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Welch langen Weg die Toten gehen

Welch langen Weg die Toten gehen

Titel: Welch langen Weg die Toten gehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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blieb. Dann fasste sie ihn mit beiden Händen am Nacken, zog ihn zu sich heran und küsste ihn lang und leidenschaftlich.
    »Auf Wiedersehen, Tony«, sagte sie.
    Er richtete sich auf und sah sie fragend an.
    »Wow«, sagte er. »Vielleicht sollte ich häufiger wegfahren.«
    Sie wandte sich ab und kehrte ins Haus zurück.
    Pascoe, der vom Fenster aus zugesehen hatte, hastete zu seinem Platz zurück.
    Ein oder zwei Augenblicke später betrat Kay den Raum.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Pascoe.
    »Warum sollte es das nicht sein?«
    »Nur so. Mr. Kafka kam mir ein wenig … gehetzt vor?«
    »Tony ist ein guter Mensch. Er will ein guter Amerikaner sein«, sagte sie, als sei das Erklärung genug. »Also, Mr. Pascoe, wo waren wir stehen geblieben?«
    »Wir befanden uns, denke ich, inmitten einer kritischen Interpretation von Emily Dickinson«, sagte er lächelnd. »Wenn wir uns also wieder der vorliegenden traurigen Angelegenheit zuwenden könnten, werde ich Sie nicht länger als nötig aufhalten. Wie würden Sie die Beziehung zu Ihrem Stiefsohn beschreiben, Mrs. Kafka?«
    Sie zeigte sich nicht sonderlich überrascht von der Frage und erwiderte nach reiflicher Überlegung: »Das Ende war besser als der Anfang. Aber ich verstehe nicht ganz, inwiefern …«
    »Mir geht es nur darum, ein detailliertes Bild zu bekommen«, sagte er. »Nach allem, was ich von Mr. Dalziel erfahren habe, scheint es doch einige Spannungen gegeben zu haben.«
    Gib ihr zu verstehen, dass der dicke Andy nicht nur ihr Kumpel, sondern auch mein Kollege ist.
    »Als Junge nahm er es mir übel, dass ich den Platz seiner Mutter eingenommen habe. Während der Pubertät vermischten sich diese ablehnenden Gefühle mit den sexuellen Fantasien, die junge Männer wohl jeder sympathischen Frau in ihrer Nähe entgegenbringen. Das alles eskalierte, als nach dem Tod seines Vaters auch noch Schuldgefühle hinzukamen, und mehrere Jahre lang war es für ihn wohl das Einfachste, mich als die Ursache für alles zu verdammen, was in seinem Leben für Unruhe und Ärger sorgte.«
    »Wie äußerte sich das?«
    »Indem er mich daran hinderte, Moscow House zu betreten. Indem er Anschuldigungen über mein Verhalten vorbrachte, denen ich mich nur vor Gericht hätte erwehren können, wenn ihm nicht die Dummheit dessen und die Gefahr, in die er sich damit selbst brachte, klar gemacht worden wären. Indem er rechtliche Schritte unternahm, um mir die Vormundschaft über Helen zu nehmen.«
    »Aber das gelangte doch nie vor Gericht?«
    »Wofür ich vor allem Tony zu danken habe. Pals Einwände basierten darauf, dass ich Amerikanerin bin und keine Blutsverwandte. Was, fragte er, wenn ich beschließen sollte, in die Staaten zurückzukehren? Sein Vater hätte nicht gewollt, dass seine Tochter außerhalb des Königreichs aufwächst. Oder wenn ich erneut heirate und mein neuer Ehemann nicht für das Kind sorgen wollte? Wäre es für mich dann nicht ein Leichtes gewesen, sie fallen zu lassen? Tony hörte sich alles an und sagte: ›Dann heiraten wir eben und adoptieren offiziell das Kind.‹ Das sowie die Vorkehrungen, die wir trafen, um ihre Ausbildung im Königreich zu gewährleisten, unabhängig, was mit Tony und seiner Arbeit geschah, nahmen Pal den Wind aus den Segeln. Aber ich gehe davon aus, dass Sie das alles bereits wissen, Mr. Pascoe.«
    Sie lächelte ironisch.
    »Bei der Polizeiarbeit«, sagte er, »geht es darum, das Gleiche immer wieder zu hören, und dabei nach neuen Blickwinkeln oder Unstimmigkeiten zu suchen, Mrs. Kafka.«
    »Haben Sie schon welche entdeckt?«
    »Nichts, was nicht durch Vergesslichkeit, natürliche Vorlieben oder Unachtsamkeit erklärt werden könnte. Aber ihr Verhältnis besserte sich, sagten Sie. Warum?«
    »Zeit, Reife, neue Perspektiven. Sich damit abfinden, dass sich die bestehende Situation nicht ändern würde.«
    »Die Situation, die darin bestand, dass Sie Helen in Mid-Yorkshire erzogen haben und sie nun volljährig war, von ihrer Ehe und Schwangerschaft ganz zu schweigen. Er hatte das akzeptiert, ich verstehe. Und sie waren sich wieder nähergekommen, was sich darin zeigte, dass er mit seinem Schwager Squash spielte.«
    »Scheint so.«
    »Weshalb es seltsam anmutet, dass er ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt beschließt, Selbstmord zu begehen. Hätte er noch einen Tag gewartet, wäre er Onkel geworden. Aber so hat er der Familie eine neue tragische Note hinzugefügt, gerade zu dem Zeitpunkt, als die Macivers die Korken hatten knallen lassen

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