Wellentänze: Roman (German Edition)
erzählt habe.«
»Du wirst es mir sicher nicht glauben, aber zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, wohin wir gehen würden. Ich wusste nur, dass ich mit einigen Kollegen zum Abendessen verabredet war. Als ich dann erfuhr, dass wir auf diesem Boot gebucht hatten, da hast du bereits nicht mehr mit mir gesprochen.«
»Dann bist du also nicht hergekommen, um mir nachzuspionieren?«
»Natürlich nicht.« Er wirkte so gekränkt, als hätte er niemals irgendwelche Vorschläge gemacht, was ihre Vorbereitungen für die Mutterschaft betraf, als hätte er niemals ein Wort über ihre mangelnde Lebenstüchtigkeit verloren. »Du bist dicker geworden«, fügte er hinzu.
»Wahrscheinlich.« Julia ertappte sich dabei, wie sie in seinem Gesicht nach Zeichen des Abscheus forschte. Sie konnte nichts dergleichen entdecken, aber andererseits konnte man sich bei Fergus nie sicher sein. »Das ist normal.«
»Ich weiß. Aber ich hätte nicht gedacht, dass mir die Veränderung auffallen würde. So lange ist es doch gar nicht her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben, oder?«
»Keine Ahnung.« Genau genommen war es ein halbes Leben her, aber das würde sie nicht zugeben, nicht einmal sich selbst gegenüber.
Fergus versuchte noch einmal, Konversation zu machen. »Vielen Dank übrigens, dass du mir von deiner bestandenen Führerscheinprüfung geschrieben hast.«
Das war ihre Chance, sich wirklich bei ihm zu bedanken, aber es war ihr noch nie leicht gefallen, Fergus zu danken. »Tut mir Leid, dass es so eine grässliche Karte war, aber etwas Besseres hatte ich nicht zur Hand ... Ich hätte es ohne dich nicht geschafft«, fügte sie schroff hinzu, den Blick auf seinen Bauch geheftet. Ihr fiel auf, dass seine Taille weder ein Zeichen einer bevorstehenden Vaterschaft noch den Absatz eines Bierbauchs zeigte.
»Ich bin sicher, du hättest es auch ohne mich geschafft.«
»Es hätte viel länger gedauert.« Julia hob den Blick; sie musste ziemlich idiotisch aussehen, wie sie da auf seinen Bauch starrte. »Aber wie du siehst, kann ich jetzt Auto fahren, und es macht mir großen Spaß, wieder zu kochen. Wenn die Barge Baguette erneut die Arbeit aufnimmt, habe ich jede Menge Kontakte geknüpft, und man wird mich bitten, für Dinnerpartys und ähnliche Anlässe zu kochen.«
»Du willst mir mit anderen Worten sagen, dass für dich und das Baby gesorgt sein wird und du meine Hilfe nicht brauchst?«
Julia wandte den Blick von seinen Augen ab. Selbst wenn sie diese Augen näher erforscht hätte, hätte sie niemals herausfinden können, was er wirklich dachte, daher gab sie ihm nicht die Chance festzustellen, wie verworren ihre eigenen Gefühle waren. »Ja, so ungefähr. Ich kann genug Geld für uns beide verdienen.«
»Ich verstehe. Nun, ich will deine Zeit nicht länger in Anspruch nehmen. Ich sehe, du bist beschäftigt.«
»Furchtbar beschäftigt. Ich muss den ganzen Abwasch erledigen.«
»Ich werde dir nicht anbieten, dir dabei zu helfen.«
»Nein, bitte tu das nicht. Ich könnte unmöglich einem zahlenden Gast erlauben, den Abwasch zu machen.«
»Natürlich. Also dann, gute Nacht, Julia.«
»Gute Nacht.« Sie wandte sich ab, damit er ihre Tränen nicht sehen konnte.
Das Restaurantboot war über den ersten und zweiten Weihnachtstag geschlossen. Julia wollte diese Zeit bei ihrer Schwester verbringen, die auch ihre Mutter zu Besuch hatte. Ihr Bruder und seine Familie wurden zum Weihnachtsessen erwartet. Am zweiten Weihnachtstag wollten sie dann alle zusammen zum Tee zu ihm gehen. Julia sah dem Ganzen mit Grausen entgegen. Sie hatte während ihrer Schwangerschaft nur telefonischen Kontakt zu ihrem Bruder gehabt, und es war ihr nie gelungen, seine Frau lieb zu gewinnen, eine dünne, nervöse Person, die ständig an ihren Kindern herumnörgelte.
Andererseits war es schön, ihre Mutter und ihre Schwester wiederzusehen, und zusammen schälten sie Kartoffeln, putzten Rosenkohl und entwarfen eine neue Füllung, beeinflusst von einem Dutzend verschiedener Kochbücher, und spickten zu guter Letzt noch den Pudding mit Pfundmünzen. Das war für Julia immer der schönste Teil des Weihnachtsfestes, alles andere schien schlicht und einfach harte Arbeit zu sein.
Die Kinder ihres Bruders beäugten voller Ehrfurcht Julias Bauch, da man ihnen offensichtlich eingeschärft hatte, ihn auf keinen Fall zu erwähnen. Woraufhin Julia sie prompt fragte, ob sie sich auf ihren neuen Cousin oder ihre neue Cousine freuten und ob sie vielleicht mal fühlen
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