Wellentänze: Roman (German Edition)
wollten, wie das Baby sich bewegte? Nachdem die Weihnachtsfeier für beendet erklärt worden war und sie sich alle wieder in Ruperts Firmenwagen gezwängt hatten, war Julia klar, dass sie in den Augen ihres Bruders und ihrer Schwägerin nicht auf Platz eins rangierte, dass sie aber bei ihren Kindern einige Punkte wettgemacht hatte.
»Du brauchst heute Abend nicht nach Hause zu fahren«, meinte ihre Schwester, die missbilligend zusah, wie Julia am Tag nach dem zweiten Weihnachtstag ihr Gepäck in den Lieferwagen packte. »Warum bleibst du nicht noch eine Nacht? Schließlich ist Weihnachten.«
»Nein, du brauchst auch etwas Zeit allein mit deiner Familie.«
»Solange Mom da ist, kannst du ebenso gut bei uns bleiben.«
»Nein. Ich möchte mich daran gewöhnen, offizielle Feiertage allein zu verbringen.« Es sollte eigentlich ein Witz sein, aber als sie den Worten nachlauschte, begriff sie, dass es die Wahrheit wahr.
Ihre Schwester wäre um ein Haar in Tränen ausgebrochen. »Niemals, solange ich lebe und atme, wirst du Weihnachten allein verbringen müssen.«
»Schon gut, schon gut, du brauchst nicht so einen Wirbel zu machen. Jetzt muss ich noch mal rein und Mom Auf Wiedersehen sagen.«
Dieser Abschied dauerte ziemlich lange, obwohl sie einander wiedersehen würden, sobald das Baby auf der Welt war. Margot wollte sich um Julia kümmern, wenn sie aus dem Krankenhaus kam.
»Also, bist du dir auch ganz sicher, dass du mich nicht bei der Geburt dabeihaben willst?«, fragte Margot zum x-ten Mal.
»Absolut sicher. Angela wird mich ins Krankenhaus fahren und sich um mich kümmern. Du kannst in den Wagen springen, sobald sie dich anruft, um dir mitzuteilen, dass das Baby da ist.«
»Bist du dir sicher?«, wiederholte Margot gleich noch mehrere Male, aber schließlich und endlich kannte Julia doch fahren.
»Liebes kleines Auto«, sagte sie und tätschelte das Armaturenbrett des Lieferwagens. »Ich liebe dich inniglich. Wenn ich dich zurückgeben muss, muss ich mir sofort selbst ein Auto kaufen.«
Sie nahm ein Bad, schlüpfte in den gewaltigen Morgenmantel aus rotem Fleece, den ihre Mutter ihr zu Weihnachten geschenkt hatte (obwohl eigentlich die Fahrstunden ihr Geschenk hatten sein sollen), zündete ein Feuer an und machte sich auf einen gemütlichen Abend zu Hause gefasst. Sie wollte den Wälzer in Angriff nehmen, den ihre Schwägerin ihr geschenkt hatte, und sich gleichzeitig die Weihnachtssondersendungen im Fernsehen ansehen, und ahnte daher nichts Böses, als es an der Tür klopfte.
Julia überlegte, ob sie überhaupt öffnen sollte. Wer konnte sie so spät am Abend noch besuchen, noch dazu an den Weihnachtsfeiertagen? Sie legte die Kette vor und öffnete die Tür mit äußerster Vorsicht. Es war Fergus.
»O Julia, Gott sei Dank, dass du zu Hause bist! Ich dachte, du bist vielleicht ein Housesitter oder eine Sicherheitsvorkehrung, die die Lichter an und aus knipst.«
Julia machte sich an der Türkette zu schaffen und bekam die Tür schließlich auf. Fergus taumelte herein. Er war tropfnass. »Was um alles in der Welt ist denn dir passiert?«
»Ein Mist nach dem anderen! Zuerst platzen dem Nachbar in der Wohnung über mir die Rohre, während wir beide nicht zu Hause sind. Seine Wohnung ist völlig überflutet und meine auch. Der Mann von oben ist noch nicht wieder zurück, aber ich brauchte bloß einen Fuß in meine Wohnung zu setzen, um festzustellen, dass alles durchnässt ist. Ich habe ein Riesenvermögen für einen Notdienstinstallateur ausgegeben, der darauf bestand, in bar bezahlt zu werden, aber das Haus ist immer noch unbewohnbar.« Er hielt inne.
»Und?«
»Eigentlich wollte ich mich ein paar Freunden aufdrängen, aber von denen ist keiner zu Hause. Die wenigen, die über Weihnachten nicht verreist sind, wohnen meilenweit weg. Und dann ist mir auch noch das Benzin ausgegangen.«
»Das sieht dir gar nicht ähnlich, oder?«
»Du brauchst es mir nicht auch noch unter die Nase zu reiben. Also bin ich zu Fuß weitergegangen, um zu sehen, ob ich irgendwo eine Werkstatt finden konnte, die geöffnet ist, und dann habe ich bei dir Licht brennen sehen ...«
»Und?«
»Ich dachte, du würdest mir vielleicht etwas zu trinken geben.«
»Hm, ja, würde ich. Natürlich. Aber wirst du denn heute Abend nicht noch fahren?«
»Setz einfach den Kessel auf.«
Julia, die sich ihre Freude nicht anmerken ließ, griff nach seinem Mantel.
Kapitel 24
J ulia wuselte um ihn herum, setzte den Kessel auf, legte Holz
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