Wellenzauber
ziemlich alles schiefgegangen, was schiefgehen konnte.«
»Sina wäre fast gestorben«, fügte Kerstin hinzu.
Als Sina Marthas Gesichtsausdruck bemerkte, sagte sie schnell: »Dafür kann Martha nichts.«
»Danke«, sagte die ältere Hebamme. »Ich hätte es mir trotzdem nie verziehen, wenn dir etwas passiert wäre.«
»Ist es ja nicht.«
Sina war froh, als Florian von etwas anderem sprach. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Professor Haber besonders glücklich darüber sein wird, eine so gute Kraft wie Sina zu verlieren.«
»Der beißt sich vor Ärger sonst wohin«, gab Martha zu. »Zumal er womöglich vorhatte, während seines Urlaubs hier Federico Bergmann zurück an die Klinik zu holen.«
»Schau an«, sagte Kerstin zu Sina. »Da wärst du deinem Gespenst früher oder später sowieso begegnet.«
Florian richtete sich auf seinem Stuhl auf. »Ich denke, der Chef wird schon damit zurechtkommen. Immerhin behält er zwei hervorragende Kräfte an seiner Klinik. Mich und Kerstin. Oder hast du andere Pläne, Schätzchen?«
»Nee«, erwiderte sie glücklich. »Eins seiner beiden ausgeflogenen fleißigen Bienchen wird brav in den Bienenstock zurückkehren.«
Eine Weile schwieg die kleine Gruppe, dann sagte Martha: »Federico und Sina sind füreinander geschaffen.«
»Hast du etwa das zweite Gesicht?«, erkundigte sich Kerstin.
Auch Florian schien seine Zweifel zu haben, gleichzeitig bemerkte Sina ein Aufleuchten in seinen Augen. Klar, dachte sie, er hat die Frau schon gefunden, die für ihn geschaffen ist. Aber dann schaute sie genauer hin, und es schien ihr, als sei da noch mehr. Ein Geheimnis? Sein sonst so träumerischer Blick war auf einmal vollkommen klar.
»Das zweite Gesicht?«, sagte Martha gerade. »Das brauche ich nicht. Mir reicht völlig mein gesunder Menschenverstand. Und Lorella wird auch bald keine Probleme mehr machen.«
»Wie das?«, fragte Sina.
»Ach, wisst ihr. In Wahrheit geht es ihr nur noch um ihr Ego, nicht um Liebe. Sie hat nämlich einen neuen Verehrer, einen englischen Geschäftsmann.«
Sina runzelte die Stirn. »Das glaube ich nicht. Sie weicht Federico nie von der Seite, sogar auf der Yacht war sie mit dabei.«
Schaudernd erinnerte sie sich an den Moment, als sie in Panik von Bord gesprungen war.
»Kannst du aber glauben«, sagte Kerstin und erntete sowohl von Sina als auch von Martha einen verblüfftenBlick. Jetzt wirkte auch Kerstin irgendwie geheimnisvoll, fand Sina.
Die Freundin griff in ihrer Handtasche, holte einen Umschlag heraus und breitete einige Fotos auf dem runden Tisch aus. Zwei Bilder zeigten einen Mann, wie er auf einen schwarzen Alfa Romeo zuging und einstieg, zwei andere – Sina stockte der Atem – zeigten denselben Mann Arm in Arm mit Lorella Ward.
»Wo hast du die her?«, fragte sie heiser.
Kerstin grinste breit. »Florian hat gemeint, wir vier müssten unsere Kräfte zusammenlegen, und da sind wir zwei ein paar Mal losgezogen und haben ein bisschen Detektiv gespielt. War viel spannender, als Promis zu jagen.«
»Großartig«, meinte Martha anerkennend. »Noch Zweifel, Sina?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Gut. Obwohl Lorella nun einen neuen Freund hat, kann sie es offenbar nicht ertragen, dass Federico sein Glück findet. Aber da werden Kerstin, Florian und ich heute ein wenig nachhelfen.«
»Super«, meinte Kerstin. »Und wie?«
»Ganz einfach, wir fangen sie ab. In zehn Minuten kommt sie hier vorbei. Ihre Mutter wohnt ganz in der Nähe. Wir passen auf, dass sie nicht so schnell zurückgeht. Kerstin, kannst du eine Frühgeburt vortäuschen?«
»Ähm, klar.«
»Und, Florian – wärst du im Notfall bereit, Gewalt anzuwenden?«
»Selbstverständlich nicht.«
»Hab ich befürchtet«, sagte Martha seufzend. »Nun, es wird auch so gehen.«
Dann sah sie Sina an. »Das ist deine Chance, Kleines. Duversteckst dich hinter der Bar, bis Lorella vorbeigegangen ist und ich dir ein Zeichen gebe. Dann läufst du zur Praxis.«
Das Wartezimmer war leer, die Tür zum Behandlungsraum stand halb offen. Ihr Herz raste, als Sina vorsichtig hineinging. Kein Federico. Auch nicht in dem angrenzenden Büro. Sie ging weiter und sah zuerst seinen Rücken, den sie so breit und stark in Erinnerung hatte und der heute viel schmaler wirkte. Federico stand am Fenster eines Nebenzimmers und sah hinaus aufs Meer.
»Federico«, flüsterte sie. Keine Reaktion.
»Federico.« Diesmal lauter. Sie fühlte sich einer Ohnmacht nahe, und sie wusste, sie würde sterben, hier und
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