Wellentänze: Roman (German Edition)
»Dann bist du also eine Art Mutter für ihn?«
»Ganz und gar nicht. Eher so etwas wie eine Ehefrau oder eine Partnerin ... Wo wir gerade beim Thema sind, wie geht es eigentlich Fergus?«
Da ihr klar war, dass sie dieses Thema nicht dauerhaft würde umschiffen können, stieß Julia einen tiefen Seufzer aus. »Na schön. Ich erzähle dir sämtliche schaurigen Einzelheiten, während wir putzen. Wir haben morgen unsere erste Reservierung, falls du das noch nicht weißt.«
»Natürlich weiß ich es! Ich habe das arrangiert!«
Sie waren immer noch ein gutes Team. Als die Gäste am nächsten Abend kamen, war das Boot in einem Zustand, dass es sowohl der Inspektor von der Gesundheitsbehörde als auch Oscars Mutter hätten gutheißen müssen. Und die Düfte aus der Kombüse hätten jeden Diätfanatiker ins Wanken gebracht.
Julia hatte sich alle Speisekarten angesehen, sie leicht überarbeitet, damit sie persönlicher wirkten, und bereits sehr viel zu Hause vorgekocht, wo sie mehr Platz und besseres Handwerkszeug hatte (Suzy hatte ihr eine Küchenmaschine geschenkt, als Ausgleich dafür, dass sie nicht für das Baby strickte). Sie hatte Pfefferkuchen gebacken, Lammfleisch mariniert und hatte Stunden darauf verwandt, einzelne Zwiebelkuchen zu backen, Räucherlachs in Quadrate zu schneiden und alle möglichen anderen, witzigen, kniffligen Dinge zu tun, für die sie im Sommer nie die Zeit gefunden hatte. Es überraschte sie, wie sehr ihr diese Arbeit gefiel. Es machte Spaß, ein Abendessen vorzubereiten, wenn man nicht vorher schon für Frühstück, Mittagessen und Tee hatte sorgen, acht Kabinen putzen und drei Klos hatte auspumpen müssen.
Weitaus schwieriger war es für sie, sich in der Kombüse zu bewegen. Anders als Julia, hatte sich die Kombüse seit ihrer letzten Begegnung nicht ausgedehnt, und sie kam ihr jetzt viel enger vor als früher. Immer wieder wurde ihr Bauch nass, etwas, was ihr noch nie zuvor passiert war. Wahrscheinlich lag es daran, dass sie sich vorbeugen musste, um abzuwaschen, und es schien ihr selbst nicht recht bewusst zu sein, wie weit sich ihre Leibesfülle erstreckte. Auch ihr Gleichgewichtssinn war nicht mehr das, was er einmal gewesen war, und sie landete ein paarmal rücklings auf dem Fußboden, wenn sie etwas aus den unteren Schränken räumte.
Aber sie war mehr als bereit, als sie die ersten Gäste erwarteten, eine Gesellschaft von College-Leuten, die im Voraus gebucht hatte.
»Mist! Fergus ist dabei!«, sagte sie zu Suzy, als sie die ersten Autos vorfahren sah.
»Macht dir das denn etwas aus? Ich dachte, ihr beide stündet auf freundschaftlichem Fuß miteinander.«
»Nun ja, irgendwie schon, und nein, natürlich macht es mir nichts aus, es ist bloß so: Immer wenn ich mich darauf vorbereite, dass er kommt, dann taucht er nicht auf.« Sie spähte aus dem Fenster, die Hände um ihr Gesicht gelegt, um besser sehen zu können. »O mein Gott, das ist sein Auto, jedenfalls sieht es ihm sehr ähnlich.«
Die Gäste kamen alle pünktlich an, und Julia hatte Recht mit ihrem Verdacht: Fergus war einer von ihnen. Das Boot legte zu einer kurzen Kanalfahrt ab. Was irgendjemand bei der Dunkelheit draußen zu sehen hoffte, wusste Julia nicht, aber sie musste zugeben, dass die Fahrt durch die Finsternis, vorbei an den Lichtern Oxfords, dem Abend einen gewissen Reiz verlieh.
Es war natürlich sinnlos zu versuchen, Fergus aus dem Weg zu gehen, aber Julia tat es trotzdem. Sie hielt den Kopf gesenkt, während sie die Schüsseln herumreichte, und sie blickte nicht ein einziges Mal über die Schwingtür, obwohl sie schrecklich gern gewusst hätte, ob die Leute sich amüsierten. Sie überlegte sogar, ob sie nicht an einer Brücke von Bord gehen sollte, nachdem sie den Pudding serviert hatte, entschied sich dann aber dagegen. Sie war nicht mehr so beweglich wie früher, und es würde ein langer, schlammiger Fußmarsch über den Treidelpfad werden, bevor sie den Lieferwagen erreichte.
Und obwohl sie in gewisser Weise mit Fergus rechnete, als er vom Tisch aufstand und in die Kombüse kam, war sie doch nicht auf den Ansturm der Gefühle vorbereitet, die sein Anblick in ihr auslöste. Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht, um ihr jähes Verlangen zu überspielen, sich ihm in die Arme zu werfen.
»Du bist also hier«, begann er.
»Wie du siehst. So war es ja auch geplant. Ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, dich hier zu sehen. Obwohl du es gewusst haben musst, als ich dir das erste Mal davon
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