Wellentänze: Roman (German Edition)
Hase flussaufwärts.
Als Julia einen Eisvogel sah – ein Aufblitzen von leuchtendem Blau, das wie künstliche Seide schimmerte –, war sie fest entschlossen, dies als gutes Omen zu werten.
Aber obwohl Wayne nach dem Mittagessen in die Kombüse kam, ihr seine Hilfe beim Abwasch anbot und kumpelhaft mit den Passagieren plauderte, während er den Tisch abräumte, fand Julia den jungen Mann im Gegensatz zu Suzy keineswegs atemberaubend attraktiv.
»Er hat einfach spitzenmäßige Gene«, schwärmte Suzy, als Julia mit einer Tasse Kaffee nach oben ging und Wayne die Leinen am Vorschiff aufschoss.
»Oh.« Julia war verblüfft und keineswegs so sicher wie Suzy, dass man ihr Gespräch nicht mit anhören konnte. Nur weil Suzy kaum etwas verstand, wenn sie am Ruder saß und man ihr vom Bug aus etwas zurief, bedeutete das nicht, dass Geräusche sich in die andere Richtung nicht besser ausbreiteten. »Woher willst du das wissen?«, fügte sie hinzu.
»Man muss ihn sich doch nur ansehen! Er ist einfach sexy. Genau das, was man für das perfekte Baby braucht.«
»Suzy, du trägst dich doch nicht etwa mit der Absicht, ein Baby zu bekommen, oder?« Suzy hatte eine Menge Eigenschaften, die Julia aufrichtig bewunderte, aber sie ließ sich bisweilen von wilden Augenblickseingebungen hinreißen.
»Nein, nein, natürlich nicht. Aber wenn ich so alt wäre wie du ...«
Warum brachte nur jeder ihr Alter mit dem Zeugen von Babys in Zusammenhang? Erst Oscar und jetzt Suzy. »Suzy, ich nähere mich noch keineswegs dem Ende meiner fruchtbaren Jahre, und selbst wenn es so wäre, wäre Wayne ungefähr zwanzig Jahre zu jung für mich. Und wie schön er auch sein mag – ein Kind von ihm wollte ich nicht!«
Als Julia in den Maschinenraum abtauchte, sah sie aus den Augenwinkeln, dass Wayne ziemlich verblüfft zum Heck des Bootes schaute. Die Tatsache, dass ihr Verdacht, was die Fortpflanzung des Schalls auf dem Boot betraf, sich als korrekt erwiesen hatte, trug nicht unbedingt zur Verbesserung ihrer Laune bei.
Sie verbrachten eine friedliche Nacht in Upton und brachen am nächsten Morgen schon früh nach Worcester auf, damit die Fahrgäste sich die Kathedrale und die Porzellanfabrik dort ansehen konnten. Sie suchten sich eine Anlegestelle am Fluss, die Passagiere zogen von dannen, und Julia und Suzy konnten auf diese Weise die notwendigen Arbeiten verrichten. Diglis Basin würde so überfüllt sein, dass sie nur mit Mühe einen Platz dort finden konnten, und sie beschlossen, dorthin zu fahren, wenn die Passagiere dieser Woche bereits abgereist und die nächsten noch nicht angekommen waren.
Ihr letztes gemeinsames Abendessen war ebenso festlich wie traurig. Julia und Suzy hatten das Gefühl, sich von ihren liebsten Freunden verabschieden zu müssen, und es missfiel ihnen sehr, dass vollkommen fremde Leute ihre Plätze einnehmen sollten. »Ich kann es einfach nicht fassen, dass das Ihre erste Woche auf den Booten war«, meinte Florence. »Sie haben sich so gut geschlagen! Und Fergus natürlich auch.«
»Ja.« Die Augen der beiden Englischlehrerinnen verklärten sich ein wenig bei dem Gedanken an Fergus.
Julia und Suzy waren im Stillen ebenfalls stolz darauf, dass sie alles so gut über die Bühne gebracht hatten. Aber sie wussten, dass der Fluss ein Kinderspiel gewesen war im Vergleich zu dem, womit sie in der nächsten Woche fertig werden mussten. Allein schon vom Fluss in das Kanalbecken zu gelangen, stellte eine beträchtliche Herausforderung dar.
Am nächsten Morgen verabschiedeten sich die Passagiere mit Küsschen auf die Wangen von Julia und Suzy und versprachen, sie bei ihren Freunden zu empfehlen und auch selbst wiederzukommen. Etwas weniger überschwänglich verabschiedeten sie sich dann von Wayne, stiegen in die wartenden Taxen und fuhren davon.
Julia kämpfte mit den Tränen. »Sie waren so nett. Glaubst du, dass wir jemals wieder so eine Truppe zusammenbekommen?«
Auch Suzys Stimme klang ein wenig erstickt. »Weißt du noch, was Ralph gesagt hat? Am Ende mag man immer alle gut leiden.«
»Sie haben mir ein Trinkgeld gegeben«, meldete Wayne sich zu Wort. »Sollen wir es teilen?«
»O nein, behalte das Geld«, antwortete Suzy. »Es sei denn, Julia ...«
»O nein«, erklärte Julia, als hätte sie derartige Almosen nicht nötig. »Du hast es dir redlich verdient.«
Nachdem diese Kleinigkeit geregelt war, schlug Suzy einen geschäftsmäßigeren Ton an. »Na schön, nehmen wir uns die Kabinen vor. Komm, Wayne, ich zeige
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