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Welch langen Weg die Toten gehen

Welch langen Weg die Toten gehen

Titel: Welch langen Weg die Toten gehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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war.«
    »Gestört wodurch?«
    »Hatte was mit seiner Arbeit zu tun, glaub ich.«
    »Und seine Arbeit war …?«
    »Ash-Mac, eine Werkzeugmaschinenfabrik im Blesshouse-Industriegelände. Hieß früher Maciver. Pal Macivers Dad, der Großvater unserer Leiche, hat sie vor dem letzten Krieg gegründet.«
    »Hieß der auch Palinurus?«
    »Liam. Kam aus Irland, um hier sein Glück und ein Vermögen zu machen. Hat sich gar nicht so schlecht geschlagen.«
    »Warum hat er seinem Sohn einen Namen wie Palinurus verpasst?«
    »Man sagt, zu Hause war Liam ein Schmied, hatte keine Bildung, aber eine Menge Geschäftssinn. Kam zu Geld, das nach Meinung zweifelhafter Leute von Rechts wegen ihnen zugestanden hätte, weshalb er auswanderte. Er kam hierher und machte sein Geschäft auf …«
    »Als Schmied?«
    »Schmiede machen Dinge aus Metall. Eine Werkzeugmaschinenfabrik ist nur die piekfeine Seite des Schmiedehandwerks. Wie auch immer, es ging aufwärts, er heiratete ein Mädel von hier und beschloss, dass er sich mal um seine Bildung kümmern sollte. Eines Abends kam er bei einem Gläschen mit dem Schullehrer ins Gespräch, der ihm erzählte, dass das größte literarische Werk des Jahrhunderts aus Irland kommt und
Ulysses
heißt. Schon mal davon gehört?«
    »Klar. Joyce.«
    »Aye, genau die. Liam zog also ab und war von nun an wild entschlossen, alles über diesen Typen zu lesen, nur, als er in der Bibliothek danach fragte, brachten die alles durcheinander und versorgten ihn mit einem Haufen Zeugs über Mythen und Legenden und den Trojanischen Krieg, was er alles in sich hineinschüttete wie ein Fass Guinness, und als seine Missus mit einem Spross gesegnet war, sah er darin nach und kramte Palinurus hervor.«
    »Seltsame Wahl.«
    »Warum?«
    »Palinurus war Aeneas’ Steuermann, er schlief ein und fiel über Bord.«
    »Oh aye. Ertrunken, oder?«
    »Nein. Er schaffte es an die Küste und war damit der erste Trojaner, der Italien erreichte. Nur gefiel den Eingeborenen sein Anblick nicht, also prügelten sie ihn zu Tode und warfen ihn wieder ins Meer.«
    »Na, siehst du«, sagte Dalziel. »Liam könnte sich doch gedacht haben, es würde seinem Burschen schon nicht schaden, wenn er jedes Mal bei der Erwähnung seines Namens daran erinnert wurde, dass er in einem fremden Land enden und von Fremden angepöbelt werden könnte, wenn er nicht die Augen offen hielt.«
    »Ein paar Karriereratschläge beim väterlichen Aufklärungsgespräch wären doch der etwas direktere Weg gewesen«, sagte Pascoe.
    »Er war Ire, vergiss das nicht. Da wird nichts direkt gemacht. Und damals wurden wohl auch keine Aufklärungsgespräche geführt. Aber wenn’s ums Geldverdienen ging, da war Liam auf dem neuesten Stand. Während und nach dem Krieg gab’s großen Bedarf an Maschinenteilen. Alles schien so zu laufen, wie er sich’s vorstellte. Du erinnerst dich noch an den anderen Mac? Mungo Macallum?«
    »Den Rüstungstypen? War vor meiner Zeit, aber ich hab mal seine Tochter kennen gelernt, die Pazifistin.«
    »Die alte Serafina. Aye, erinnere mich. Als Ellie sich mit diesen krummen Scheißern rumgeschlagen hat. Na ja, Mungo und Liam waren so was wie Rivalen, beide brauchten gelernte Fachkräfte und billige Arbeiter. Scotch Mac und Irish Mac, so hat man sie genannt. Aber als Mungo in den Fünfzigern starb und Serafina seinen Laden zu Geld machte, um ihre Sachen zu finanzieren, ist Liam in seine Fußstapfen getreten. Hat die Fabrik übernommen, die Arbeiter, die Aufträge, alles. Und als dann sein Junge – nennen wir ihn Pal senior und das kopflose Wunder dort oben Pal junior, will ja nicht, dass dein Gehirn heißläuft –, als dann also Pal senior die Leitung der Firma übernahm, brummte das Geschäft. Pal senior verfügte über Bildung, nichts Besonderes, aber es reichte, damit er als englischer Gentleman durchging. Und er machte alles, was Gentlemen so machen, Füchse abknallen und kleine Vögel in Fetzen schießen.«
    »Weswegen er auch ein Gewehr besaß, um sich selbst den Schädel wegzublasen.«
    »Aye. Könnte natürlich auch so ein Vogel gewesen sein, der sich gewehrt hat. Nein, dann hätten wir die Vogelscheiße gefunden. Hat das aber alles aufgegeben, als er so um die dreißig seinen Unfall hatte.«
    »Mit dem Gewehr?«
    »Nein. Neben dem Jagen und Ballern hatte er es mit dem Besteigen, in jeglichem Sinn des Wortes. Dieses Gemälde zeigt ihn auf seinem Gipfel – der reine Witz. Du weißt ja, diesen verrückten Typen gefällt es, sich das

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