Wellentänze: Roman (German Edition)
herausgefunden hatte, im Grunde richtig nett. Er ließ sie in jeder Unterrichtsstunde nach Oxford fahren und am Kanal entlang, bis sie die Strecke auswendig kannte. Jetzt fühlte sie sich der Fahrt gewachsen, die sie in Zukunft täglich unternehmen würde und die der eigentliche Grund war, warum sie fahren lernen musste. Langsam verlor auch der Gedanke an die Führerscheinprüfung seinen Schrecken.
Sie hatte noch vier Doppelstunden Unterricht, bevor sie das nächste Mal zum Geburtsvorbereitungskurs musste. Im gleichen Maße wie ihre Fähigkeiten als Autofahrerin gewachsen waren, hatte sie auch an Selbstbewusstsein gewonnen. Mike hatte sie bereits für die Prüfung angemeldet. Julia beschloss, Fergus endgültig an seinen Platz zu verweisen. Am Dienstagnachmittag rief sie ihn an. Sein Anrufbeantworter sprang an.
»Ich bin es. Julia. Ich rufe nur an, um dir zu sagen, dass ich es für besser hielte, wenn du heute Abend nicht zum Kurs kommen würdest, es ist zu verwirrend für alle, und ich möchte dich wirklich nicht dabeihaben. Du brauchst nicht zurückzurufen. Bis dann.«
»Das sollte ihm eigentlich einen Dämpfer versetzen«, murmelte sie vor sich hin, als sie den Hörer auflegte.
So war es tatsächlich, aber es enttäuschte sie dennoch festzustellen, wie oft sie im Laufe des Abend zur Tür schielte, um zu sehen, ob er nicht doch noch auftauchen würde.
Es war keine Überraschung für sie, als Lucasta sie nach dem Unterricht bat, kurz auf sie zu warten. Die Kursus-Teilnehmer hatten den Abend damit zugebracht, sich Videos über verschiedene Entbindungstechniken anzusehen. Julia hatte die Augen fest geschlossen gehalten.
»Also, wie liegen die Dinge mit Fergus?«, fragte Lucasta auf eine ganz und gar unhebammenmäßige Weise. »Ich gehe doch recht in der Annahme, dass er der Vater ist?«
»Ja, und er hat angeboten, mich zu heiraten doch ich habe seinen Antrag abgelehnt. Er möchte viel mehr mit dem Baby zu tun haben, als mir mir lieb ist.«
»Warum?«
»Weil er sich Kinder wünscht und seine erste Frau ihre Karriere nicht für ein Kind aufgeben wollte.«
»Nein, ich meinte, warum möchten Sie nicht, dass er sich für das Kind engagiert? Es ist doch immer schön, einen Freund bei sich zu haben.«
»Das sicher, es wäre schön, einen Mann zu haben, der mit mir ins Krankenhaus geht und so weiter.« Einen Augenblick lang dachte sie an die anderen Paare aus dem Kurs, die echte Paare waren, nicht nur zwei Leute, die sich flüchtig kannten. »Aber wenn wir wirklich heiraten würden, könnte die Ehe unmöglich halten, und ich finde es besser, etwas, das mit Tränen enden wird, gar nicht erst anzufangen.«
Julia erwartete erheblich mehr Einwände, aber Lucasta erwiderte nur: »Schade, er schien mir ein netter Kerl zu sein.«
»Er ist ein netter Kerl. Ich gebe Ihnen seine Telefonnummer, wenn Sie wollen«, sagte Julia.
Lucasta lachte. »Nein, tut mir Leid. Ich bin schon vergeben. Sehen Sie sich das hier an.« Mit diesen Worten zog sie ein Goldkettchen aus dem Ausschnitt ihrer Bluse. An der Kette baumelte ein Ring mit einem Diamanten von spektakulärer Größe und wunderbarem Glanz. »Ich möchte ihn bei der Arbeit nicht tragen, damit ich niemanden schneide, aber ist der Ring nicht einfach himmlisch? Wir wollen im Frühling heiraten.«
»Wow«, murmelte Julia. »Atemberaubend.«
»Manchmal«, bemerkte Lucasta rätselhaft, »ist eine Bindung durchaus lohnend.«
Am Tag bevor Julia den schriftlichen Teil der Fahrprüfung ablegen sollte, gab Mike ihr ein Buch mit den Fragen, die man ihr wahrscheinlich stellen würde. In dieser Nacht arbeitete sie das Buch durch und zwang das Wissen mühsam in ihr müdes Gehirn.
»Es ist ein Kinderspiel«, versicherte Mike, nachdem Julia – sehr akkurat – vor dem Prüfungszentrum eingeparkt hatte. »Sie können gehen, sobald Sie fertig sind. Kommen Sie einfach raus, und wir machen die nächste Fahrstunde. Habe ich Ihnen eigentlich schon erzählt, dass Ihr Prüfungsdatum gekommen ist? Jemand ist abgesprungen. Sie kommen schon nächste Woche dran.«
Diese Information erschütterte Julia ein wenig, aber die Fragen, die man ihr stellte, waren in der Tat einfach. Das Multiple-Choice-System hatte ihr noch nie Probleme bereitet, vielleicht deshalb, weil sie als Teenager viele solcher Tests gemacht hatte, um mehr über sich selbst zu erfahren. Teste dich selbst: Wie sinnlich bist du? Bist du ein Schmusekätzchen, oder bist du es nicht?, und Bist du eine gute Freundin oder eine
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