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Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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schaukelnd in der leichten Brise lagen. Es war Viertel nach zehn an einem der heißesten Sonntage des Jahres, doch die nackte Sonnenanbeterin, außer Sicht hinter dem Egmont Point, schien weder die flirrende Hitze zu kümmern noch die Aussicht auf ungebetene Gesellschaft.
    Die Brüder Paul und Daniel Spender hatten die nackte Frau entdeckt, als sie mit ihren Angeln um die Landspitze herumgekommen waren. Jetzt kauerten sie waghalsig hundert Meter weiter oben etwas rechts von ihr auf einem unsicheren Sims und beobachteten sie durch das teure Fernglas ihres Vaters, das sie in einem Bündel T-Shirts und Angelzeug aus dem gemieteten Ferienhaus geschmuggelt hatten. Ihr zweiwöchiger Urlaub war gerade zur Hälfte vorbei, und für den älteren der beiden Brüder war das Angeln von Anfang an nur ein Vorwand gewesen. Dieser abgelegene Teil der Insel Purbeck konnte einem zwölfjährigen Jungen wenig Verlockendes bieten; hier lebten nur wenige Menschen, es gab kein Freizeitangebot und noch nicht einmal schöne Sandstrände. Das einzige, was ihn interessierte, waren die jungen Mädchen in ihren knappen Bikinis, die sich auf den teuren Motorjachten im Chapman’s Pool aalten.
    »Mama hat extra gesagt, wir sollen nicht auf die Felsen klettern, weil das gefährlich ist«, flüsterte Danny, der gehorsame Zehnjährige, der am Anblick nackter Haut noch nicht so viel Gefallen fand wie sein Bruder.
    »Ach, halt die Klappe.«
    »Sie würde ganz schön schimpfen, wenn sie wüßte, daß wir eine nackte Frau anglotzen.«
    »Du hast ja nur Angst, weil du noch nie eine gesehen hast.«
    »Du doch auch nicht«, gab der Jüngere aufgebracht zurück. »Und überhaupt - die ist unanständig. Hier kann sie doch jeder sehen.«
    Paul ignorierte die Bemerkung, schließlich waren sie auf dem Weg um den Chapman’s Pool herum keiner einzigen Menschenseele begegnet. Er konzentrierte sich lieber auf den nackten Körper dort unten. Vom Gesicht der Frau konnte er nicht viel sehen, weil sie mit den Füßen zum Land hin lag, aber das Glas vergrößerte so stark, daß er sonst jede Einzelheit erkennen konnte. Wenig vertraut mit dem nackten weiblichen Körper, machte er sich über die blauen Flecken auf ihrer Haut keine Gedanken, aber er hätte sich, das wurde ihm später klar, auch keine Gedanken darüber gemacht, wenn er gewußt hätte, was sie zu bedeuten hatten. Von so einer Situation hatte er immer geträumt - daß er irgendwo eine reglos daliegende Frau entdecken würde, die ihm erlaubte, sie in aller Ruhe zu erforschen, wenn auch nur durch das Fernglas. Er fand den weichen Fall ihrer Brüste unglaublich aufregend und verweilte lange bei ihren Brustwarzen. Er stellte sich vor, wie es wäre, sie zu berühren, und was geschähe, wenn er dies täte. Genüßlich wanderte er ihren Körper abwärts, hielt beim Grübchen ihres Nabels inne, bevor er zu dem vordrang, was ihn am meisten interessierte, nämlich ihre gespreizten Beine und das, was zwischen ihnen lag. Er kroch auf seinen Ellbogen vorwärts und begann zu juckeln.
    »Was machst du da?« fragte Danny argwöhnisch und kroch neben ihn. »Schmuddelst du rum?«
    »Quatsch, natürlich nicht.« Er gab seinem Bruder einen wütenden Stoß gegen den Arm. »Das ist alles, was du im Kopf hast. Rumschmuddeln. Paß lieber auf, sonst erzähl ich’s Dad, du Idiot!«
    Es folgte die unvermeidliche Prügelei, in deren Verlauf dem älteren Bruder das Zeiss-Glas aus der Hand rutschte. Erschrocken gaben die Jungen den Kampf auf, krochen vom Abgrund zurück und starrten fassungslos nach unten. Beide ahnten die drohende Strafpredigt ihres Vaters.
    »Wenn’s kaputtgeht, ist es deine Schuld«, heulte der Zehnjährige. »Du hast es fallen lassen.«
    Aber ausnahmsweise ließ Paul sich nicht von ihm reizen. Sein Interesse galt bereits wieder der jungen Frau, die seltsamerweise noch immer völlig reglos am Strand lag. Mit einem schrecklichen Gefühl dunkler Vorahnung dämmerte ihm, daß er sich am Anblick einer Toten befriedigt hatte.

2
     
     
    Das klare Wasser des Chapman’s Pool rollte Welle um Welle aufs Land zu und brach sich in den zischenden Schaumperlen am Kiesstrand. Mittlerweile ankerten dort drei Boote: zwei, die die rote Flagge führten - die Lady Rose und die Gregory’s Girl ; das dritte, die Mirage , eine französische Beneteau, zeigte die Trikolore. Nur auf der Gregory’s Girl , wo ein Mann und eine Frau sich abmühten, ein Beiboot frei zu machen, dessen Taljendrähte sich in der Sperrvorrichtung der Cavits

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