Wellenzauber
fügte Florian hinzu, woraufhin Kerstin beschloss, dass sie ihm das eine oder andere harmlose Laster auch lassen konnte.
»Was hältst du davon, wenn wir uns diese Lorella Ward mal näher ansehen?«, fragte er.
»Davon halte ich ausgesprochen viel«, sagte Kerstin. »Ich weiß, wo die Praxis ist, und ich weiß von Martha, wo sie wohnt. Wir schauen uns einfach mal ein wenig um.«
»Und um nicht aufzufallen, tun wir so, als seien wir ein verliebtes Touristenpärchen«, schlug Florian vor.
Kerstin boxte ihn spielerisch in die Rippen. »Was soll das denn heißen? Nur so tun?«
Der nächste Kuss dauerte ziemlich lange, und sie mussten sich beide zwingen, an die vor ihnen liegende Aufgabe zu denken.
Kurz bevor sie das Zimmer verließen, hatte Kerstin noch eine Idee.
»Warte mal«, sagte sie, lief zu einem Beistelltischchen und schnappte sich ihre handliche Digitalkamera, mit der sie bisher noch keinen einzigen Promi eingefangen hatte. »Vielleicht ist das Ding ja zu etwas nütze.«
Eine gute Stunde zuvor hatte Sina nachdenklich auf ihrem Liegestuhl am Strand gelegen und die Augen im grellenSonnenlicht geschlossen. Es war bald Mittag und Zeit, zur Villa Margherita zurückzugehen. Aber sie scheute davor zurück, sich Kerstins junges Glück anzuschauen, und so blieb sie, wo sie war, obwohl die Hitze immer mehr zunahm. Gerade als sie beschlossen hatte, noch einmal ins Wasser zu gehen, hörte sie das Motorengeräusch. Sina setzte sich auf und sah, wie ein kleines Beiboot mit hoher Geschwindigkeit aufs Land zuraste. Es musste zu der Luxusyacht gehören, die in einiger Entfernung ankerte und die Sina schon bewundert hatte, als sie zum ersten Mal an diesem Vormittag bis zum Felsen geschwommen war. Sie kannte sich auf dem Gebiet nicht so aus, hatte nur mal irgendwo gelesen, dass sich die Reichen dieser Welt immer größere Yachten bauen ließen, nach dem Motto: Wer hat die Längste? Diese hier wirkte nicht so riesig und protzig, war vielleicht zwanzig Meter lang und weckte in Sina sowieso keine Neidgefühle. Reichtum hatte sie im Leben noch nie interessiert. Sie holte lieber Babys auf die Welt und war mit ihrem Auskommen zufrieden. Meistens jedenfalls.
Das Boot erreichte den Strand, zwei Männer sprangen heraus und kamen auf Sina zugelaufen.
Plötzlich stieg heiße Angst in ihr auf, und sie dachte an all die Entführungsgeschichten, die es auf Sardinien schon gegeben hatte. Dann schalt sie sich selbst einen Dummkopf. Sie war weder reich noch berühmt. Da hatten Banditen kein Lösegeld zu erwarten.
Hauptsache, die beiden Männer wussten das auch.
Zur selben Zeit sah Federico Bergmann in seiner Praxis Lorella an und schüttelte zweifelnd den Kopf. »Du willst schon wieder mit zu einem Hausbesuch kommen? Warum denn nur?«
Seine Assistentin griff schon nach ihrer Handtasche. »Hab ich dir doch gesagt. Ich will was lernen.«
Auf einmal hatte er das deutliche Gefühl, dass sie nur ein Spielchen mit ihm spielte. Er setzte sich auf die Kante seines Schreibtisches und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Jetzt mal Schluss mit dem Theater. Seit einer Woche weichst du mir nicht mehr von der Seite. Ich kann ja schon froh sein, dass ich irgendwann spätabends allein in meinem Bett schlafen darf. Scusa. Entschuldige, das war nicht so gemeint«, fügte er schnell hinzu, als er ihren Gesichtsausdruck bemerkte. »Ich wollte dich nicht verletzen.«
Tränen sammelten sich in Lorellas Augen, und Federico verfluchte sich selbst. Er hatte die Sache völlig falsch angepackt. Eine Weile wartete er ab, dann unternahm er einen neuen Versuch: »Bisher hast du immer behauptet, die Medizin sei nichts für dich. Erstens kannst du kein Blut sehen, und zweitens hast du nicht die Geduld, ein langes Studium durchzuziehen. Das waren so ungefähr deine Worte.«
In Lorellas Blick trat ein trotziger Ausdruck. »Na und? Der Mensch kann sich ändern, oder nicht? Vielleicht ist mir ja klargeworden, dass ich mir eine eigene Zukunft aufbauen muss, da aus uns ja nichts mehr wird.«
Verdammt! dachte Federico. Sie schaffte es immer noch, ihm ein schlechtes Gewissen einzureden.
»Und deshalb willst du jetzt zu jedem Hausbesuch mitkommen?«
»Genau. So kann ich mich schon mal auf mein Studium vorbereiten.«
»Aber du weißt doch, dass du bei den Untersuchungen gar nicht dabei sein darfst.«
»Oh, das macht nichts.« Jetzt strahlte sie wieder. »Duerzählst mir immer gleich alles, und so komme ich ein ganzes Stück voran.«
Federico schüttelte den Kopf,
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