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Weites wildes Land

Titel: Weites wildes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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waren, standen wie ockerfarbene Grabsteine überall im Busch herum, und Sibell hörte aufmerksam zu, als Cliff erklärte, man könne sich nach ihnen richten wie nach einem Kompaß. »Sie sind alle gleich«, erzählte er ihr. »Und weisen immer in die gleiche Richtung – von Norden nach Süden. Also wissen Sie immer, wo Sie gerade reiten.« Ganz offensichtlich schenkte auch Zack ihr mehr Aufmerksamkeit, seit er von ihrem männlichen Besucher gehört hatte, und das bereitete ihr großes Vergnügen. »Das Land ist inzwischen knochentrocken«, bemerkte er, während er neben ihr her ritt. »Aber wenn Sie wissen, wo Sie suchen müssen, finden Sie auch Wasser. Dort unten zum Beispiel…« Er zeigte auf Schleifspuren, die über den Weg führten. Der Boden war so trocken, daß er zu Staub zerfallen war. »Das sind Emuspuren, und die führen zum Wasser.« Er ritt einen kleinen Umweg, um ihr zu zeigen, daß er sich nicht geirrt hatte. Als sie vorbeikamen, flogen Hunderte von kleinen Finken zwitschernd aus dem Busch auf. »Auch sie sind ein gutes Zeichen. Diese kleinen Vögel können ohne Wasser nicht allzu weit fliegen. Selbst wenn es unter der Erde ist, warten sie darauf, daß Emus oder Känguruhs die Wasserlöcher ausgraben. Sie können es riechen.« »Da unten, würde ich sagen«, meinte Cliff geduldig, und Zack sprang vom Pferd, um den staubigen Hang hinabzusteigen. »Man muß die Stelle finden, wo es am tiefsten ist«, rief er Sibell zu und fing an, mit den Händen zu graben. Selbstverständlich fand er Wasser. Wie ein Kind, das am Strand spielt, buddelte er, bis sich das Loch in eine große Pfütze verwandelt hatte. Dann ließ er sein Pferd trinken. »Für uns ist es ein bißchen zu schlammig«, bemerkte er. »Aber wir sind ja noch nicht am Verdursten.« Das Zeitgefühl der beiden Männer kam Sibell merkwürdig vor. Einerseits konnten sie es nicht erwarten, zur Farm zurückzukommen, und andererseits schienen sie diese Umwege und Ruhepausen überhaupt nicht zu kümmern. Sie zählten die Reisezeit in Tagen, nicht in Stunden, und es gehörte zu ihrem Leben in der Wildnis, irgendwo draußen ihr Nachtlager aufzuschlagen. Sibell erinnerte sich an Maudies Worte, sie habe schon so oft im Freien geschlafen, daß sie Schlafzimmer als ziemlich beengend empfinde. Zwar war Sibell nicht so begeistert davon wie Maudie, aber sie hatte sich daran gewöhnt, daß die Brüder unbekümmert das Lager aufschlugen, eine schmackhafte Mahlzeit zubereiteten und ihr mit einer Decke und einem Moskitonetz ein bequemes Bett im weichen Gras herrichteten. Inzwischen kam ihr das einfache Lagerleben eher wie ein Urlaub als wie eine Notwendigkeit vor, und die beiden Männer waren sehr unterhaltsam. Später, als sie weiterritten, kehrten ihre Gedanken zu Logan zurück. Hoffentlich würde er sie zu einem Besuch bei den Minen von Katherine mitnehmen, denn dann müßten sie auch so zusammen reisen, Tag und Nacht – wie romantisch würde das sein! Doch ihre Tagträume wurden jäh unterbrochen, als Zack plötzlich sein Pferd herumwarf, nach Merrys Zügeln griff und sie einige Meter zurückriß. Sibell stand mitten auf dem Weg. Zack und Cliff neben ihr hatten plötzlich ihre Gewehre in der Hand. »Wenn Sie mit Ihrem Revolver umgehen können«, sagte Cliff, »ist jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen.« Sie wühlte in ihrer Satteltasche, kramte den Revolver hervor und lud ihn, wie Kate es ihr beigebracht hatte. »Was ist los?« »Diese Lichtung«, erklärte Zack. »Die kommt mir komisch vor. Sie muß eben erst gerodet worden sein.« »Und was ist so schlimm daran?« »Sie ist zu frisch, und niemand hat sich dort niedergelassen. Die Schwarzen haben uns einen Hinterhalt gelegt. Reisende halten diese Stelle dann für einen guten Platz zum Zelten, weil es in der Nähe Wasser gibt.« »Warum reiten wir dann nicht einfach drum herum?« fragte Sibell. »Weil sie wissen, daß wir da sind, wir aber keine Ahnung haben, wo sie sich befinden und wie viele es sind.« Die Pferde, die die Gefahr rochen, waren still. Mit zuckenden Ohren warteten sie, bis sich etwas rührte. Das Schweigen im Busch war bedrohlich, und als Sibell prüfend die dünnen Bäume mit der weißen Rinde musterte, die sie wie eine feindliche Armee umgaben, spürte sie, wie Angst in ihr aufstieg. »Fürchten Sie sich nicht«, beruhigte sie Zack. »Wir werden uns schon herausreden können.« »Ich sehe niemanden«, flüsterte sie. »Aber sie sind hier. Wahrscheinlich nur ein paar Taugenichtse, die sich

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