Wellenzauber
ansehen, wie wenig sie noch an ein glückliches Ende für Sina und Federico glaubte.
Im nächsten Moment widmete sie sich ganz ihrem Freund, und Martha spürte einen Stich im Herzen. Ganz so, wie Florian Weiß jetzt Kerstin anschaute, hatte einst auch ihr Nino sie angeschaut. Voller Liebe und mit einem Versprechen für die Zukunft.
Mit einem Seufzen wandte sich Martha ab und machte sich auf den Weg zum Strand hinunter.
Jetzt zur Mittagszeit waren die Liegestühle leer. Die Gäste aus dem Norden mieden die heiße Sonne und würden erst später zurückkehren. Hier und da entdeckte Martha ein paar Handtücher, und sie fragte sich, ob eines davon Sina gehörte. Dann kniff sie Augen zusammen und suchte angestrengt die spiegelglatte Wasseroberfläche ab. Nirgends konnte sie eine Schwimmerin entdecken. Auch der große Kalksteinfelsen in etwa fünfzig Metern Entfernung wirkte, abgesehen von einer Möwenkolonie, verlassen. Weiter draußen ankerte eine blendend weiße Motoryacht, doch sie wirkte wie ausgestorben. Zumindest war kein Mensch an Deck zu erkennen.
Martha musste an Kerstins Bemerkung über den Meeresgott denken und schauderte plötzlich. Lange stand sie am Ufer und wartete.
Sina tauchte nicht auf.
Endlich wandte sich Martha ab und ging fort.
12. Kapitel
»Komm mit«, sagte Kerstin und zog Florian von der Bank hoch.
»Wohin denn?«
»Ins Zimmer.«
Seine Augen leuchteten auf, aber Kerstin schüttelte schnell den Kopf. »Nicht, was du denkst. Dafür haben wir noch Zeit genug.« Sie bemerkte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg, und lächelte glücklich. Ein Mann, der noch verlegen werden konnte. Wer hätte das von dem allgemeinen Frauenschwarm gedacht?
»Wir müssen nachdenken«, erklärte sie ihm. »Über Sina. Und dafür brauchen wir Ruhe.«
»Okay«, erwiderte er nur und folgte ihr. Dafür war sie ihm dankbar. Florian bombardierte sie nicht mit neugierigen Fragen, sondern wartete geduldig ab, bis sie so weit war, dass sie ihm die ganze Geschichte erzählen wollte. Was auch daran liegen mochte, dass er sich im Moment für nichts anderes als für Kerstin interessierte. Dieser Gedanke war so ungeheuerlich, dass sie am liebsten laut singend und tanzend im Garten herumgehüpft wäre. Einzig die Sorge um Sina hielt sie davon ab.
Eine halbe Stunde später hatte sie Florian in groben Zügen über alles in Kenntnis gesetzt. Zunächst hatte sie gezögert, schließlich ging es hier um Sinas persönliches Schicksal. Aber dann hatte sie einfach beschlossen, dass in dieserverfahrenen Situation jeder Komplize auf ihrer Seite hilfreich sein konnte. Zuletzt schilderte sie noch die vergeblichen Versuche, Sina mit Federico zusammenzubringen.
Florian schwieg lange, als sie geendet hatte. Er legte nachdenklich einen Finger an die Nase und schaute über die offene Balkontür hinaus aufs Meer. Endlich sagte er: »Martha, du und Sina, ihr habt einen entscheidenden Fehler gemacht.«
»So? Und welchen?« Kerstin musste ihren Stolz hinunterschlucken und durfte nicht zeigen, dass sie beleidigt war. Ihrer Meinung nach war sie nämlich eine ziemlich gute Freundin und unterstützte Sina, wo sie konnte.
»So habe ich es nicht gemeint«, sagte Florian zärtlich und strich ihr sanft über die Wange. Diesmal war es an Kerstin, rot zu werden. Sie hätte nicht gedacht, dass ihre Gefühle so deutlich im Gesicht abzulesen waren.
Sie küsste seine Fingerspitzen. »Schon gut.«
»Ich finde es nur seltsam«, fuhr er fort, »dass eine einzelne Person euch drei so einfach an der Nase herumführen kann.«
Plötzlich ahnte Kerstin, worauf er hinauswollte. »Du meinst, Martha und ich sollen nicht nur auf Sina einreden, sondern …«
»Aktiv werden«, beendete Florian den Gedanken für sie.
»Einmal habe ich Sina zum Hafen begleitet«, führte Kerstin zu ihrer Verteidigung an. »Aber das hat nichts gebracht.«
Florian nickte. »Du hast es gut gemeint. Ich denke nur, da geht noch mehr. Ihr seid zu dritt, diese Lorella ist nur eine Person. Da müsste es euch doch gelingen, einen Weg zu finden.«
Kerstin küsste Florian lange und ausgiebig. »Du bist genial«, sagte sie dann.
Er lachte. »Dazu gehört nicht viel. Nur ein bisschen Erfahrung in Kriegstaktik.«
»Was?«
»Wenn ich Bereitschaft habe, vertreibe ich mir manchmal die Zeit mit Kriegsspielen am PC.«
»Interessant«, erwiderte Kerstin und merkte sich die Sache für später, wenn es an der Zeit sein würde, ihm ein paar Laster abzugewöhnen.
»Und jetzt sind wir sogar zu viert«,
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