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Weites wildes Land

Titel: Weites wildes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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hatten sich die Gilberts neulich beim Abendessen gestritten. Anscheinend war es ihnen gleichgültig, daß Sibell gezwungen war, alles mit anzuhören. Vielleicht aber war es auch Absicht, und Sibell sollte von ihren Schwierigkeiten erfahren, damit sie endlich verstand, weshalb ihr Aufenthalt bei den Gilberts solch eine Last für die Familie bedeutete. Manchmal, wenn Margot etwas ausgiebiger dem Wein zugesprochen hatte, gab sie die Schuld an ihrer elenden Lage nicht mehr den Delahuntys, sondern ihrem Gatten. »Wenn du gleich damals, als es noch billig war, ausreichend Land gekauft hättest, Percy, wären wir jetzt reich. Dein Mangel an Weitsicht kommt uns jetzt teuer zu stehen.« »Dann möchte ich noch mal klarstellen, Gnädigste, daß ich damals nach englischen Maßstäben mehr Land als genug gekauft habe. Woher sollte ich denn wissen, daß die Wiesen so sehr unter der Dürre leiden? Und du mußt mir zugestehen, daß mein Gedanke, neues Weideland mit einem ständigen Wasserzufluß zu erwerben, die einzig richtige Lösung war. Und dafür habe ich ja schließlich gesorgt.« Für den Landerwerb brauchte Percy Gilbert Kapital, und aus diesem Grunde hatte er James Delahunty nach Australien eingeladen, damit er sein Partner werden und die neuen Besitzungen verwalten sollte. Leider war James Delahunty so töricht gewesen, seine Familie und seine Besitztümer einem Schiff anzuvertrauen, dessen Kapitän ein unerfahrener Narr war – wie sich bei der Untersuchung über die Unglücksursache herausgestellt hatte. Und nun saßen die Gilberts auf dem Trockenen. Das so dringend benötigte Geld lag gemeinsam mit dem zukünftigen Partner auf dem Grund des Meeres, und da sich all seine Hoffnungen in Luft aufgelöst hatten, blieben Percy nur noch zwei Möglichkeiten: entweder er verkaufte das neue Land, oder er verkaufte das Haus in Perth und siedelte aufs Land über. Er selbst hatte schon mit dem Gedanken gespielt, seine neuen Ländereien mit der Hilfe eines Vorarbeiters selbst zu verwalten, doch Margot weigerte sich hartnäckig, ihr Haus und ihre Stellung in der Gesellschaft von Perth aufzugeben. Sibell standen Tränen in den Augen, als sie mit unbewegtem Gesicht anhörte, wie die beiden ihrem Vater alle Schuld in die Schuhe schoben. Außerdem hatte sie mindestens ebenso große Schwierigkeiten wie die Gilberts: Ihr guter Ruf wurde angezweifelt. Die Frauen tuschelten und warfen ihr verstohlene Blicke zu, wenn sie mit Margot die Köpfe zusammensteckten. Sobald Sibell den Raum betrat, schürzten sie verächtlich die Lippen und schwiegen, bis Margot Sibell schließlich eines Tages unter vier Augen zur Rede stellte. »Ich möchte genau wissen, was zwischen dir und diesem Conal vorgefallen ist?« Mit glühenden Wangen und voller Verlegenheit, die sie immer empfand, wenn dieser Abschnitt ihres Lebens zur Sprache kam, antwortete Sibell: »Nichts.« »Willst du mir bitte die Höflichkeit erweisen und die Wahrheit sagen?« Margot war unerbittlich. »Die ganze Stadt spricht schon davon. Schließlich hast du tagelang mit diesem Burschen zusammengelebt.« »Ja.« »Hat er dich berührt?« »Nein.« »Bist du noch Jungfrau?« »Wie bitte?« Von dieser Seite hatte Sibell die Dinge noch nie betrachtet. »Wie kannst du es wagen, mich das zu fragen! Für wen hältst du dich eigentlich? Raus aus meinem Zimmer!« »Deinem Zimmer? Dies ist mein Haus, du trägst meine Kleider und ißt an meinem Tisch. Ich habe das Recht zu erfahren, was du dort getrieben hast. Und was war mit den Eingeborenen? Schließlich hast du zugegeben, daß du Tage in ihrem Lager verbracht hast, als du in die Gesellschaft anständiger Menschen zurückgekehrt bist…« »Gar nichts habe ich gesagt. Jeder weiß, daß man uns dort gefunden hat.« »Aber du nimmst das alles auf die leichte Schulter! Waren diese Eingeborenen angezogen? Trugen sie anständige Kleider?« Sibell starrte sie nachdenklich an. Margot empfand bei diesem Gespräch einen Kitzel, in ihren Augen funkelte Neugier, als ob sie eines dieser schmutzigen Bücher lesen würde. Sibell hatte genug von den Gilberts, und deshalb beschloß sie, Margot das zu liefern, was sie hören wollte. »Nein«, erwiderte sie trotzig, »sie hatten nichts an. Sie waren nackt, einer wie der andere. Männer, Frauen und Kinder, splitterfasernackt. Welch ein Jammer, daß du das verpaßt hast!« Margot holte mit der Hand aus, doch Sibell duckte sich rechtzeitig. »Und wage es bloß nicht, mich noch einmal zu schlagen«, schrie sie, »oder ich

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