Wellentänze: Roman (German Edition)
aber das Gefühl, viel zu weit entfernt zu sein, um sich vorbeugen und ihr Baby berühren zu können.
»Dann vielleicht Fergus? Aber entscheiden Sie sich. Es dauert nicht mehr lange.«
»Julia?«
»Wenn du willst.«
»Da ist der Kopf. Und die Nabelschnur ist in Ordnung.«
»Komm schon, Liebling, wir haben’s fast geschafft. Es kommt, ich kann es sehen ... es ist ein Junge!«, flüsterte Fergus. »Oh, mein Gott.«
»Gut gemacht, Fergus! Und das ist die Nabelschnur«, erklärte Lucasta, »und ja, es ist ein kleiner Junge. Wollen Sie ihn gleich haben, oder soll ich ihn erst sauber machen?«
»Sofort, bitte«, antwortete Julia. Einen Augenblick später lag ihr Baby in ihren Armen und suchte nach ihrer Brust. Sie stellte fest, dass sie gleichzeitig lachen und weinen musste. Eine Woge von Gefühlen überschwemmte sie. Sie spürte, dass sie sowohl dem Leben als auch dem Tod näher war als je zuvor, und in ihren Armen regte sich ein neues Leben. Sie war so voller Liebe für diesen kleinen, aber vollkommenen Menschen, der jetzt mit weit geöffneten Augen zu ihr aufsah, dass sie noch genug Liebe für den ganzen Rest der Welt übrig zu haben schien.
Julia blickte zu Fergus auf. »Wir haben es geschafft, nicht wahr?«, fragte sie mit einem leisen Lachen. »Und er sieht genauso aus wie du.«
»Du hast es geschafft, Julia. Ich habe nur als Fürsprecher agiert. Aber ich bin so furchtbar stolz auf dich.«
»Du hast ihn auf die Welt gebracht. Du bist praktisch eine Hebamme.« Julia war wieder den Tränen nah und konzentrierte sich darauf, schnippische Antworten zu geben und das winzige Etwas in ihren Armen zu betrachten, das bis hinab zu den Fingernägeln vollkommen war.
»Wie soll er denn heißen?«, erkundigte sich Lucasta.
»Keine Ahnung«, antwortete Julia. »Mir wird schon etwas einfallen.«
»Nun, wenn Sie ihn mir jetzt noch einmal überlassen würden, werde ich ihn wiegen, untersuchen und ihm etwas anziehen, dann können Sie drei einander etwas besser kennen lernen.«
»Vielleicht sollte ich in der Zwischenzeit ein paar Telefonanrufe erledigen«, meinte Fergus. »Du hast doch sicher eine Liste von Leuten, denen du Bescheid geben willst. Deine Schwester ...«
»Völlig zwecklos, die Leute anzurufen, wenn sie noch nicht wissen, wie viel er wiegt«, mischte sich Lucasta ein. »Das ist das Erste, was die Leute nach dem Geschlecht wissen wollen. Soll ich Ihnen sein Gewicht angeben?«
»In Pfund und Gramm«, erwiderte Julia.
»Dann sind es genau siebeneinhalb Pfund. Gut gemacht. Das ist recht ordentlich für eine Frühgeburt. Obwohl Jungen im Allgemeinen immer etwas schwerer sind als Mädchen. Jetzt will ich mich nur noch davon überzeugen, dass alles mit ihm in Ordnung ist, obwohl mir kaum je ein gesünderes kleines Ding untergekommen ist.«
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis man ihnen das Baby wieder zurückgab. »Jetzt genießen Sie einfach ein Weilchen das Beisammensein.« Das Kind, das immer noch keinen Namen hatte, wurde in Julias Arme gelegt. »Für Telefonanrufe bleibt später noch reichlich Zeit.«
»Ich nehme an, Julia würde diese Zeit lieber allein mit dem Baby verbringen«, sagte Fergus.
Julia hörte die Trostlosigkeit in seiner Stimme und wusste, dass sie ihn jetzt nicht wegschicken konnte.
»Geh nicht, Fergus. Bleib bei mir und mach dich mit deinem Sohn bekannt.«
Fergus nahm neben ihr auf dem Bett eine halb liegende Position ein und schloss das Baby in die Arme, als Julia es ihm hinhielt. »Ich hätte nie gedacht, dass ich diese Worte jemals hören würde.«
»Freust du dich, dass es ein Junge ist?«
Fergus schüttelte den Kopf. »Ich freue mich einfach, dass es ein Baby ist.«
»Ja, wenn wir eine kleine Katze oder einen Hund bekommen hätten, wären wir doch sehr aufgefallen.«
Er sah sie mit finsterem Blick an, und Julia bemerkte, dass er geweint hatte. Sie wünschte sich aus tiefster Seele, sie hätte ihn bitten können, für immer bei ihr zu bleiben. Aber sie wusste, dass Entscheidungen, die man auf einem solchen Höhepunkt der Glückseligkeit traf, sicher diejenigen waren, die man später bereute.
Schließlich kam Lucasta zurück. »Ich hatte gerade eine sehr ängstliche Angela Wilton am Telefon, die mitgeteilt hat, dass sie nicht so schnell kommen könne. Sie fragte, ob das Baby bitte auf sie warten könne. Ich habe ihr erklärt, dass sie zu spät anrufe und bereits einen neuen Neffen habe. Ich hoffe, das geht in Ordnung. Eigentlich darf ich keine vertraulichen Einzelheiten
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