Wellentänze: Roman (German Edition)
gelöst.
»Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte Ralph eine gute Viertelstunde später. »Wir sind über so eine verdammte Matratze gefahren. Es hat elend lange gedauert, den Propeller frei zu bekommen.«
»Hier ist alles in Ordnung. Ich habe die Landschaft bewundert. Es ist wirklich hübsch hier, finden Sie nicht auch?«
Ralph ließ seinen Blick flüchtig über die Felder gleiten. »Ist schon okay, ja. Aber weiter oben wird es noch schöner. Soll ich den Ofen anzünden? Sie sehen ziemlich durchgefroren aus.«
Donald und Ted hatten die erste Schleuse für sie vorbereitet. Zwei große Tore führten in eine Kammer aus Ziegelstein, die zwar allgemein als breit beschrieben wurde, für zwei Boote nebeneinander jedoch ziemlich eng wirkte.
»Jetzt werden wir mit dem Schleppboot auf gleiche Höhe gehen«, erklärte Ralph. »Sehen Sie genau zu. Jason kann nicht bremsen, um das Boot zu verlangsamen, also muss er den Rückwärtsgang einlegen, um die Geschwindigkeit zu drosseln. Aber das hintere Boot wird natürlich weiterfahren, und auf diese Weise kommen dann in der Schleuse beide nebeneinander zu liegen.«
Jason hatte inzwischen eine der Schleppleinen losgeworfen, sodass das Butty mit der Nase herumschwang. Dann machte er auch die andere Leine los, während Ralph die Ruderpinne ruhig hielt, damit das hintere Boot nicht gegen die Uferböschung stieß. Lautes Motorengeräusch ertönte und das Gurgeln des Wassers, als Jason den Rückwärtsgang einlegte und das hintere Boot dicht neben das Motorboot glitt.
Ralph stieg auf das Dach des hinteren Bootes und lief zum Bug nach vorn. Dort nahm er eine Leine und warf sie über eine Klampe auf dem Vorschiff des Schleppers, während Jason eine Leine vom Heck des Schleppers aus auf einer Klampe des Buttys belegte.
»Was soll ich tun?«, erkundigte sich Julia höflich bei Jason.
»Aus dem Weg bleiben«, knurrte er sie an, während er wieder einen Vorwärtsgang einlegte. Die Boote setzten sich erneut in Bewegung und schienen mit beängstigender Geschwindigkeit in das Maul der Schleuse zu fahren. Es hätte kaum noch ein Streichholz dazwischengepasst, aber die Boote berührten die Wände der Schleusenkammer nicht. Julia verstand jetzt, warum Ralph sich mit Jason abfand: Er war ein Genie.
»Sie brauchen nicht mit anzufassen«, meinte Ralph, »wir haben genug Leute, die helfen. Aber stellen Sie sich vor, wie es früher gewesen sein muss, als nur ein Ehepaar die beiden Boote manövrierte.« Ziemlich stressig, dachte Julia, vor allem, wenn man mit Jason verheiratet gewesen wäre. »Ich erkläre Ihnen, was vor sich geht«, fuhr Ralph fort, »lassen wir die jungen Leute schuften. Wenn Donald und Suzy die Tore hinter uns geschlossen haben – oder noch früher, wie ich Jason kenne –, werden Jason und Ted anfangen, die Schütze hochzukurbeln. Damit lassen sie Wasser in die Schleuse, bis wir hier drin den gleichen Wasserstand haben wie der Kanal hinter der Schleuse. Es ist so, als drehte man im Badezimmer die Hähne auf. Verstehen Sie? Es wird mit Winden bedient.«
Das Wasser strömte in die Schleuse, sodass die Boote erst nach hinten, dann wieder nach vorn trieben. Ralph quittierte Julias konzentrierten Gesichtsausdruck mit einem Lachen. »Sie werden den Bogen auch bald raushaben.«
Nach fünf Schleusen hatte Julia tatsächlich das Gefühl, eine ganze Menge über den Umgang mit Booten gelernt zu haben. Sie hatte Tore geöffnet und geschlossen, eine Winde benutzt und, wenn auch quälend langsam, ein Schütz gehoben.
Julia war gern mit Ralph auf dem hinteren Boot. Auf ruhige, entspannte Art und Weise erklärte er ihr alles. Aber wie mochte Suzy wohl mit Jason auskommen, vor allem nach ihrer Zankerei wegen der Matratze? Obwohl sie gemeinsam mit Suzy einige Schleusentore geöffnet hatte, war zum Plaudern nicht viel Zeit gewesen. Jetzt überließ Jason gerade Suzy die Ruderpinne und verschwand selbst unten im Motorraum.
»Er muss wahrscheinlich mal«, kommentierte Ralph das Geschehen. »Sonst würde er sie niemals ans Ruder lassen. Dass er nicht einfach über die Reling pinkelt, zeigt seine Achtung vor euch Damen.«
Aber als Jason wieder auftauchte, hielt er ein Tablett mit Kaffeetassen in Händen. »Ich habe ihm Unrecht getan«, bemerkte Ralph. »Er muss Suzys Fähigkeiten höher einschätzen, als ich dachte. Halten Sie mal, ich hole unsere Becher.«
Julia übernahm mit großer Zuversicht den »Helm«, während Ralph mit zwei Kaffeebechern zurückkam und das Ruder übernahm, damit sie
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