Weites wildes Land
Collins war gern behilflich. Er zeigte Logan Karten, auf denen dieser nur eine unendliche Leere erkennen konnte. Quer durch die Mitte verlief die Telegraphenleitung von Palmerston an der Nordküste nach dem Süden, und etwa ein halbes Dutzend Städtchen waren als schwarze Punkte eingezeichnet. Da Logan in Gedanken mehr bei seinem zukünftigen Gehalt war, fiel ihm nicht ein, sich nach der Größe dieser Ansiedlungen zu erkundigen. Allerdings konnte Collins ihm mitteilen, daß der Geschäftsführer Anrecht auf ein werkseigenes Haus und ein Jahresgehalt von fünfhundert Pfund zuzüglich Erfolgsprämien hatte. Das hohe Gehalt gefiel Logan gut. Aber es kam nicht überraschend, da Charlie ihm bereits erklärt hatte, daß leitende Angestellte, die sich in diese Einöde versetzen ließen, dafür eine Entschädigung erwarten konnten. »Ich nehme an, daß meine Reisekosten und anderen Ausgaben ebenfalls von Ihnen übernommen werden«, wandte er sich an Collins. »Oh, selbstverständlich«, erwiderte dieser. Er war ein penibles, zappeliges Männchen mit einer Quengelstimme. »Ich würde ja selbst hingehen, aber meine Gesundheit erlaubt mir solche Anstrengungen nicht. Mr. Gilbert kann es sich ja vielleicht leisten, die Sache bis in alle Ewigkeit hinauszuzögern, aber mir liegt sehr viel daran, daß die Minen sobald wie möglich wieder eröffnet werden. Ich habe die Ersparnisse eines ganzen Lebens in die Gesellschaft gesteckt, und im Augenblick wirft sie keine Gewinne ab.« »Das ist ein Unglück«, bedauerte ihn Logan. »Aber so geht es immer. Die Reichen haben kein Verständnis für solche Dinge, und gewiß ist Ihnen auch schon aufgefallen, daß sie ihre Rechnungen immer als letzte bezahlen.« Collins nickte bedrückt. »Wie wahr, wie wahr.« »Ich bin mir sicher, daß die Minen unter meiner Leitung innerhalb kürzester Zeit wieder Gewinn abwerfen. Allerdings weiß ich nicht, ob Mr. Gilbert meine Bewerbung annehmen wird.« »Ich werde ein gutes Wort für Sie einlegen, Mr. Conal«, sagte Joachim, und Logan schüttelte ihm kräftig die Hand. »Ja, ja, die Zeit vergeht wie der Blitz, und es wäre schrecklich, wenn Ihnen jemand zuvorkommt und den Claim für sich eintragen läßt.« »Oh, ich glaube, das ist unmöglich«, antwortete Collins. »Soweit ich gehört habe«, lachte Logan, »machen die dort oben, was sie wollen, denn das Auge des Gesetzes ist meilenweit entfernt.« Nachdem Logan Joachim endgültig den Tag verdorben hatte, ging er pfeifend seiner Wege.
* * *
»Sieht ganz so aus, als hätte ich die Stelle«, erzählte er Josie. Doch sie bedauerte inzwischen die Entscheidung. Ihre Begeisterung war in dem Augenblick verflogen, als sie feststellte, daß ein halber Kontinent zwischen Katherine und Perth lag. »Was wird aus Ned?« fragte sie. »Ich glaube nicht, daß ich ihn mitnehmen darf.« Logan war verärgert. An Ned hatte er überhaupt nicht gedacht. »So sei doch vernünftig. Du kannst ihn nicht aus der Schule nehmen.« »Aber ich darf doch nicht so weit fortziehen und ihn einfach zurücklassen. Was ist, wenn er krank wird?« »Du mußt ja nicht mit. Bleib doch hier in meiner Wohnung, bis ich zurückkomme.« »Und wann wird das sein?« »Woher soll ich das wissen? Bei einer solchen Stellung bekommt man üblicherweise einmal im Jahr Urlaub.« Nun mußte sich Josie zwischen ihrem Geliebten und ihrem Sohn entscheiden. »Logan«, flehte sie, »ich will nicht allein hierbleiben. Nicht, solange alle über uns herziehen. Ich kenne hier keine Menschenseele.« »Was redest du?« fragte er barsch. »Du kennst Charlie und Iris und noch andere aus Tommys Wirtshaus.« Entgeistert starrte sie ihn an. Hatte er wirklich vor, fortzugehen und sie allein zurückzulassen? Sie wollte ihn ja nicht beleidigen, indem sie schlecht über seine Freunde sprach, aber ihr kamen sie ziemlich ungehobelt vor. Zwar waren sie freundlich, aber trotzdem nicht die Sorte Leute, mit denen sie gern näheren Umgang pflegen würde. Als sie sich vorstellte, wie sie, eine Frau ohne Begleitung, auf der Suche nach Gesellschaft durch die Wirtshäuser pilgerte, wurde ihr ganz bang. Deshalb hörte sie aufmerksam zu, als er ihr seinen Plan schilderte und berichtete, was er aus Collins herausbekommen hatte. »Ich sollte mit dir gehen«, sagte sie schließlich unsicher. »Das ist nichts für eine Frau«, widersprach Logan. »Aber du hast doch gerade gesagt, daß der Geschäftsführer ein Haus bekommt. Wir würden unser eigenes Zuhause haben.« »Und du
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