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Weites wildes Land

Titel: Weites wildes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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wichtigen Rolle, daß er mit dem Gedanken spielte, mit seinem schönen Pferd auf und davon zu reiten. Aber dann siegte doch die Vernunft. Er wußte, daß die Weißen sogar ihre eigenen Leute erschossen oder hängten, wenn sie ein Pferd stahlen. Wenn sie ihn fanden, würde die Strafe entsetzlich ausfallen. Und dann war da ja auch noch Nah-keenah, der auf seine Geschenke wartete. Und mit diesem Gauner durfte er es sich nicht verscherzen, denn Nah-keenah würde sich an seine Fersen heften und ihn bis ans Ende des Regenbogens verfolgen. Auf der Hälfte des Weges bis zu Nah-keenahs letztem Lagerplatz nahm Jimmy ein paar der Vorräte aus den Satteltaschen und versteckte sie, damit die zwei Fremden und er auf dem Rückweg nicht hungern mußten. Diese Vorsichtsmaßnahme war nötig, weil er es für möglich hielt, daß Nah-keenah alles fordern würde, was er bei sich hatte. Dies war dann auch wirklich der Fall. Im Austausch gegen die beiden Weißen mußte Jimmy seine Satteltaschen bis auf den Grund leeren. Trotzdem frohlockte Jimmy innerlich. Nah-keenahs Gesichtsausdruck, als er sah, daß ein Schwarzer hoch zu Roß in sein Lager geritten kam, würde er nie vergessen. Der Wilde war so beeindruckt, daß er Jimmy ungewohnt freundlich begrüßte, um seinem Stamm zu zeigen, daß dieser bedeutende Mann, dieser Jaljurra, sein Freund war. Aber anscheinend hatte er auch gleich ein Auge auf das Pferd geworfen und wollte es wohl ebenfalls als Preis einfordern. Aus diesem Grunde trieb Jimmy die beiden Weißen mit größter Eile zum Aufbruch. Wenn er Nah-keenah nämlich erst einmal die Möglichkeit gab, diese Frage anzuschneiden, hätte er schon verloren, und die Weißen würden ihm dann später Vorwürfe machen. Der Mann und die Frau waren ein seltsames Paar. Ihre Kleider hingen in Fetzen, wie er es bisher nur bei den Aborigines in der Stadt gesehen hatte. Doch die Frau hatte ein wunderhübsches Lächeln und richtete sich genau nach seinen Anweisungen, was ebenfalls für Jimmy eine neue Erfahrung war. Er konnte also Weißen sagen, was sie zu tun hatten! Der Mann, der sich als Lo-Gan vorgestellt hatte, war groß und mager und sehr hungrig, wie er erklärte, weil sie seit Tagen nichts anderes als nur ein wenig Fisch gegessen hatten. Darüber mußte Jimmy staunen. Im Busch, und besonders hier an der Küste, gab es Nahrung im Überfluß. Doch er verkniff sich eine Bemerkung. Dieser Lo-Gan ging ihm ein wenig auf die Nerven, denn er hielt sie auf, weil er immer wieder rasten mußte. Aber beide waren ungeheuer erleichtert über ihre Rettung und bedankten sich unzählige Male bei ihm. Jimmy war glücklich. Wenn man den irren Jack mitrechnete, hatte er jetzt vier Freunde unter den Weißen, und alle waren sie mächtige Leute. Der irre Jack kam ihnen schon auf dem Pfad entgegengeritten. »Allmächtiger, Jimmy!« rief er verblüfft. »Du hast es tatsächlich geschafft!«    
     
    * * *
     
    Sibell genierte sich in dem häßlichen braunen Kleid mit Paisleymuster, das Josie ihr gegeben hatte. Obwohl die Farmersfrau es mit einigen groben Abnähern versehen hatte, damit es besser saß, war es noch immer viel zu groß. Außerdem trug sie einen Strohhut und Schuhe, aus denen sie bei jedem Schritt herausschlappte. Mr. Cambray hatte sie in seinem Wagen in die Stadt gebracht. Auf der ganzen Strecke waren sie immer wieder von Leuten angehalten worden, die alles über das entsetzliche Unglück erfahren wollten. Die Cambridge Star war gesunken! Bisher hatte man noch nichts von anderen Überlebenden gehört, doch Jack versicherte ihr, daß sie in Perth mehr erfahren würden. Sie wurden in das Haus eines Mr. Anderson gebracht, der oberste Landvermesser, wie es hieß, doch Sibell konnte sich unter diesem Beruf nichts vorstellen. Sie nahm ihre neue Umgebung und all die Leute, die sie kennen lernte, nur am Rande wahr. Stattdessen fragte sie unablässig nach ihren Eltern und konnte sich nicht erklären, warum sie sie nicht endlich abholten. Frauen bemühten sich um Sibell. Nur nebelhaft bekam sie mit, daß sie gebadet und zu einem großen, sauberen Bett mit weißen Laken geleitet wurde, bevor man den Raum abdunkelte. Es war kühl und angenehm, so daß sie sich ohne Widerstand in den tiefen Schleier des Vergessens sinken ließ und die ganze Aufregung um sich herum vergaß. »Das arme Ding hat tagelang nur geschlafen«, sagte eine Frau. Ohne in ihrer Arbeit innezuhalten, schnalzte die andere mit der Zunge und seufzte. »Mrs. Gilbert wartet schon auf die Kleine, aber

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