Wellentänze: Roman (German Edition)
dir, wie man einen Bettbezug wechselt.«
Eine neue Variation eines alten Themas, dachte Julia, und folgte den beiden langsam.
Kapitel 9
M ein Gott! Bin ich froh, dass wir Wayne haben!«, sagte Suzy, kurz nachdem ihre Passagiere gegangen waren.
»Hat das einen besonderen Grund? Wegen all der Schleusen, die wir vor uns haben?«, fragte Julia.
»Ach, die Schleusen! Nein, ich denke an das Auspumpen. Ich weiß, dass das meine Aufgabe sein wird, und der Boss sollte alle Arbeiten selbst verrichten können, die er von seinen Angestellten verlangt, aber bei dem Gedanken ans Auspumpen kommt mir einfach alles hoch. Und Wayne hat das erledigt, ohne dass sich ihm die Haare gesträubt hätten.«
»Er hat ja auch nicht viele Haare, die sich sträuben könnten«, meinte Julia, obwohl ihr Suzys Erleichterung durchaus einleuchtete.
Nachdem die Kabinen auf Vordermann gebracht und die weniger appetitlichen Arbeiten getan waren, fanden sie, es sei an der Zeit, in den Yachthafen einzulaufen, wo auch ihre nächsten Passagiere an Bord gehen würden. Glücklicherweise standen etliche Leute herum, die nur allzu gern mit anfassten, aber für Wayne war es trotzdem eine Feuertaufe und für die beiden Frauen eine echte Gelegenheit zu zeigen, was sie gelernt hatten. Aber es lief alles glatt. Sie schafften es ohne großes Geschrei, ohne Zwischenfälle und vor allem, ohne irgendetwas zu rammen, das Dellen bekommen konnte.
Endlich hatten sie sich in ihre Lücke im Hafenbecken gezwängt, die Leinen festgemacht und sich im Salon auf ein Sofa sinken lassen, um sich von ihrem letzten Beinahezusammenstoß mit einem Plastikboot zu erholen, als der Mann eintraf, den Tante Joan ihnen geschickt hatte.
Er war Anfang sechzig, gut gelaunt und hörte auf den Namen Fred. Er hatte vor einigen Jahren mit Ralph zusammengearbeitet, und obwohl er schon lange nicht mehr dabei war, galt den Hotelbooten immer noch seine heimliche Leidenschaft. Suzy hatte, wie sie Julia später erzählte, Joan gefragt, ob Fred nicht als Bootsmann zu ihnen zurückkommen wolle. Aber inzwischen war er der Zucht von Chrysanthemen verfallen, die er nicht im Stich lassen wollte. Er brachte ihnen frische Wäsche und Post – unter anderem einen edlen weißen Umschlag, der einen maschinegeschriebenen Brief für Suzy enthielt.
Sie riss den Umschlag sofort auf. »Mein verdammter Vater«, murmelte sie und begann zu lesen. Während der Lektüre knirschte sie hörbar mit den Zähnen und brummte leise vor sich hin, wie unfair manche Menschen doch seien.
Julia bekam einen ähnlichen Umschlag, dem Oscars selbstbewusste Handschrift zierte, und dann noch einen, der sehr formell aussah und ihr von ihrer Heimatadresse aus nachgeschickt worden war. Sie beschloss, ihre Post lieber später allein zu öffnen, für den Fall, dass Oscars Brief bei ihr eine ähnlich ärgerliche Reaktion provozierte. Fred sollte nicht denken, dass sie beide, Suzy und sie, vollkommen den Verstand verloren hatten.
»Darf ich Ihnen etwas zu trinken bringen?«, fragte sie ihn, um die Aufmerksamkeit ein wenig von Suzy abzulenken.
»Eine Tasse Tee wäre schön, junge Dame. Ich werde auch nicht lange bleiben; ich weiß doch, wie Samstage so sind. In alten Zeiten mussten wir samstags immer den Kühlschrank auf den Kopf stellen.«
Diese Bemerkung weckte sofort Suzys Interesse. »Ach ja? Warum denn das?«
»Es war ein Gaskühlschrank, und er kam damals langsam in die Jahre. Die Zündflamme ging dauernd aus, und man bekam die Luft nur aus dem Ding, wenn man den ganzen Schrank auf den Kopf stellte. Verdammt lästig. Man musste vorher natürlich alles rausnehmen, und irgendjemand kam immer ausgerechnet dann vorbei, wenn wir gerade mitten in der Arbeit steckten. Aber in vieler Hinsicht war das Leben damals einfacher. Es gab nicht so viele Regeln und Vorschriften. Joan hat mir erzählt, ihr müsstet euch jetzt wegen der Gesundheitsbehörde den Kopf zerbrechen.« Er schüttelte pessimistisch den Kopf. »Schrecklich. Ich weiß nicht, wie man auf so alten Booten Hygienevorschriften erfüllen soll.«
Julia und Suzy tauschten nervöse Blicke.
»Oh, es wird schon alles gut gehen.« Fred leerte seinen Becher. »Dann lasse ich euch jetzt mal weitermachen. Viel Glück euch beiden, und wir sehen uns dann nächste Woche in Leamington.« In diesem Augenblick kam Wayne in den Salon. »Ich hoffe, Sie sind gut in Form, junger Mann«, meinte Fred. »Sie haben zweiundvierzig Schleusen vor sich. Und das allein auf der Strecke zwischen Tardebigge
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