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Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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immer gehörte der Sieg dem Räuber und nicht dem Opfer.
     
    Auf Anweisung der Beamten führte Steven Harding die Jungen den Berg hinunter zu dem Streifenwagen, der bei den Bootshäusern geparkt war. Dort warteten sie alle drei mehr oder weniger geduldig auf die Rückkehr des Fahrers. Die beiden Brüder, erschöpft und schweigsam nach der Jagd rund um Chapman’s Pool, wollten nur weg, aber sie fühlten sich eingeschüchtert von ihrem Begleiter, einem vierundzwanzigjährigen Schauspieler, der seine Verantwortung als Erwachsener durchaus ernst nahm.
    Er behielt seine wenig mitteilsamen Schützlinge (stumm vor Schock, dachte er) wachsam im Auge, während er sich bemühte, sie mit einem laufenden Kommentar über die Bergung aufzumuntern und seine Berichterstattung mit Lobesworten wie »Ihr seid zwei echte Helden...«, »Eure Mama wird stolz auf euch sein...«, »Sie kann sich glücklich schätzen, zwei so vernünftige Söhne zu haben...« würzte. Erst als der Hubschrauber in Richtung Poole davonflog und er sich mit einem ermutigenden Lächeln zu den Jungen umdrehte und meinte: »Na also, jetzt braucht ihr keine Angst mehr zu haben. Mama ist in sicheren Händen«, erkannte er seinen Irrtum. Keiner der beiden Jungen war bis zu diesem Moment auf die Idee gekommen, die Bemerkungen über ihre Mutter könnten sich auf die »Frau am Strand« beziehen.
    Jetzt jedoch erkärte Paul unwirsch: »Sie ist nicht unsere Mutter.«
    »Unsere Mama ist bestimmt schon furchtbar sauer«, fügte Danny hinzu, der sich jetzt ebenfalls zum Sprechen ermutigt fühlte. »Sie hat gesagt, wenn wir zum Mittagessen zu spät kommen, kriegen wir eine Woche lang nur Wasser und Brot.« Er war ein erfinderisches Kind. »Und sie wird bestimmt noch viel wütender, wenn ich ihr sage, daß alles nur passiert ist, weil Paul eine nackte Frau sehen wollte.«
    »Halt die Klappe«, fuhr sein Bruder ihn an.
    » Und er hat mich gezwungen, mit ihm auf den Felsen raufzuklettern, damit er sie besser sehen konnte. Dad bringt ihn um, wenn er ihm sein Fernglas kaputtgemacht hat.«
    »Halt endlich die Klappe!«
    »Ja, und es ist alles deine Schuld. Du hättest es nicht runterfallen lassen sollen. Du Wichser«, sagte Danny frech, in dem sicheren Wissen, daß ihr Begleiter ihn beschützen würde.
    Harding sah, wie dem älteren Jungen Tränen der Demütigung in die Augen schossen. Er brauchte nicht lange an den Worten ›nackte Frau‹, ›besser sehen‹, ›Fernglas‹ und ›Wichser‹ herumzudeuteln, um sich ein ziemlich genaues Bild von der Situation machen zu können. »Ich hoffe, sie war’s wert«, sagte er sachlich. »Die erste nackte Frau, die ich in meinem Leben gesehen hab, war so alt und häßlich, daß ich danach drei Jahre lang keine mehr sehen wollte. Sie hat im Haus neben uns gewohnt und war so fett und verrunzelt wie ein Elefant.«
    »Und wie hat die nächste ausgesehen?« erkundigte sich Danny mit der unerbittlichen Logik des Zehnjährigen.
    Harding tauschte einen Blick mit dem älteren Bruder. »Sie hatte schöne Brüste«, sagte er mit einem Augenzwinkern zu Paul.
    »Die hatte die Frau hier auch«, stellte Danny entgegenkommend fest.
    »Nur daß sie tot war«, sagte sein Bruder.
    »Unsinn, wahrscheinlich war sie gar nicht tot. Es ist nicht immer leicht festzustellen, ob jemand wirklich tot ist.«
    »Doch, sie war tot«, widersprach Paul unglücklich. »Ich und Danny sind runter, weil wir das Fernglas wieder holen wollten.« Er zog sein zusammengebündeltes T-Shirt auseinander, um Harding das zerschrammte Gehäuse eines Feldstechers zu zeigen. »Ich... ich hab nachgeschaut, weil ich ganz sicher sein wollte. Ich glaube, sie ist ertrunken und von der Flut da angespült worden.« Er versank wieder in bedrücktes Schweigen.
    »Er wollte sie beatmen«, berichtete Danny, »aber sie hatte so schreckliche Augen, daß er sich nicht getraut hat.«
    Wieder warf Harding dem älteren Bruder einen Blick zu, teilnahmsvoll diesmal. »Die Polizei wird versuchen müssen, die Frau zu identifizieren«, sagte er nüchtern, »wahrscheinlich werdet ihr sie beschreiben müssen.« Er fuhr Danny durchs Haar. »Es ist vielleicht besser, bei der Gelegenheit nichts von schrecklichen Augen oder schönen Brüsten zu sagen.«
    Danny trat von ihm weg. »Ich sag bestimmt nichts.«
    Harding nickte. »Gut.« Er nahm Paul das Fernglas aus der Hand und untersuchte aufmerksam das Objektiv, ehe er das Glas auf die Beneteau in Chapman’s Pool richtete. »Habt ihr die Frau gekannt?« fragte

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