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Weites wildes Land

Titel: Weites wildes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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ich habe ihr erklärt, sie muß eben warten. Das Mädchen ist erschöpft und darf nicht gestört werden.« Sibell fuhr aus ihrem Schlummer auf. Dieser Name, Gilbert! Wer war das noch? Er kam ihr so bekannt vor. Sie mußte ihre Mutter fragen. »Wo ist meine Mutter?« rief sie den Frauen zu. »Ruhig, Liebes. Es kommt alles wieder in Ordnung, Sie werden schon sehen.« »Meine Mutter, Alice Delahunty! Können Sie sie bitte holen?« Anstatt die Bitte zu erfüllen, brachten ihr die Frauen eine Tasse Kaffee mit einem seltsamen Beigeschmack. »Nur ein Schuß Brandy, Liebes, um Sie ein bißchen aufzumuntern«, sagte eine rundliche alte Frau. Sie zog sich einen Stuhl heran und setzte sich an das Bett, während eine andere Frau hinter ihr stehen blieb. »Trinken Sie erst mal Ihren Kaffee, Miss Delahunty, und dann geht es Ihnen gleich besser. Sie haben ja wirklich Schreckliches erlebt.« Als die Frauen ihr Tasse und Untertasse abnahmen, blickte Sibell sie mißtrauisch an. »Meine Eltern machen sich sicher schon Sorgen…« »Hören Sie, Sibell«, sagte die Frau und nahm ihre Hand. »Sie müssen jetzt tapfer sein. Sie wissen doch, daß Ihr Schiff untergegangen ist, und Sie wurden durch eine Fügung des Schicksals gerettet. Wir alle müssen Gott dafür danken. Es gab auch noch andere Überlebende, zwölf an der Zahl, aber ich fürchte…« »Nein!« schrie Sibell. »Nein!« Die ruhige Stimme fuhr fort. »Aber ich fürchte, Ihre Eltern sind nicht darunter. Gott in seiner Weisheit hat sie zu sich gerufen…« »Das glaube ich nicht«, rief Sibell. »Sie wissen ja nicht, was Sie da reden. Meine Eltern waren in dem anderen Rettungsboot!« »Das Meer hat sie verschlungen, meine Liebe. Es tut mir leid, daß ich Ihnen das sagen muß, es ist eine schreckliche Tragödie…« »Sie sind ertrunken?« flüsterte Sibell. »Ja, Liebes.« Die Frau nahm sie in die Arme und wiegte sie wie ein kleines Kind. »Ruhig, ruhig, Sie sind ein tapferes Mädchen. Kopf hoch! Sie sind glücklich dran, denn Sie haben ja Freunde hier. Mr. und Mrs. Gilbert sind gekommen und wollen Sie kennenlernen. Wenn es Ihnen besser geht, nehmen sie Sie mit zu sich nach Hause.«    
     
    * * *
     
    Sibell ging in ihr Zimmer im hinteren Teil des Hauses im Erdgeschoß und ließ sich entmutigt in den klobigen Sessel sinken. Seit drei Monaten lebte sie jetzt bei den Gilberts, und inzwischen fühlte sie sich nicht mehr als Gast, sondern eher wie ein Dienstmädchen. Ein Dienstmädchen, das die Ehre genoß, die Mahlzeiten mit Hausherrn und Hausfrau gemeinsam einnehmen zu dürfen, dem dafür aber das Recht einer angemessenen Bezahlung verwehrt wurde. »Sie ist wie eine Tochter für uns«, erklärte Margot Gilbert ihren Freundinnen mit dem kriecherischen Lächeln, das Sibell zu hassen gelernt hatte, weil die Frau so verlogen war. Den Gilberts war es eine Last, sie unterstützen zu müssen. Aber da ihre Mitbürger am Schicksal dieses armen Mädchens so großen Anteil nahmen, gab es für sie keinen Weg, Sibell nach den anfänglichen Beweisen ihrer Hilfsbereitschaft wieder abzuschieben. »In Wirklichkeit bin ich eine Almosenempfängerin«, murmelte Sibell. »Wie eine Tochter, daß ich nicht lache!« Miss Elizabeth Gilbert besuchte ein Internat in Adelaide, und ihr helles, großes Zimmer im ersten Stock mit all den Puppen und dem Nippes wurde jeden Tag abgestaubt und war heilig wie ein Schrein. Sibell beneidete das Mädchen, daß es nicht mehr mit dieser nörgelnden, unzufriedenen Frau zusammenleben mußte. Zugleich schob sie die Erinnerungen an ihre eigene Mutter zur Seite, weil sie zu schmerzlich waren, als daß sie sie ertragen konnte. Anfangs war Sibell angenehm aufgefallen, daß die Gilberts über den Tod ihrer Eltern offensichtlich ebenso erschüttert waren wie sie. Erst nach und nach hatte sie erkannt, daß hinter dieser Trauer tiefere Gründe steckten: Der Schiffsuntergang hatte die Gilberts finanziell in eine peinliche Lage gebracht. Percy Gilbert war Schafzüchter. Er unterhielt ein Haus in Perth, und um die Besitzungen irgendwo im Süden kümmerte sich ein Verwalter. Nach einigen Jahren in den Kolonien hatte Percy jedoch erkannt, daß man mehr Land brauchte, um wirklich zu Wohlstand zu kommen. Er mußte sich vergrößern – nach dem Beispiel der Squatter, die an der Ostküste riesige Anwesen, die sogenannten Stations, ihr eigen nannten und Tausende von Schafen hielten. Hinzu kam, daß die Wollpreise enorm stiegen. Sibell lächelte in grimmiger Genugtuung. Über dieses Thema

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