von Nord nach Süd. Aber was nützte ihr das jetzt? In welche Richtung sollte sie sich jetzt wenden? Sibell hatte sich verirrt. In ihrer Angst hatte sie ihrem Pferd freien Lauf gelassen, und das Tier war, wie von Furien gejagt, in die Wildnis galoppiert. Und als Merry endlich in einen langsameren
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