Wellentraum
ihr?«
Die Ärztin runzelte die Stirn. »Wir sind nicht für ein CT ausgerüstet, aber ich sollte sie röntgen. Natürlich muss sie genäht werden. Ich muss ihr Blut für die Tests auf Geschlechtskrankheiten abnehmen und noch einige Proben für das Vergewaltigungsset.«
Maggie fauchte: »Ich bin aber nicht vergewaltigt worden.«
Die bloße Möglichkeit erschütterte Caleb.
Er rief sich in Erinnerung, dass sie noch immer unter Schock stehen könnte. Oder es vielleicht nicht wahrhaben wollte. Aber angesichts ihrer grimmigen Bestimmtheit erlaubte er sich selbst, daran zu zweifeln. Zu hoffen. Wenn sie nicht vergewaltigt worden war …
»Was ist mit ihren äußeren Verletzungen?«, fragte er Donna.
»Abgesehen von der Kopfwunde?« Donna schürzte die Lippen. »Diese Abschürfungen an den Handgelenken passen natürlich zu einem Kampf.«
Caleb zuckte zusammen. Was auch immer sie wissen musste, um zu helfen, ermahnte er sich.
»Ich musste sie ruhigstellen«, sagte er.
Der Blick der Ärztin wurde merklich kühler. »Deshalb hast du ihr diese Hämatome beigebracht?«
»Ich habe ihn ja auch gebissen«, verteidigte ihn Maggie.
Die Temperatur im Raum sank um weitere fünf Grad.
»Ich glaube wirklich, es wäre das Beste, ich würde allein mit Miss – mit Maggie sprechen«, sagte Donna.
»Warum?«, wollte Maggie wissen.
»Die Ärztin will sichergehen, dass ich nicht derjenige war, der dich geschlagen hat«, erläuterte Caleb in bewusst neutralem Ton.
»Das ist doch albern«, meinte Maggie.
»Nein.« Caleb sprach langsam, während sein Blick dem der Ärztin standhielt. »Es ergibt sehr wohl einen Sinn. Wir haben eine sexuelle Beziehung zugegeben. Ich bringe dich hierher, verletzt, verstört, ohne Erinnerung an den Angreifer. Nach ihrem bisherigen Kenntnisstand habe ich dich vergewaltigt.«
»Dann kennt sie dich nicht«, entgegnete Maggie.
Ihre inbrünstige Überzeugung füllte ein Loch in Calebs Brust, von dessen Existenz er gar nicht gewusst hatte. Vielleicht hatte er jenen Moment der Verbundenheit vor drei Wochen vergessen.
Er biss die Zähne zusammen. Es durfte nicht sein, dass er eine Rolle spielte. Er musste seinen Job machen. Sie mussten beide ihren Job machen.
»Sie versucht nur, dich zu schützen«, sagte er zu Maggie.
Donna taute leicht auf. »Wenn du mich fragst, sehe ich keine Hämatome oder Wunden, die auf eine Vergewaltigung hindeuten. Natürlich könnte uns eine innere Untersuchung mehr sagen.«
»Aber du glaubst es nicht«, riet Caleb.
Die Ärztin zuckte mit den Schultern. »Es ist nicht ausschlaggebend, was ich glaube. Wir wissen beide, dass Vermutungen vor Gericht keinen Bestand haben.«
Maggie verschränkte die Arme vor der Brust. »Was ist mit dem, was ich glaube? Oder darf das auch keine Rolle spielen?«
Caleb und Donna wechselten Blicke über ihren Kopf hinweg.
»Sie hat das Recht, ihre Zustimmung zu widerrufen«, sagte die Ärztin.
Verdammt, das wusste er.
Das bedeutete nicht, dass er sie nicht einschüchtern konnte. Überzeugen. Er hatte genug Erfahrung als Polizist und Mann, um eine unwillige Frau zu überzeugen. Aber das jetzt zu tun, da Donna ihre Zweifel hatte und Maggie eine solch heftige Gewissheit an den Tag legte, wäre selbst schon eine Art Vergewaltigung gewesen, ein Übergriff auf ihren Körper und sie selbst.
Und überhaupt wofür? Was versuchte er zu beweisen? Dass er, obwohl er den Burschen hatte entwischen lassen, ihr trotzdem irgendwie helfen konnte?
Frust wühlte in seinen Eingeweiden.
»Versiegle das Rape Kit und tu, was du tun musst. Was medizinisch nötig ist«, schob er nach, unsicher, ob seine Entscheidung ihn zu einem guten Kerl oder einfach einem schlechten Cop machte. »Gibt es ein Schloss an deinem Kühlschrank?«
Die Ärztin nickte.
»Gut. Ich hole das Kit morgen früh ab. Ich will nicht, dass die Beweiskette in Frage gestellt wird.« Wenn es überhaupt Beweise gab, was er zu bezweifeln begann.
»Fotos?«, fragte Donna.
»Die mache ich, bevor du sie nähst.«
Donna spitzte die Lippen. »Ist das in Ordnung für Sie?«, fragte sie Maggie.
Sie hielt still wie ein Reh im Wald, erstarrt im Augenblick des Absprungs. »Was, wenn ich nein sage?«
Ruhig Blut, dachte Caleb. Sie war schon genug herumgeschubst und unter Druck gesetzt worden.
Er zuckte mit den Schultern. »Dann würde ich die Fotos nicht machen, und du hättest eine wirklich interessante Narbe auf der Stirn.«
»Narben sind ein Zeichen der Stärke. Dass man überlebt hat.«
Das meinte
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