Weizenwampe

niedriger, das Gewicht war um rund elf Kilo zurückgegangen, und der HbA1c-Wert von 8,8 auf 7,3 Prozent. 95 Prozent der Teilnehmer brauchten weniger Diabetesmedikation, jeder Vierte konnte sogar alle Medikamente (einschließlich Insulin) absetzen. 33

    Weizen und Typ-1-Diabetes
    Vor der Entdeckung des Insulins durch Dr. Frederick Banting starben Kinder mit Diabetes in der Regel innerhalb weniger Monate nach Krankheitsausbruch. Insofern war diese Erkenntnis in der Tat bahnbrechend. Aber warum erkranken Kinder überhaupt an Diabetes?
    Bei Typ-1-Diabetes führen Antikörper gegen Insulin, Beta-Zellen und andere körpereigene Proteine zu einer autoimmunbedingten Zerstörung der Bauchspeicheldrüse. Kinder mit Diabetes entwickeln auch Antikörper gegen andere körpereigene Organe. Einer Studie zufolge hatten 24 Prozent der diabetischen kleinen Patienten solche erhöhten Antikörperspiegel – im Gegensatz zu nur sechs Prozent der Kinder ohne Diabetes. 34
    Auch bei Kindern steigt die Zahl der Typ-2-Diabetiker aufgrund von Übergewicht, Fettsucht und Bewegungsmangel, also aus denselben Gründen wie bei Erwachsenen. Allerdings wächst gleichzeitig die Zahl der Typ-1-Diabetiker. Eine groß angelegte Studie zu Typ-1-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen ergab, dass sich die Zahl der Erstdiagnosen zwischen 1978 und 2004 um 2,7 Prozent pro Jahr erhöht hat. Der rascheste Anstieg ist bei Kindern unter vier Jahren zu verzeichnen. 35 Statistiken aus dem Zeitraum 1990 bis 1999 aus Europa, Asien und Südamerika melden vergleichbare Zahlen. 36
    Warum ist Typ-1-Diabetes auf dem Vormarsch? Vermutlich kommen unsere Kinder mit irgendetwas in Kontakt. Irgendetwas löst bei ihnen eine breit gefächerte anomale Immunreaktion aus. Manche Experten tippen auf Virusinfektionen, andere hingegen gehen von äußeren Faktoren aus, die bei genetisch empfindlichen Menschen eine Autoimmunreaktion in Gang setzen. Könnte das der Weizen sein?
    Die genetischen Veränderungen am Weizen seit 1960, die unter anderem den ertragreicheren Hochleistungsweizen hervorbrachten, könnten einen erheblichen Beitrag zum vermehrten Auftreten von Typ-1-Diabetes leisten, das der Zunahme bei Zöliakie und anderen Krankheiten entspricht.
    Dabei gibt es eine augenfällige Verbindung: Kinder mit Zöliakie erkranken zehnmal so oft wie andere an Typ-1-Diabetes, und Kinder mit Typ-1-Diabetes haben zehn- bis 20-mal so häufig Antikörper gegen Weizen im Blut beziehungsweise leiden auch an Zöliakie. 37, 38 Beide Erkrankungen gehen also in weit überdurchschnittlichem Ausmaß miteinander einher.
    Zudem steigt die enge Verbindung zwischen Typ-1-Diabetes und Zöliakie mit der Zeit. Bei manchen Kindern wird Zöliakie bereits bei der Erstdiagnose des Diabetes nachgewiesen, deutlich mehr aber entwickeln in den folgenden Jahren Anzeichen für Zöliakie. 39
    Das wirft sofort eine neue Frage auf: Lässt sich das Auftreten von Typ-1-Diabetes verhindern, wenn Kinder von Geburt an keinen Weizen erhalten? Bei Mausstämmen, die genetisch zu Typ-1-Diabetes prädisponiert waren, entwickelte sich die Krankheit normalerweise bei 64 Prozent der Mäuse, doch wenn die Tiere keinen Weizen erhielten, wurden nur 15 Prozent diabetisch 40 , und auch die typische Darmschädigung infolge von Zöliakie blieb aus. 41 Bei Säuglingen oder Kindern wurde bisher keine Vergleichsstudie durchgeführt, so dass diese Frage bisher noch nicht geklärt ist.
    Auch wenn ich in vielen Punkten eine andere Auffassung vertrete als die amerikanische Diabetesgesellschaft, unterstütze ich doch deren Forderung, Kinder mit Typ-1-Diabetes grundsätzlich auch auf Zöliakie zu testen. Aus meiner Sicht sollte dieser Test alle paar Jahre wiederholt werden, um zu prüfen, ob sich im Laufe der Zeit doch noch Zöliakiemerkmale zeigen. Auch wenn es hierzu keine offiziellen Empfehlungen gibt, halte ich es nicht für überzogen, Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes den Rat zu geben, einen Verzicht auf Weizen und andere Glutenquellen in Erwägung zu ziehen.
    Und sollte man ein Kind, in dessen Familie bereits eines oder mehrere Mitglieder an Typ-1-Diabetes erkrankt sind, von Anfang an konsequent weizenfrei ernähren, damit es gar nicht erst zum Ausbruch dieser lebenslangen Erkrankung kommt? Auch diese Frage bleibt offen, obwohl sie unbedingt der Klärung bedarf. Die wachsende Zahl der Erkrankungen wird dieses Thema in den kommenden Jahren noch dringlicher machen.

    Das heißt, allein über die Ernährung und ganz ohne Medikamente waren 25