Wellenbrecher
zu befreien. Vermutlich wollte er sich am Anblick ihrer Leiche weiden, ehe er mit Marie Freemantle durchbrannte. Carpenter meint, er hätte das Zeug zum Serienmörder, seiner Ansicht nach kann Marie froh sein, daß sie noch am Leben ist.«
»Sind Sie der gleichen Meinung?«
»Weiß der Himmel.« Er betrauerte den unvermeidlichen Tod der kleinen Spinne, als diese erschöpft in die Farbpfütze sank. »Harding behauptet, es sei ein schrecklicher Unglücksfall gewesen, und ich habe keine Ahnung, ob er die Wahrheit sagt. Carpenter und Galbraith glauben ihm nicht, aber ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, daß ein so junger Mensch so schlecht sein kann. Sagen wir einfach, ich bin froh, daß Sie gestern Bertie bei sich hatten.«
»Glaubt Carpenter, daß er mich auch töten wollte?«
Ingram schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nicht. Er fragte Harding, was denn an dem Rucksack so wichtig gewesen sei, daß er deswegen das Risiko auf sich genommen habe, noch einmal zurückzukehren, und wissen Sie, was Harding darauf sagte? ›Mein Feldstecher.‹ Als Carpenter ihn dann fragte, warum er den Rucksack überhaupt zurückgelassen habe, erklärte er: ›Weil ich ganz vergessen hatte, daß mein Feldstecher drin war.‹«
»Was heißt das?«
Ingram lachte leise. »Daß er glaubte, der Rucksack enthielte nichts, was ihm wichtig war, und sich deshalb entschloß, ihn wegzuwerfen. Er hatte die ganze Nacht nicht geschlafen, er war völlig ausgepumpt, und Maries Stiefel schlugen ihm bei jedem Schritt in den Rücken. Er wollte den Rucksack so schnell wie möglich loswerden.«
»Was ist daran so komisch?«
»Es ist das genaue Gegenteil von dem, was ich glaubte.«
»Nein, ist es nicht«, widersprach sie. »Sie haben zu mir gesagt, der Rucksack wäre ein belastendes Beweisstück, weil er Hannah darin an Bord gebracht hatte.«
»Aber er hat Hannah nicht ermordet, Maggie. Er hat Kate ermordet.«
»Und?«
»Ich habe lediglich der Verteidigung geholfen, indem ich den Rucksack aufgestöbert habe. Harding wird vorbringen, das sei doch der Beweis dafür, daß er nie die Absicht gehabt hätte, jemanden umzubringen.«
Er wirkt niedergeschlagen, dachte sie. »Trotzdem wird man Ihnen bestimmt einen Posten bei der Kripo anbieten«, sagte sie herzlich. »Die sind doch sicher schwer beeindruckt von Ihnen. Sie hatten Harding doch sofort im Visier, sobald Sie ihn sahen.«
»Um ihn prompt wieder aus dem Visier zu verlieren, als er mir ein halbwegs glaubhaftes Märchen erzählte.« Wieder ein leises Lachen, selbstironisch diesmal. »Ich war ihm gegenüber nur mißtrauisch, weil ich was gegen ihn hatte, und der Superintendent weiß das. Ich glaube, Carpenter nimmt mich nicht ganz für voll. Er hat mich einen Hobbytheoretiker genannt.« Er seufzte.
»Ich weiß auch gar nicht, ob ich für die Arbeit bei der Kripo geeignet wäre. Man kann nicht einfach wilde Vermutungen anstellen und dann Argumente erfinden, um die Theorie zu stützen. Auf die Weise kommt es nur zu Justizirrtümern.«
Sie maß ihn mit nachdenklichem Blick. »Hat Carpenter vielleicht sonst noch was gesagt?«
»O ja. Er hat gesagt, die Zeiten, wo Polizisten ihrem Riecher folgen könnten, seien lange vorbei. Heute läuft alles über Computer.«
Sie war zornig um seinetwillen. »Dann rufe ich den blöden Kerl an und sag ihm mal ordentlich die Meinung«, erklärte sie empört. »Wenn Sie nicht gewesen wären, hätten die doch Monate gebraucht, um die Verbindung zwischen Kate Sumner und Harding herzustellen - wenn es ihnen überhaupt gelungen wäre -, und sie hätten nie das gestrandete Schlauchboot gefunden und wären auch nie dahintergekommen, von wo es gestohlen worden war. Er sollte Ihnen gratulieren und nicht an Ihnen herummäkeln. Ich bin diejenige, die alles ganz falsch gesehen hat. Mit meinen Genen scheint irgendwas nicht zu stimmen, daß ich immer auf Ganoven fliege. Sogar meine Mutter fand Harding ganz gräßlich. Sie sagte: ›So ein Theater wegen eines Hundebisses! Da habe ich schon viel Schlimmeres erlebt, und mich hat man mit ein bißchen Jod und einem Pflaster abgespeist.‹«
»Sie wird nie wieder ein Wort mit mir sprechen, wenn sie erfährt, daß ich sie gezwungen habe, sich die Hüfte wegen eines Mörders zu ruinieren.«
»Ach wo! Sie erinnern sie an James Stewart in Der große Bluff, sagt sie.«
»Ist das gut?«
»O ja«, antwortete Maggie mit spöttischem Unterton. »Sie bekommt jedesmal weiche Knie, wenn sie den Film sieht. James Stewart spielt einen
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