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Wellentraum

Wellentraum

Titel: Wellentraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Kantra
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Körper gesichert werden musste, wollte er sie doch umarmen, wärmen und sich irgendwie um sie kümmern.
    Sie hatte sich nicht an ihn geklammert oder geweint. Aber als Donna Tomah seine Anwesenheit im Untersuchungsraum für unnötig erklärt hatte, hatte Maggie kategorisch gesagt: »Er bleibt bei mir.«
    Caleb drängte sich nun also in die Ecke am Kopfende des Untersuchungstisches, während die Ärztin am Fußende saß. Trotz seines schmerzenden Beins setzte er sich nicht. Er konnte jetzt nicht sitzen. Im Jeep hatte er die große Beruhigungsshow abgezogen, aber tief in seinem Innern wurde er von dem Bedürfnis geschüttelt, etwas zu unternehmen, von Mitleid und Bewunderung und kaltem Zorn.
    Bewegungslos verfolgte er, wie Maggie kleine Kästchen auf einem Formular ankreuzte und das Klemmbrett an die Ärztin zurückgab.
    Donnas rundes, faltenfreies Gesicht unter dem graumelierten Haar verzog sich zu einem Stirnrunzeln. »Sie haben viele Fragen nicht beantwortet.«
    Maggies Hände zupften an dem Papier über ihrem Schoß. »Ich wusste nicht, was ich schreiben sollte.«
    Donna schürzte die Lippen. »Nachname? Alter? Adresse?«
    Bedächtig ließ Maggie das Papier los und hielt sich den Eisbeutel wieder an die Stirn. »Ich kann mich nicht erinnern.«
    Caleb regte sich in seiner Ecke.
    »Haben Sie das Bewusstsein verloren?«, fragte Donna Maggie.
    Caleb antwortete für sie. »Ja.«
    »Für wie lange?«
    Maggie zögerte.
    »Sie war schon weg, als ich ankam. Sagen wir: mindestens fünf Minuten.«
    »Wurde Ihnen diese Verletzung vorsätzlich von einer anderen Person beigebracht?«
    Maggie sah zu Caleb.
    »Du bist hier in Sicherheit«, sagte er sanft. »Du musst ihn nicht schützen.«
    Sie presste ihre vollen Lippen aufeinander. »Ich schütze niemanden.«
    »Also – vorsätzliche Verletzung?«, hakte die Ärztin nach.
    »Ich … denke schon.«
    »Jemand stand über ihr, als ich hinkam«, gab Caleb bereitwillig Auskunft. »Er könnte sie mit einem Stock geschlagen haben. Es war eine Menge Feuerholz am Strand.«
    »Ist es so passiert?«, wollte Donna wissen.
    Maggie zuckte die Achseln. Der Papierkittel rutschte über ihre Schultern.
    »Erinnerst du dich daran, wie du an den Strand gekommen bist?«, fragte Caleb.
    Ein kurzes Zögern. Opfer waren oft unzuverlässige Zeugen, zu beflissen, das Richtige auszusagen, oder voller Angst, unter Druck gesetzt zu werden. Sie konnte sich unsicher sein oder unter Schock stehen oder Schwierigkeiten mit der Sprache haben. Sie konnte durcheinander sein.
    Oder lügen.
    »Nicht so richtig«, entgegnete sie.
    »Hast du jemanden gesehen, als du dort ankamst?«, hakte er nach.
    »Ich … Nein.«
    »Sag mir, was du gesehen hast.«
    »Das Feuer.«
    »Was noch?«
    Sie schüttelte den Kopf, als Verneinung oder aus Frust. »Ich erinnere mich nicht.«
    Donnas Blick suchte den seinen. »Schädeltrauma«, murmelte sie. »Das wäre möglich.«
    »Retrograde Amnesie? Sind dabei nicht normalerweise nur die jüngsten Erinnerungen beeinträchtigt? Vor und nach dem Ereignis?«
    »Warum lässt du mich nicht die Untersuchung beenden, bevor du eine Diagnose stellst?« Die Ärztin warf einen Blick auf das Klemmbrett auf ihrem Schoß. »Nehmen Sie Medikamente? Verschreibungspflichtige oder frei erhältliche?«
    »Nein, nichts.«
    »Was ist mit der Pille?«
    »Auch nicht«, sagte Maggie.
    Eine Erinnerung explodierte in Calebs Gehirn.
    »Trotzdem könntest du schwanger werden«,
hatte er zu bedenken gegeben.
    »Nein«,
hatte sie widersprochen und ihn in den Mund genommen.
    »Ich kann Ihnen etwas geben«, meinte Donna. »Wenn wir herausfinden, dass eine Schwangerschaft vorliegen könnte.«
    Er kehrte schlagartig in die Gegenwart zurück.
    »Das werden wir aber nicht«, erwiderte Maggie.
    Die Ärztin räusperte sich. »In etwa fünf Prozent der Vergewaltigungen …«
    »Ich wurde nicht vergewaltigt.«
    Calebs Instinkte nahmen ihre Arbeit wieder auf. »Du hast doch gesagt, dass du dich nicht erinnern kannst.«
    »Ich brauche mich nicht zu erinnern«, sagte sie nachdrücklich. »Ich würde es wissen.«
    Er wollte ihr gern glauben.
    Seiner Erfahrung nach gab es Grund genug, um Zweifel zu hegen. Sie war nackt und bewusstlos gewesen, als er sie gefunden hatte. Alles hätte ihr zugestoßen sein können. Sein Magen drehte sich um. Alles.
    Vielleicht erinnerte sie sich nicht daran. Vielleicht wollte sie es auch nicht wahrhaben.
    »Es ist leicht, das nachzuprüfen«, meinte er.
    Ein Flackern tauchte in diesen dunklen, tiefen

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