Wellentänze: Roman (German Edition)
Schwangerschaft zu erzählen, dass eine halbe Stunde mehr oder weniger keine Rolle spielen dürfte. Du wirst nur den Funkkontakt verlieren und unterbrochen werden, sobald du mit deiner Neuigkeit rausgerückt bist.«
»Das war mein Plan«, gestand Julia, die sich das Ganze genau zurechtgelegt hatte. »Und wenn ich das Timing richtig hinbekomme, wird sie nicht durchkommen, wenn sie zurückruft. Also wird sie meine Schwester anrufen, um es ihr zu erzählen. Angela wird sagen, dass sie es bereits wisse, aber das ganze Gespräch wird eine Weile dauern. Wenn meine Mutter es schließlich schafft, wieder zu mir durchzukommen, wird sie sich bereits ein wenig an den Gedanken gewöhnt haben. Aber wenn du mir das Telefon nicht bald gibst, muss ich ohne jede Einleitung damit herausplatzen, sonst werden wir noch beim ›Hallo, wie geht’s?‹ unterbrochen.«
»Aber hast du dann nicht die ganze Zeit Angst vor dem Anruf deiner Mutter? Wäre es nicht besser, du bringst es mit einem Rutsch hinter dich?«
»Ich glaube nicht. Wahrscheinlich wird sie sich beruhigen, sobald sie den ersten Schock verdaut hat. Angela hat mir erzählt, was sie sich für diesen Fall zurechtgelegt hat. Sie wird etwas sagen wie: ›Du willst doch nicht, dass Julia kinderlos stirbt, oder?‹ Mom wird dann erwidern: ›Nun, hätte sie nicht wie ein normaler Mensch erst heiraten und dann Kinder kriegen können?‹, aber Angela wird dagegenhalten, dass alle guten Männer bereits vergeben seien und nur die Gimpel und diejenigen, die ihre Frauen prügeln, noch übrig sind. Das müsste eigentlich helfen.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass deine Mutter dich nicht in jeder Hinsicht unterstützen wird.« Suzy klammerte sich mit derselben Zähigkeit an das Handy, mit der sie sich an ihren Eindruck von Margot klammerte.
»Ich habe versucht, dir zu erklären, wie sie ist. Sie wird mich unterstützen, wenn sie erst einmal über den Gedanken hinweg ist, dass sie jetzt ihren Freundinnen erzählen muss, ihre unverheiratete Tochter sei schwanger. Woraufhin diese natürlich etwas über junge Leute heutzutage vor sich hin murmeln werden, obwohl das auf mich weiß Gott nicht zutrifft.« Vor lauter Nervosität redete Julia einfach drauflos. »Aber als Erstes wird sie vor Wut schäumen. Glaub mir.« Julia streckte abermals die Hand nach dem Telefon aus.
Suzy machte einen Schritt zur Seite, sodass Julia immer noch nicht an das Handy herankam. »Mir gefällt diese Idee nicht. Das ist Feigheit. Ich finde, das ist Margot gegenüber nicht fair. Du musst auch auf ihre Gefühle Rücksicht nehmen.«
Ein kleiner Tornado der Entrüstung fegte durch Julias Gedanken und flaute dann wieder ab. Suzy war seit Beginn der Saison ziemlich erwachsen geworden, aber die Ironie dieser Bemerkung würde sie dennoch nicht erkennen können. »Ich habe bei dem Besuch deines Vaters neulich bei dir keine besondere Rücksichtnahme auf seine Gefühle feststellen können«, entgegnete sie sanft.
»Ich habe auf ihn Rücksicht genommen!« Suzy machte sich nicht die Mühe, ihre Empörung zu verbergen. »Ich habe das Auto angenommen, oder etwa nicht?« Aber Julia hatte mit ihrer Feststellung ins Schwarze getroffen, und Suzy überließ ihr endlich das Handy. »Ich finde immer noch, du solltest sie anrufen, wenn du wieder zu Hause bist. Dann könntest du deiner Mutter gleich sagen, du hättest alle möglichen Pläne für die Zukunft. Sie möchte doch nur dein Bestes.«
»Das weiß ich!« Julias Verzweiflung wuchs. »Aber wenn ich warten würde, bis ich einen Lebensplan entwickelt habe, wäre das Baby ungefähr zehn, und ich glaube nicht, dass ich es vermeiden kann, sie dieses Jahr zu Weihnachten zu sehen, geschweige denn während der nächsten zehn Jahre! Also, bitte! Ich muss es jetzt tun, oder mein ganzer Zeitplan ist zum Teufel!«
Julias Einschätzung ihrer Mutter erwies sich als ziemlich zutreffend. »Mein Gott!«, war alles, was sie hervorbrachte, bevor sie unterbrochen wurde, aber diese beiden Worte schienen wie ein Echo durch die pechschwarze Finsternis des Tunnels zu hallen, bis sie am anderen Ende wieder ans Licht kamen. Und als Julias Mutter kurze Zeit später zurückrief und Julia mit Phrasen überhäufte wie: »Wie kann man nur so dumm sein?«, und »Ich habe dir immer gepredigt, du sollst Verhütungsmittel benutzen, es gibt für eine Frau in deinem Alter keine Entschuldigung, sich überrumpeln zu lassen«, hatte Julia einige Male tief durchgeatmet. Sonst hätte sie ihr am Ende gesagt, dass
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